Das Turbo-Wachstum des chinesischen Automarkts bringt deutsche Hersteller an den Rand ihrer Kapazitäten. Um keine Marktanteile zu verlieren, müssen sie Fabriken ausbauen - oder gleich ganz neue Werke aus dem Boden stampfen. Auf der internationalen Automesse in Shanghai, die am Sonntag die Pforten für Hunderttausende Besucher öffnete, berichteten die deutschen Autobauer, auch ihre Händlernetze massiv ausbauen zu müssen. Luxushersteller wie Audi oder BMW machen in China schon jede Woche einen neuen Händler auf.
Lieferengpässe bremsen bei BMW sogar das Wachstum. Bei den begehrten Geländelimousinen der X-Klasse herrscht Knappheit: "Ich bin sicher, wenn wir mehr X-Modelle hätten, könnten wir auch mehr Kunden finden", sagte Vertriebschef Ian Robertson. Die Münchner wollen ihre Produktionskapazität mittelfristig von 200.000 auf 300.000 Autos pro Jahr steigern. 2012 setzte der Konzern 326.000 Wagen in China ab, ein Plus von 40 Prozent. In diesem Jahr soll sich das Wachstum im Oberklassemarkt in China aber auf zehn bis 15 Prozent abkühlen.
Konkurrent Audi ist schon einen Schritt weiter: Unternehmenschef Rupert Stadler sieht in zwei bis drei Jahren sogar die Zeit für ein neues Werk gekommen. Insgesamt sieben Werke will der Mutterkonzern Volkswagen bis 2018 im Riesenreich bauen. Die Kapazität soll um drei Viertel auf vier Millionen Autos im Jahr steigen. 25.000 neue Stellen will VW dabei schaffen. Die Wolfsburger sind für den Löwenanteil der deutschen Produktion von 2,9 Millionen Autos in China verantwortlich.
Jedes fünfte Auto ist ein deutsches
Deutschlands Autoindustrie profitiert besonders stark vom Wachstum in China. Jedes fünfte Auto, das in China verkauft wird, zählt zu einer deutschen Konzernmarke, berichtete der deutsche Branchenverband VDA. Seit 2005 haben deutsche Pkw-Hersteller ihren Absatz in China versiebenfacht. Die Kapazität der drei Premiumhersteller BMW, Audi und Mercedes in China dürfte sich bis 2020 auf rund 1,15 Millionen Stück verdoppeln, schätzen die Unternehmensberater von PwC.
Mindestens 16 Modellreihen dürften sie dann im Reich der Mitte fertigen. So wollen die Unternehmen die Wartezeiten durch den langen Importweg umgehen. "Sie vermeiden außerdem Wechselkursrisiken, Logistikkosten und Zölle für den Import nach China", sagte Felix Kuhnert, Leiter des Bereichs Automotive bei PwC in Deutschland und Europa. "Diese Kosten können im immer härter umkämpften chinesischen Markt zum schmerzhaften Wettbewerbsnachteil werden."