Der weltgrößte Autobauer Volkswagen muss wegen der Coronavirus-Pandemie deutliche Einbußen hinnehmen und traut sich derzeit keine Jahresprognose mehr zu. Weil der Autohandel und die Produktion auch in Europa und Nordamerika seit mehreren Wochen brachliegen, kamen zudem Umsatz und Ergebnis in den ersten drei Jahresmonaten deutlich unter Druck, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Wolfsburg mitteilte. Das Unternehmen habe bereits zahlreiche Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Kosten zu senken. Auch die Kassenlage steht verschärft im Fokus der Manager. Am Dividendenvorschlag machte VW aber zunächst keine Abstriche.
Die im Dax notierte VW-Vorzugsaktie setzte am Donnerstag ihre jüngste Erholung nach dem Corona-Crash-Tief von etwas unter 80 Euro Mitte März fort - inzwischen kostet das Papier wieder 120 Euro. Dennoch gehört es mit einem Abschlag von fast 30 Prozent bisher zu den größten Verlierern unter den deutschen Standardwerten der Corona-Krise.
Weil die deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler und BMW für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit in Anspruch nehmen, hatte es in den vergangenen Tagen Kritik daran gegeben, dass sie weiter an ihren Plänen zur Zahlung der Dividende an die Aktionäre festhalten wollen. VW will an Vorzugsaktionäre 6,56 Euro je Papier ausschütten, 1,70 Euro mehr als ein Jahr zuvor. Auch die Stammaktionäre - vorwiegend die Familienholding Porsche SE sowie das Land Niedersachsen und der Staatsfonds aus Katar - sollen mit 6,50 Euro einen entsprechenden Aufschlag erhalten.
Im ersten Quartal ging der Umsatz nach vorläufigen Zahlen von 60 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf 55 Milliarden Euro zurück. Das operative Ergebnis sackte auf rund 900 Millionen Euro ab. Vor einem Jahr hatte es noch bei 3,9 Milliarden Euro gelegen. Turbulenzen auf den Rohstoff- und Kapitalmärkten sorgten unter anderem wegen negativer Währungseinflüsse für Belastungen von rund 1,3 Milliarden Euro.
"Es ist im Moment nicht absehbar, wann eine neue Prognose für das aktuelle Geschäftsjahr möglich ist", hieß es vom Konzern nun. Die durch die Pandemie hervorgerufenen Auswirkungen auf die Kundennachfrage, Lieferketten und die Produktion seien aktuell nicht verlässlich einschätzbar. Ende Februar hatte VW einen Umsatzanstieg von bis zu vier Prozent für dieses Jahr in Aussicht gestellt, vom Umsatz sollten zwischen 6,5 Prozent und 7,5 Prozent operatives Ergebnis hängen bleiben. Im ersten Quartal waren es aber nur 1,6 Prozent.
Der Konzern habe bereits zahlreiche Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Kosten zu senken. Daneben habe die Sicherung der Liquidität höchste Priorität, die im Automobilbereich zuletzt bei 17,8 Milliarden Euro lag. Ende 2019 waren es noch 21,3 Milliarden Euro gewesen. In den ersten drei Monaten flossen 2,5 Milliarden Euro aus dem laufenden Geschäft ab. Hauptursachen waren neben dem schwächeren operativen Ergebnis auch erhöhte Vorräte.
Entwicklung in China soll Hoffnung machen
Derzeit will der Konzern auch in Europa und Nordamerika die Produktion mit besseren Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter wieder stufenweise hochfahren. Noch im April sollen die Werke in Zwickau, Wolfsburg, Emden und Hannover wieder anfahren. VW setzt dabei darauf, dass sich die Verhältnisse ähnlich schnell normalisieren könnten wie in China, wo die Pandemie ausgebrochen war.
"Die Entwicklung in China zeigt, dass eine Rückkehr zur Normalität und eine wirtschaftliche Erholung im weiteren Jahresverlauf möglich" erscheinen, hieß es vom Konzern. Derzeit produziere VW mit seinen Gemeinschaftsunternehmen im Land bereits wieder 70 bis 80 Prozent der Autos, die vor der Krise gefertigt wurden, sagte VW-China-Chef Stephan Wöllenstein der "Wirtschaftswoche".
Die Situation bei VW hat auch Auswirkungen auf die Dachgesellschaft Porsche SE. Über die Holding kontrolliert die Eigentümerfamilie Porsche-Piech den Konzern mit ihrer Stimmenmehrheit. Da die Porsche SE vor allem von den Gewinnen und Dividenden von Volkswagen lebt, dürfte der eigentlich angepeilte Nettogewinn auch nicht erreicht werden. Die Porsche SE nahm ihren Ausblick ebenfalls zurück. (dpa)