Der Boom-Markt China wird nach Einschätzung der deutschen Autoindustrie im laufenden Jahr noch stärker zulegen als zunächst angenommen – dafür dürfte es in den USA schwierig bleiben. Für 2016 hob der Branchenverband VDA am Mittwoch seine ursprüngliche Prognose von plus acht Prozent auf ein erwartetes Gesamtwachstum von nun zehn Prozent in der Volksrepublik an. "Insbesondere die reduzierte Mehrwertsteuer für kleinmotorige Pkw, aber auch die relativ schwachen Vorjahresmonate sorgen derzeit für hohe Wachstumsraten", sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann in Berlin. Chinesische Kunden greifen derzeit vor allem bei deutschen Oberklasse-Fahrzeugen zu.
Etwas düsterer sieht es in den Vereinigten Staaten aus. "Für das Jahr 2016 erwarten wir hier einen leichten Rückgang von zwei Prozent", meinte Wissmann. Besonders VW kämpft in der größten Volkswirtschaft mit den Folgen der Dieselkrise. Für Westeuropa rechnet der VDA mit einem Wachstum vonn fünf Prozent, global soll es um drei Prozent aufwärtsgehen.
Bisher haben die Chinesen 2016 schon über eine Million Autos von Audi, BMW und Mercedes gekauft. Im August war das Reich der Mitte der mit Abstand größte Wachstumsmotor für die deutsche Branche. Audi setzte in China sogar mehr Autos ab als in ganz Europa zusammen. Das größte Tempo legte auch im August aber Daimler vor: Die Schwaben verkauften weltweit 164.000 Autos der Marken Mercedes-Benz und Smart und legten so um gut zwölf Prozent zu. Die Münchner Konkurrenz verkaufte über 165.000 BMW und Minis und wuchs damit nur halb so schnell.
Auch 2017 mehr Autoverkäufe erwartet
Das staatlich angekurbelte Wachstum der Autoverkäufe in China geht nach einer Studie des Kreditversicherers Euler Hermes weiter, kommt aber vor allem den chinesischen Autobauern zugute. Die Steuersenkung für Einstiegs- und Mittelklassewagen habe den einheimischen Herstellern bereits geholfen, ihren Marktanteil auf 43 Prozent zu steigern, teilte die Allianz-Tochter mit.
Mit weiteren Subventionen dürfte der chinesische Automarkt nächstes Jahr um fünf Prozent wachsen. Das Wachstum komme vor allem aus dem Hinterland, wo einheimische Marken dominierten. In Ballungsräumen dagegen werde der Verkehr wegen der großen Luftverschmutzung zunehmend eingeschränkt. In Shanghai und Peking dürften neue Autos erst nach einer Verlosung gekauft werden - außer Elektroautos. Außerdem würden Elektroautos einheimischer Hersteller mit bis zu 15.000 Euro vom Staat gefördert.
Die deutschen Autobauer seien vor allem in den Ballungszentren und bei Mittel- und Oberklassefahrzeugen sehr gut positioniert. Trotzdem profitierten auch sie von dem Wachstum. Sorgen machten in China aber die langen Zahlungsfristen und die steigenden Insolvenzen, teilte der Kreditversicherer mit. Er erwarte dieses Jahr "20 Prozent mehr Pleiten, und die Zahlungsmoral hat sich in den letzten Jahren im ganzen Land erheblich verschlechtert".
In Großbritannien – dem zweitwichtigsten Exportmarkt der deutschen Autobauer – erwartet Euler Hermes in Folge des Brexit-Votums nächstes Jahr einen Rückgang des Fahrzeugabsatzes um neun Prozent. (dpa)