Als Tesla-Gründer Elon Musk Ende 2013 verkündete, er wolle "viel Geld" in Deutschland investieren, hat ihn wohl mancher belächelt. Das war kurz nach dem Start seiner Elektrolimousine Model S in Deutschland, Musk kündigte an, auf seine Kosten kurzfristig ein Schnellade-Netzwerk über Deutschland (und Europa) zu installieren, an dem Kunden seiner mindestens 75.800 Euro teuren Limousine kostenlos laden können. Ein PR-Gag? Heute, etwa anderthalb Jahre später, wird klar, was der US-Investor gemeint hat mit "viel Geld".
35 sogenannte Supercharger gibt es mittlerweile zwischen Flensburg und Garmisch, im Schnitt mit je fünf bis sechs Ladestationen. Sie liegen an Autobahnen und decken tatsächlich einen sehr großen Teil Deutschlands ab. 440 Kilometer Reichweite mit dem kleineren der beiden Akku-Ausführungen hat das Model S, in 20 Minuten an einem Supercharger ist es zur Hälfte aufgetankt. Mit dem Zeitaufwand einer Kaffeepause für das Stromtanken sollen die Model-S-Kunden so ihre Reichweitenangst verlieren. Viele Urlauber haben das offenbar längst: Laut Tesla werden etwa die Hälfte der Ladevorgänge an deutschen Säulen von ausländischen Kunden getätigt.
Nun aber zum Geld: 1,8 Gigawattstunden (GWh) Strom sind seit 2013 in Deutschland durch die Schnelllade-Stationen geflossen, so Tesla. Das ist etwa so viel wie ein durchschnittlicher Haushalt in 514 Jahren verbrauchen würde (3.500 kWh/Jahr, lt. Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft). Die Stromkosten übernimmt Tesla, die Kunden tanken kostenlos. Mit einem durchschnittlichen (Privatkunden)-Strompreis von 29 Cent/kWh wären das also theoretisch 522.000 Euro, die die Amerikaner im vergangenen Jahr ihren Kunden spendiert haben. Hinzu kommen rund 2,6 Millionen für die Errichtung der Supercharger in Deutschland, deren Kosten Tesla zwar nicht nennt, die aber mit etwa 75.000 Euro pro Station kolportiert werden.
150 Supercharger europaweit
Längst sind auch andere Länder Europas von Tesla elektrisiert, 150 Supercharger gibt es europaweit. Bis nach Südfrankreich, Großbritannien oder ins nördliche Norwegen zieht sich das Netzwerk – und mit ihm die Käufer: Aufgrund einer Steuererleichterung verdrängte das Model S beispielsweise in Norwegen zeitweise den VW Golf vom Thron der meistverkauften Autos des Monats.
Der Stromverbrauch an den Superchargern steigt mit der Zahl der installierten Systeme: Im März 2015 tankten die Europäer dort 1,5 GWh Strom, was (rein rechnerisch) acht Millionen elektrisch gefahrenen Kilometern entspricht. Oder eben – einen europäischen Strompreis von rund 20 Cent zugrunde gelegt – etwa 300.000 Euro Kosten für Elon Musk.
Ob die Rechnung für ihn aufgeht, wird sich wohl erst in weiteren Jahren beantworten lassen. Bisher erwirtschaftet Tesla noch keine Gewinne. Das soll nach der Vorstellung des Konzernchefs in den kommenden Jahren aufgrund weiterer Investitionen auch noch so bleiben. Möglicherweise noch dieses Jahr könnte das bereits länger angekündigte SUV Model X auf den Markt kommen, ein Volumenmodell ("Model 3") dürfte aber erst in zwei Jahren folgen. "Wir könnten jetzt Geld verdienen, wenn wir nicht investieren würden", sagte Musk Anfang des Jahres. Investiert wird weiterhin auch in Europa: Bis Ende 2015 will Tesla das Netzwerk bis auf die Spanische Halbinsel, nach Süditalien, Osteuropa sowie Finnland ausdehnen. (sp-x)
Jürgen Sangl