Schwache Nachfrage und Streit mit dem Betriebsrat: Der Autobauer Daimler hat die Mitarbeiter in seinem größten Pkw-Werk Sindelfingen in einem Brief über anstehende Produktionskürzungen informiert. "Fakt ist, dass sich die anstehende Modellpflege bei der E-Klasse und der Auslauf der S-Klasse auf die Nachfrage auswirken", heißt es in dem Schreiben von Werksleiter Willi Reiss, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Zeitweise wolle Daimler in Sindelfingen daher nur noch in einer Schicht arbeiten. Darüber werde derzeit aber noch mit dem Betriebsrat verhandelt.
Unternehmenskreisen zufolge soll der Einschichtbetrieb bis zum Anlauf der neuen S-Klasse 2013 laufen. Das wäre nach ersten Plänen ein Zeitraum von etwa einem halben Jahr. Daimler hatte am Dienstag bestätigt, die Produktion in Sindelfingen anzupassen, wollte aber zunächst keine Details nennen.
Konzern-Chef Dieter Zetsche hatte eingeräumt, dass der operative Gewinn der Autosparte 2012 unter dem Vorjahresniveau liegen werde und und ein Sparpaket angekündigt. Am Donnerstag sagte er auf dem Autosalon in Paris, dabei werde kein Teil des Unternehmens ausgespart. Inwieweit Beschäftigte davon betroffen sein könnten, teilte er bisher nicht mit.
Wie Unternehmenskreise berichteten, war es bei den Verhandlungen in Sindelfingen zu Uneinigkeiten mit dem Betriebsrat gekommen. Demnach will Daimler nun die Betriebsvereinbarung in Sindelfingen kündigen und in den kommenden Tagen eine Einigungsstelle anrufen. Hintergrund soll ein Streit über die Zeitkonten der Beschäftigten sein.
100 Stunden im Minus
Den Informationen zufolge liegen die Mitarbeiter in der Produktion der neuen S-Klasse mit ihren Zeitkonten rund 100 Stunden im Minus. Daimler will die Zahl Unternehmenskreisen zufolge auf 0 fahren, wenn 2013 die Produktion der neuen S-Klasse startet. Dafür müssten die Mitarbeiter dann aber zeitweise mehr Stunden leisten als in der Regelarbeitszeit. Der Betriebsrat hatte das den Kreisen zufolge abgelehnt.
Derzeit arbeiten in Sindelfingen 15.000 Menschen in der Produktion, davon 2.500 in der S-Klasse. Um die schwächelnde Nachfrage nach E- und S-Klasse auszugleichen, will der Autobauer auch die Zahl der Zeitarbeiter in dem Werk schrittweise abbauen. Konkrete Maßnahmen sind den Angaben zufolge aber noch nicht bekannt. Derzeit arbeiten in Sindelfingen 1.300 Leiharbeiter. (dpa)
Michael Martin
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