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Panorama Formel 1: Rasende Zugewinngemeinschaft

28.02.2025 10:51 Uhr | Lesezeit: 5 min
Renault-Tochter Alpine erhofft sich von ihrem Formel-1-Engagenment Abstrahleffekte auf die Modellpalette
Renault-Tochter Alpine erhofft sich von ihrem Formel-1-Engagenment Abstrahleffekte auf die Modellpalette
© Foto: Alpine

Lange Jahre war ein Formel-1-Engagement mit Verlusten verbunden. Doch neuerdings können Autohersteller damit Geld verdienen– und zugleich neuen Wettbewerbern beim Kampf um die Kunden die Schau stehlen.

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Der 75. Geburtstag ist üblicherweise kein Anlass zu sportlichen Superlativen vor 20.000 Gästen. In diesem Alter wird wohl eher gediegen und nostalgisch auf die lange Geschichte zurückgeblickt – und nicht mit Lasershows, Techno-DJ, Feuerwerken oder 30 Meter breiten Bildschirmen, die vom Hallendach bis zum Boden reichen. Aber was läuft in der Formel 1 schon wie üblich? 

Die Königsklasse des Motorsports hat sich im Jubiläumsjahr bombastisch inszeniert: Massenweise sind die Fans zu Eintrittspreisen von bis zu 150 Euro in die Londoner O2-Arena geströmt und haben erstmals in einem gemeinsamen Spektakel die Präsentationen aller zehn Teams sehen können. Die ungewohnte Gemeinsamkeit der rasenden Rivalen hat vor allem drei Gründe: Es geht ums Geld, neue Kundenkreise und gegen künftige Wettbewerber. 

Das zeigt sich schon daran, wer die Formel-1-Sause organisiert hat: der Amerikaner Brian Burke. Dessen Agentur hat bereits vor zwei Jahren das Las-Vegas-Comeback der Rennsportklasse fernsehtauglich in Szene gesetzt und damit in den USA hohe Einschaltquoten erreicht. Kein Selbstverständnis in dem Riesenland, wo viele Motorsport-Fans hartnäckig fremdeln mit der Königsklasse aus dem Rest der Welt. Zwischen Miami und Malibu ist eigentlich Nascar King. Um das zu ändern, hat die Formel 1 neben fünf Rennen in Nordamerika auch jetzt die knallige Show veranstaltet. 

Cadillac wird elftes Team 

Die Aufmerksamkeit soll auch damit gerade in den Vereinigten Staaten hochgehalten werden, bevor im kommenden Jahr der ganz große Scheinwerfer angeht. Denn dann steigt mit General Motors der größte US-Autohersteller in die Formel 1 ein. Für 100 Millionen Dollar Eintrittsgeld wird dann auch ein Cadillac als elftes Team seine Runden drehen, zwei Jahre darauf sogar mit eigenen Hybrid-Motoren.  

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Der ehemalige Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug freut sich bereits auf den Wettbewerber, der die Formel 1 in Amerika "great again" machen soll: "Natürlich bleibt man gerne unter sich", sagt der Experte. Denn mehr als drei Milliarden Euro Einnahmen geteilt durch zehn Teams, da bleibe "ein bisschen mehr für den Einzelnen als bei geteilt durch elf". Nicht nur Renault-Chef Luca de Meo, dessen Alpine-Team zu den etablierten Teilnehmern der Rennserie gehört, wäre deshalb "lieber bei zehn geblieben". Aber durch die steigende Zuschauerschar, mehr TV-Einnahmen, Sponsorengelder und Merchandising-Umsätze erhofft sich nicht nur Haug, "dass der neue Rennstall den Kuchen größer machen wird, so dass jeder ein dickeres Stück bekommt". 

Formel-1-Fans bejubeln Lewis Hamilton bei der 75-Jahres-Show in London.
Formel-1-Fans bejubeln Lewis Hamilton bei der 75-Jahres-Show in London.
© Foto: Peter Weißenberg/SP-X

Der weltweit übertragenen Auftaktshow haben sich auch darum nach anfänglichem Zögern brav alle Teams angeschlossen. Genau betrachtet ist die Show aber eher ein bunter Abend als eine Vorstellung der Rennwagen für 2025. Vor dem Start des ersten Rennens in Melbourne wollen sich die Teams natürlich nicht von ihren härtesten Rivalen unter die Motorhaube, auf Aerodynamik oder Stabilisatoren schauen lassen. Deswegen sind in der Arena vor allem die aktuellen Designs mit all den Sponsorenlogos drauf zu sehen. Darunter steckt manchmal noch das Fahrzeug der Vorjahressaison – oder gar ein Dummy, der mit kreativer Gestaltung von Spoiler oder Diffusoren die Wettbewerber auf die falsche Fährte locken soll. 

Schließlich ist der ganz große Gewinn mit Formel-1-Engagement nur dann zu machen, wenn am Ende Pole Positions und Rennsiege stehen. Vor allem bei den Autoherstellern ist die Hoffnung groß, so ein nachhaltig sportliches Siegerimage in die Alltagsautos der Kunden zu zaubern. „"Seit dem Umbenennen unseres Teams in Alpine haben wir von dieser Marke dreimal mehr Autos verkauft", freut sich daher auch Vorstandschef de Meo. Mit dieser Aufmerksamkeit sollen bald noch weitere neue Modelle der exotischen Sportwagenmarke in Herz und Hirn der 1,5 Milliarden Motorsportfans verankert werden, die alle Rennen der Saison gucken. "Gerade auch von weiblichen Fans, die immer öfter Formel 1 anschauen", wie de Meo aus Marktforschungen weiß. Das passende Fahrzeug startet mit dem Alpine-Ableger des schnuckeligen Elektro-Kleinwagens R5 denn auch pünktlich zum Beginn der neuen Renn-Saison. 


Alpine A290

Alpine A290 im Abendlicht auf einem Parkplatz vor einem Baum stehend. Bildergalerie

Newcomer-Marken bleiben draußen 

Die Formel 1 ist überdies eine Art letzter Bastion der alteingesessenen Autohersteller: Neue Wettbewerber auf dem globalen Automarkt wie BYD, Tesla oder MG haben in der Königsklasse auf absehbare Zeit keine Chance, den etablierten Marken das Leben schwer zu machen. Zu groß ist deren Vorsprung in der Welt klassischen Rennfahrzeuge. Auch deswegen werden bald noch weitere Traditionsmarken in die Formel 1 einsteigen. Schließlich ist die anspruchsvollste Motorsportklasse inzwischen auch kein Multimillionen-Grab mehr. 

Eigentlich ist sogar die Mega-Show in London Ausdruck neuer Bescheidenheit. Denn jahrzehntelang ließ es jeder Hersteller, Sponsor oder Teamchef allein für seine Marke krachen – und das verschlang meist noch größere Summen als die basisdemokratischen sieben Minuten, die jedes Team 2025 für seinen Auftritt Zeit zum Geldausgeben hatte. 20 Jahre früher präsentierte etwa ein Eddie Jordan seinen neuesten Renner auch schon mal auf Moskaus abgesperrtem Rotem Platz mit großer Militärkapelle und zaristischem Pomp. Konkurrent Benetton sperrte 2001 sogar den Markusplatz in Venedig und ließ darauf seinen neuen Boliden rollen – aus einem eigens aufgebauten Aquarium heraus. Und British Racing mietete 1972 die Rennstrecke in Le Castellet, um dort seinen Newcomer aus einer überdimensionierten Schachtel von Hauptsponsor Marlboro rasen zu lassen. 

Gewinne im Rennbetrieb 

So teure Einzelauftritte können und wollen sich gerade die kleineren Teams heutzutage nicht mehr leisten. Und anders als früher ist das Formel-1-Engagement für die meisten auch nicht mehr allein eine große Marketing-Investition, die als "Werbeausgaben" verbucht wird. Mit der Serie lässt sich Geld verdienen. Laut Haug hat das Formel-1-Team von Mercedes im Jahr 2023 mehr als 100 Millionen Dollar Gewinn gemacht. "Bis man so viel Geld verdient, muss man eine lange Wegstrecke gehen und sehr erfolgreich sein", schränkt der Experte allerdings ein. Renault-Chef de Meo ist zumindest schon einmal ganz zufrieden, kein zweistelliges Millionen-Minus mehr in der Saison-Bilanz stehen zu haben. "Wir arbeiten kostendeckend – und können neben dem Werbeeffekt bald auch Gewinne im Rennbetrieb erzielen", sagt der Manager. 

Was das Geld verdienen leichter macht: Seit einigen Jahren sind die Ausgaben begrenzt, die jedes Team maximal tätigen darf. Und ab 2026 werden die Regeln sogar noch restriktiver: Alle Teams müssen wegen steigender Hybridisierung und sinkender Maximalgröße der Renner ganz neue Fahrzeuge entwickeln. Maximal knapp 200 Millionen Euro dürfen die Teams für die Entwicklung der neuen Boliden ausgeben – ein Bruchteil der Summe, die früher üblich waren.

Auch deswegen wird General Motors mit der Marke Cadillac kein Einzelfall bei den Neueinsteigern bleiben. Honda und Ford kehren zumindest als Motorenlieferanten zurück – und Audi möchte durch den Kauf des Sauber-Rennstalls ab 2026 als eigenständiges Team einsteigen, um den Ruf als sportliche Marke wieder aufzupolieren.


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