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Nio Deutschland-Chef Hayler: "Mit dem Auto-Abo Akzeptanz aufbauen"

18.01.2024 16:07 Uhr | Lesezeit: 6 min
Marius Hayler steht seit Herbst 2023 an der Spitze von Nio Deutschland.
© Foto: Nio

Im Interview erklärt Marius Hayler, General Manager von Nio Deutschland, die Beweggründe über die Standortwahl München, die Expansionspläne im deutschen Markt sowie die Herausforderungen im Premiumsegment.

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Weshalb wollen chinesische Automobilhersteller gerade im deutschen Markt Fuß fassen?

Marius Hayler: Einer der Gründe ist sicherlich, dass der deutsche Markt volumenmäßig der größte Europas ist. Hinzu kommt die geringe Elektrifizierungsrate von rund 17 Prozent, das birgt ein Riesen-Marktpotenzial.

Als Standort für Europazentralen wählen chinesische Automobilhersteller gerne deutsche Städte - weshalb München?

Marius Hayler: Die hohe Dichte an Talenten aus der Automobilbranche war einer unserer Hauptgründe nach München zu gehen.

Wie ist die Organisation von Nio Deutschland aufgebaut?

Marius Hayler: Wir haben zwei Gesellschaften: Die Nio Deutschland GmbH als Vertriebsgesellschaft für den deutschen Markt und die Nio GmbH, in der unter anderem Einkauf, Produktmanagement sowie die Legal-Abteilung untergebracht sind. Ebenfalls dort zu finden ist die Design-Abteilung. Wir haben ein zweites Studio in Shanghai, aber der Ursprung des Designs ist in München.

Wie viele Mitarbeiter sind dort beschäftigt?

Marius Hayler: Bei der Nio GmbH sind rund 170 Mitarbeitende angestellt, einige davon auf europäischer Ebene. Der Großteil ist in den Retail-Betrieben beschäftigt. Alle haben einen Nio GmbH-Vertrag und genießen eine betriebliche Altersvorsorge.

Unterscheiden sich die Nio-Produkte in den verschiedenen Märkten voneinander?

Marius Hayler: Das sind im Prinzip überall die gleichen Fahrzeuge. Kleine Unterschiede gibt es bei der Software. Fernöstlich werden beispielsweise andere Navigationssysteme eingesetzt. Google ist in China kein Thema. Weitere Unterschiede zeigen sich bei wegen unterschiedlicher Steckersysteme bei der Ladeinfrastruktur.


Nio EL6 (2023)

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Wie sieht es bei der Infrastruktur aus?

Marius Hayler: Das ein oder andere Power- Swap-Projekt ist noch nicht fertig gestellt, weil die Baugenehmigungen einfach Zeit brauchen. Wir haben jetzt sieben in Betrieb und drei weitere Baugenehmigungen. Acht weitere sind bereits im Bau. Am Ende des Jahres werden wir ungefähr 20 Power- Swap-Stations in Betrieb haben. Das ist nicht genug, aber es bringt eine grundlegende Abdeckung für Langstrecken.

Bei den Zulassungen ist noch Luft nach oben.

Marius Hayler: Das hat mit der Bekanntheit der Marke zu tun. Die ist bereits gestiegen, gerade weil wir sehr viel Aufmerksamkeit durch das Thema Battery-Swap generieren. Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass wir mit dem Nio-House Berlin als ersten Standort erst im Oktober 2022 gestartet sind. Wir haben gemerkt, dass die Autokäuferinnen und Autokäufer physischen Kontakt brauchen. Deshalb sind wir auch dabei, weitere Kapazitäten und Stand- orte aufzubauen. Wir können uns ebenfalls vorstellen, die Power-Swap-Stations für vertriebliche Aktivitäten zu nutzen.

Auf welche Produkte dürfen sich die Kunden im deutschen Markt freuen?

Marius Hayler: Wir bringen 2024 definitiv noch ein Fahrzeug nach Europa. Dabei spielt sicher ein weiteres SUV eine große Rolle.

Wen sehen Sie als ihre Kernwettbewerber?

Marius Hayler: Wir sehen uns ganz klar als Premium-Marke und vergleichen uns daher mit BMW, Audi und Mercedes. Hinzu kommen Jaguar/Land Rover, Volvo und Marken wie Lotus oder Zeekr. Und natürlich auch Tesla.

Wie viele Einheiten sollen es denn künftig werden?

Marius Hayler: Wir kommunizieren keine Zielzahlen. Im Premiumsegment möchten wir natürlich langfristig einen ordentlichen Anteil erreichen. Wir sind jedoch nicht darauf bedacht, kurzfristig Volumina in den Markt zu drücken. Wir wollen zuerst eine ehrliche User-Base aufbauen und versuchen dann, Stück für Stück weiter zu wachsen.

Premiummarken sind stark von Gewerbekunden getrieben. Wie sieht ihr Angebot hier aus?

Marius Hayler: Man merkt, dass die Anzahl der Auto-Abos gerade im gewerblichen Bereich steigt. Daher haben wir ein besonderes Subscription-Angebot. Außerdem arbeiten wir im B2B-Bereich mit Leasinggesellschaften zusammen.

Also das ist auch ein Zielmarkt von Ihnen?

Marius Hayler: Ja, die Marktstruktur fordert das einfach bei 70 Prozent Gewerbekunden in den Segmenten D bis F.



Wo stehen Sie da gerade?

Marius Hayler: Im Schnitt sind wir gerade bei bei einem Verhältnis 50/50.

Haben Sie spezialisierte Großkundenbetreuer?

Marius Hayler: Ja. Wir haben Deutschland in fünf Vertriebsregionen mit je einem Regionalleiter aufgeteilt. Zusätzlich haben wir acht Key Accounts mit unterschiedlichen Aufgaben – vom Leasing bis zum Mietwagen.

Welche Bedeutung hat Subscription für Nio?

Marius Hayler: Das Auto-Abo hilft uns, Akzeptanz zu erreichen und bietet eine gute Möglichkeit, unsere Fahrzeuge zu testen.

Mit welcher Bank arbeiten Sie zusammen?

Marius Hayler: Wir kooperieren mit verschiedenen Banken, bei der Finanzierung beispielsweise mit Santander. Unser Partner im B2B-Bereich ist die LeasePlan Bank.

Was steckt hinter der Partnerschaft mit EnBW?

Marius Hayler: Wir haben uns an 20 autobahnnahen Ladeparks angeschlossen. Das ist natürlich ein Marketing-Thema, denn während der Tesla-, BMW- oder Audi-Fahrer lädt, sieht er, wie der Batterietausch eines Nio innerhalb fünf Minuten erledigt wird.

Wie viele Swaps haben Sie bereits durchgeführt?

Marius Hayler: Wir nähern uns in Europa der 30.000er-Marke.

Wird an den Swap-Stations Personal eingesetzt?

Marius Hayler: Aktuell ist jemand vor Ort. In den Niederlanden und in Deutschland laufen Pilotprojekte mit unbemannten Stations.

Was kostet den Halter ein Batteriewechsel?

Marius Hayler: Man muss die Batterie mieten, um einen Swap durchführen zu können. Die kleine Batterie kostet 169 Euro brutto im Monat, die große 289 Euro. Im Moment ist der Swap umsonst, in der Zukunft werden Kunden ab dem dritten Swap-Vorgang pro Tausch einen Betrag zahlen. Zusätzlich berechnen wir den Strom für das Aufladen der abgegebenen Batterie.


Nio Power-Swap-Station in Zusmarshausen

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Welcher Anteil der Kunden entscheidet sich für das "Battery-as-a-Service-Modell" (BaaS)?

Marius Hayler: 98 Prozent mieten die Batterie.

Antworten Sie mit preisaggressiven Angeboten auf die hohe Inflation und die hohen Zinsen?

Marius Hayler: Eigentlich nicht. Wir sind strategisch gut aufgestellt. Bei der BAFA sind wir ohne Batterien gelistet. Das heißt ein ET7, der einen Wert von über 92.000 Euro hat, fällt damit unter die 60.000-Marke und kann somit gefördert werden. Beim Pricing stehen wir aber auch vor Herausforderungen. Wenn Sie die Ausstattung unseres Autos, sind wir gegenüber Tesla auf einem ganz anderen Niveau. Der ET7 hat einen Allrad-Antrieb, Comfort-Sitze, luftgekühlte Sitze, etc. als Standardausstattung.

Mit Nio Houses, Spaces und Hubs haben Sie drei unterschiedliche stationäre Formate. Welche Formate streben Sie in Deutschland an?

Marius Hayler: Wir wollen in Deutscland keine Spaces eröffnen. Hierzulande haben wir Houses, Hubs und Handover-Center.

Wie viele Houses sollen es werden?

Marius Hayler: Wir haben jetzt drei Houses. Im nächsten Jahr wird ein weiteres in Hamburg eröffnet.

Wie viele Handover-Center gibt es?

Marius Hayler: Wir haben derzeit acht Handover-Center, wollen aber in weiteren Städten präsent sein.

Was passiert in den Handover-Centern?

Marius Hayler: Testfahrten und die Fahrzeugübergabe.

Wäre in diesem Bereich eine Zusammenarbeit mit Dienstleistern oder Händlern vorstellbar?

Marius Hayler: Im Werkstattbereich machen wir das ja schon. Dort wollen wir das Netz auch weiter ausbauen. Hier haben wir eine Kooperation mit G.A.S. und zusätzlich bieten natürlich unsere eigenen Hubs Ser- vicemöglichkeiten. Wir suchen aber auch ergänzende Partnerbetriebe, vielleicht auch unabhängige Händler. Da sind wir offen für interessierte Werkstätten.

Wie weit sind Sie mit der Teileversorgung?

Marius Hayler: Wir haben ein zentrales europäisches Lager in den Niederlanden. Von dort wird die Teileversorgung für Europa gesteuert. Wir werden sicherlich an den Hub-Standorten Teilelager aufbauen.

Viele Abo-Rückläufer haben Sie noch nicht. Wie soll das Remarketing ablaufen?

Marius Hayler: Wir versuchen, die Fahrzeuge, langfristig in das Abo-System einzusteuern. Viele Autos sind jetzt schon das zweite oder dritte Mal im Turnus. Die Rückgabe läuft über Mosolf. Die Fahrzeuge durchlaufen eine technische und optische Bewertung, anschließend gehen sie wieder raus. Im Moment haben wir also keine Gebrauchten. Später greifen wir sicher auf mobile.de, autoScout etc. zurück.

Welche Themen bremsen den Markthochlauf?

Marius Hayler: Vor allem die Sichtbarkeit der Marke. Eine Erhebung im August hat ergeben, dass das Dezemberziel bereits erreicht war. Aber insgesamt ist der Bekanntheitsgrad der Marke einfach noch zu niedrig.

Wie wollen Sie die Bekanntheit steigern?

Marius Hayler: Durch eine Ausweitung der Standorte und durch eine höhere Anzahl an Verkäufern. Wir werden allerdings nie eine Marke sein, die TV-Werbung macht. Die Streuverluste sind dabei für uns einfach viel zu groß. Wir werden den B2B-Bereich weiter vorantreiben und beispielsweise ganz gezielt Probefahrtveranstaltungen bei großen Firmen machen.

Vielen Dank für das Gespräch!


Nio House Düsseldorf

NIO House in Düsseldorf eröffnet Bildergalerie


Digitalstudie 2023

Das Interview ist im Rahmen der Studie "Digitalisierung und Transformation 2023" von TÜV Nord, IfA Institut für Automobilwirtschaft und AUTOHAUS erschienen. Es wurde von IfA-COO Prof. Dr. Benedikt Maier geführt und von der AUTOHAUS-Redaktion aufgezeichnet.

Die aktuelle Studie ist als PDF-Datei abrufbar unter www.tuev-nord.de/digitalisierungsstudie



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KOMMENTARE


Sascha Schmitz

18.01.2024 - 18:35 Uhr

Jeder Newcomer aus Fernost denkt direkt, er sei Premium. Anstatt sich mit dem soliden VW zu vergleichen, muss es direkt BMW, Mercedes, oder Audi sein. Lieber mal die Basics schaffen, anstatt so grosse Töne zu spucken. Mit der aktuellen Positionierung wird Nio noch lange Geld verbrennen, ich sage, die werden es eigener Kraft nicht schaffen und noch lange 20.000€ pro Auto verbrennen.


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