Von Branchenberater und AUTOHAUS-Experte Detlef Borscheid
Die Pkw-Neuzulassungen sind im Oktober in Europa (EU, GB, EFTA) mit 1,131 Millionen Autos um 6,9 Prozent unter dem Vorjahresniveau geblieben. In den ersten zehn Monaten 2020 ging die Nachfrage damit um 27,2 Prozent auf 9,7 Millionen Fahrzeuge zurück. Der Privatmarkt entwickelte sich im Oktober vielerorts besser als der gewerbliche Bereich. So zog das Geschäft mit den Endverbrauchern in Deutschland, Italien und Großbritannien an, während die gewerbliche Nachfrage zum Teil deutlich nachließ.
Die Neuzulassungsentwicklung verlief recht unterschiedlich in den einzelnen Ländern. Das hatte zum großen Teil mit den verschiedenen staatlichen Förderprogrammen (Umfang, Dauer und Einführung) sowie den damit einsetzenden Nachholeffekten der Autokäufer zu tun. Auch die wieder steigende Zahl an Covid-19-Infektionen beeinflusste die Stimmung der Verbraucher in unterschiedlicher Weise. In allen Märkten konnte weiterhin ein starker Anstieg nach batterieelektrischen Fahrzeugen beobachtet werden.
Die Top-Länder im Einzelnen:
Deutschland
Die Pkw-Neuzulassungen in Deutschland lagen mit 274.303 Pkw um minus 3,6 Prozent unter dem Oktober-Wert 2019. Aufgrund der sehr schwachen Neuzulassungsdaten während des Lockdowns im März und April liegt der kumulative Wert um 20,5 Prozent unter der entsprechenden Vorjahresperiode.
Der Privatmarkt schnitt dagegen deutlich besser ab. Die Nachfrage von Privatpersonen stieg im Oktober um 6,8 Prozent auf fast 105.000 Pkw. Über die ersten zehn Monate gesehen hat sich der Teilmarkt (minus 20,1 Prozent) ebenfalls besser entwickelt als der gewerbliche Bereich, was vor allem auf den deutlichen Rückgang der taktischen Neuzulassungen zurückzuführen ist.
Eine weiterhin dynamische Entwicklung verzeichneten die Nachfrage nach alternativen Antriebsarten. Die Neuzulassungen der BEV-Fahrzeuge betrugen 23.158 Einheiten, ein Wachstum von 365,1 Prozent. Die Zahl der PHEV-Fahrzeuge erhöhte sich um 257,8 Prozent auf 24.859. In den ersten zehn Monaten entwickelten sich die Plug-in-Hybride (plus 299 Prozent) doppelt so schnell wie die reinen Stromer (plus 129 Prozent).
Aufgrund des im November verordneten Teil-Lockdowns wird die Neuzulassungsentwicklung sich bis zum Ende des Jahres etwas abflachen. Teilweise kompensiert wird die schwächer werdende Nachfrage durch zusätzliche Aktionen der Hersteller (unter anderem Bewerbung des niedrigeren Mehrwertsteuersatzes zum Ende des Jahres und Zusatzverkäufe von Fahrzeugen mit relativ hohem CO2-Ausstoß).
Frankreich
Die Pkw-Neuzulassungen schrumpften im Oktober um 9,5 Prozent auf 171.049 Einheiten. Seit Jahresbeginn wurden in Frankreich 1.337.749 Autos neu in den Verkehr gebracht – ein Minus von 26,9 Prozent. Der Privatmarkt kam mit minus 3,5 Prozent etwas besser durch den Oktober. Dagegen ging der gewerbliche Markt und hier vor allem die taktischen Neuzulassungen deutlich stärker zurück.
Die Nachfrage nach PHEV und BEV ist auch im Oktober ähnlich wie in den Vormonaten deutlich gestiegen. Während die Neuzulassungen von Diesel (minus 14,2 Prozent) und Benzinern (minus 30,9 Prozent) deutlich abnahmen, kletterten die Anmeldungen von PHEV um 361 Prozent auf 10.199 Einheiten. Darüber hinaus wurden 10.004 BEV zugelassen. Dies bedeutet einen Anstieg von 129 Prozent. Das starke Wachstum der elektrifizierten Fahrzeuge wird von den am 1. Juni eingeführten Fördermaßnahmen unterstützt.
Der französische Automarkt wird sich in den verbleibenden zwei Monaten weiter nur schwach entwickeln, da die Covid-19-Infektionen wieder deutlich angestiegen sind und die gesundheitspolitischen Maßnahmen verstärkt wurden.
Italien
In Italien blieben die Pkw-Neuzulassungen im Oktober mit 158.250 Fahrzeugen stabil (minus 0,3 Prozent). Von Januar bis Oktober dieses Jahres wurden 1.131.466 Pkw zugelassen. Dies bedeutet gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode ein Defizit um 30,7 Prozent. Die gewerblichen Neuzulassungen fielen im Oktober deutlich (minus 40,6 Prozent), während der Privatmarkt aufgrund der neuen im August eingeführten Unterstützungsmaßnahmen der Regierung um 11,4 Prozent anzog.
Die Nachfrage nach E-Fahrzeugen hat deutlich zugenommen. Es wurden 3.653 neue PHEV (plus 330 Prozent) und 2.889 BEV registriert (plus 205 Prozent). Im November und Dezember wird sich die Nachfrage im Italien trotz der staatlichen Förderprogramme nur moderat entwickeln können, da es auch hier aufgrund der zweiten Corona-Welle zu Einschränkungen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens kommt.
Spanien
Die Pkw-Neuzulassungen brachen im Oktober um 21 Proeznt auf 74.228 Pkw ein. In den ersten zehn Monaten 2020 sank die Zahl um mehr als ein Drittel (minus 34,2 Prozent). Betroffen von der weiterhin starken rückläufigen Entwicklung waren alle Wirtschaftszweige. Der Privatmarkt ging um 22,7 Prozent in die Knie, der gewerbliche Bereich um 19,2 Prozent. Ohne die im Juli eingeführten Programme "Moves II" und "Renove" wäre der Neuzulassungsmarkt noch stärker eingebrochen.
Die Nachfrage nach batterieelektrischen Fahrzeugen stieg auch in Spanien stark an. Das Wachstum der BEV-Neuzulassungen betrug im Oktober 123,1 Prozent, bei den Plug-in-Hybriden waren es 216,1 Prozent. Ähnlich wie in anderen Ländern ist es auch in Spanien zu strengeren gesundheitspolitischen Maßnahmen gekommen, die das wirtschaftliche Leben einschränken und das Konsumentenverhalten negativ beeinflussen, so dass die Pkw-Nachfrage auch in den letzten beiden Monaten deutlich unter Vorjahresniveau bleiben wird.
Großbritannien
Der Pkw-Markt in Großbritannien ist im Oktober leicht um 1,6 Prozent auf 140.945 Neuwagen geschrumpft. Der Rückgang für die ersten zehn Monate liegt bei minus 31 Prozent. Dabei entwickelte sich der Privatmarkt im vergangenen Monat mit 0,4 Prozent leicht positiv, während der gewerbliche Markt um 3,1 Prozent zurückging. Das Geschäft mit E-Autos boomt auch auf der Insel: Im Oktober legten die BEV um 195,2 Prozent auf 9.335 Einheiten zu, die PHEV um 148,7 Prozent auf 7.775 Fahrzeuge.
Auch in Großbritannien wird der Jahresendspurt bei den Neuzulassungen recht schwach ausfallen. Dafür verantwortlich sind die steigenden Covid-19-Infektionszahlen, die zu deutlichen Einschränkungen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens führen. Diese Maßnahmen beinhalten auch die Schließung des stationären Handels.
- Neuzulassungen in Europa - September 2020 (1.8 MB, PDF)
Dipl.-Ing. Dr. techn. Anton Gsandtner