Von Max-Morten Borgmann, dpa-AFX, und Heiko Lossie, dpa
Die Krisen in aller Welt machen Volkswagen vorsichtig – aber nicht ängstlich. Obwohl auf den Automärkten außerhalb von China überwiegend Gegenwind bläst, trauen sich die Wolfsburger auch in diesem Jahr mehr verkaufte Autos sowie mehr Umsatz und Gewinn zu, wie sie am Freitag mitteilten. Mit der prognostizierten "moderaten" Steigerung der Auslieferungen würde der Konzern möglicherweise 2015 sogar am großen Rivalen Toyota vorbeiziehen und zum weltgrößten Autobauer aufsteigen.
Die 2014 erzielten 12,7 Milliarden Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sind im Vorjahresvergleich neun Prozent mehr und so viel wie nie. Auch der Umsatz steht mit 202,5 Milliarden Euro auf einem Allzeithoch, knapp drei Prozent beträgt die Verbesserung hier.
Die Konkurrenz bei Toyota hat für 2015 schon einen Absatzrückgang auf 10,15 Millionen Fahrzeuge eingeplant – diesen Wert hatte VW 2014 nur haarscharf verfehlt und setzt nun auf weiteres Wachstum. Damit soll auch der Umsatz um bis zu vier Prozent zulegen, allerdings abhängig von den schwierig absehbaren weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Konservative Prognose
"Angesichts gedämpfter Wachstumsaussichten in Regionen außerhalb Chinas wird 2015 sicher kein Selbstläufer", sagte Finanzchef Hans Dieter Pötsch. Bei den eigenen Jahreszielen stützten sich die Niedersachsen deswegen auf "konservative Annahmen".
Trotzdem soll auch das operative Ergebnis erneut zulegen: Vom Umsatz sollen 5,5 bis 6,5 Prozent als Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) bleiben. 2014 kamen 6,3 Prozent operative Rendite zusammen – bei demselben als Prognose genannten Korridor. Rechnerisch wären damit 2015 bis zu 13,7 Milliarden Euro drin, das wäre damit erneut ein Plus von einer Milliarde Euro.
Der Börse reichte das aber offenbar nicht: Die VW-Aktien sackten am Nachmittag um mehr als drei Prozent ab. Denn mit dem rechnerischen Höchstziel erreiche der Konzern gerade so die Markterwartungen für das laufende Jahr, sagte ein Börsianer.
Probleme in Russland, Brasilien und USA
Im operativen Gewinn ist Volkswagens lukratives China-Geschäft kaum enthalten. Aber gerade dort ging es zuletzt ungebrochen bergauf. Dagegen sind mit Russland und Brasilien zwei wichtige Märkte im steilen Sinkflug, und in den USA fehlen bisher neue Modelle, um der Konkurrenz nicht hinterherzufahren.
Dank der China-Stärke legte der Konzerngewinn 2014 unter dem Strich um ein Fünftel auf 11,1 Milliarden Euro zu– was im Jahresvergleich ein Plus von gut einem Fünftel ist, aber kein Rekord. 2012 hatten Sondereffekte aus der Porsche-Komplettübernahme den Nachsteuer-Gewinn auf fast 22 Milliarden Euro gehoben. Die Anteilseigner sollen 4,86 Euro Dividende je Vorzugsaktie bekommen, nach 4,06 Euro vor einem Jahr.
Wie VW weiter mitteilte, gibt Konzernchef Martin Winterkorn seine Verantwortung für die renditeschwache Kernmarke VW-Pkw schon zum Juli an den früheren BMW-Manager Herbert Diess ab. Diess' Wechsel war bereits bekannt, jedoch sollte der ehemalige Entwicklungsvorstand der Münchner nach dem ursprünglichen Plan erst drei Monate später zum Oktober bei Volkswagen anfangen und dort die Leitung der wichtigsten Sparte übernehmen. Diess erhält für seine Aufgabe nun einen neuen Vorstandsposten im Konzern. Sein schnellerer Start werde dank einer "Einigung zwischen Diess und der BMW AG" möglich, hieß es.
Porsche-Chef Müller steigt auf
Volkswagen machte am Freitag auch den Einzug von Porsche-Chef Matthias Müller in den Konzernvorstand zum März offiziell. Die Entscheidung kommt bei den Arbeitnehmervertretern gut an. Der 61-Jährige überzeuge nicht nur mit seiner Produktkenntnis, sondern sei auch ein Garant dafür, "dass er immer den Gesamtkonzern und nie allein eine Marke im Fokus hat", sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die Deutsche Presse-Agentur hatten zuvor bereits über die Personalie berichtet.
Müller bleibt Chef der Stuttgarter Sport- und Geländewagenschmiede und bekleidet in dieser Funktion das neu geschaffene Vorstandsressort im VW-Konzern. So ist es mit Audi-Chef Rupert Stadler auch schon geschehen, der seit 2010 in der Wolfsburger Führungsriege sitzt. Dort war Müller bisher nur regelmäßiger Gast. "Dass ich dort nun regelmäßiges Vorstandsmitglied bin, empfinde ich als große Ehre und als Vertrauensbeweis", schrieb Müller am Freitag in einer Mitteilung an die Porsche-Belegschaft. (dpa)