Guillaume Buisson-Descombes liebt die Klangwelt des Computers: Der Akustik-Designer ist im Nebenberuf DJ und Musikproduzent – und Fan von elektronischer Musik im Stil von Moderat, Siriusmo oder DJ Hell. Künstlich, klar und mit abgrundtiefen Tönen, die sämtliche Magennerven vibrieren lassen.
In seiner Hauptbeschäftigung muss der Sound-Experte allerdings diametral umdenken, besser gesagt, umhören: "Als Produktmanager für unseren typischen Focal-Sound im Auto muss ich die eigenen Vorlieben zur Seite schieben können." Viel Bumms aus dem Bass widerspricht nämlich deutlich der Philosophie der Franzosen. Sie setzen auf die Natur.
Focal / DS 9
BildergalerieDas gilt nicht nur für den Klang selbst, wo die menschliche Stimme das Maß aller Dinge ist: Auch bei der typischen Preisgestaltung, die der audiophile Liebhaber bei Focal sonst so akzeptiert, geht es einige Gänge zurück. Lautsprecher-Türme wie der mannshohe Utopia mit seinem Innenleben aus hauchdünnen Flachs-, Kohlefaser- oder Beryllium-Membranen können zusammen mit den Verstärkern der britischen Schwestermarke Naim schon mal 500.000 Euro kosten. Und wenn der Oligarch seiner Tochter so einen Giganten zum zwölften Geburtstag schenkt, gestaltet die Manufaktur in St.Etienne das Trumm auch gern in Zartrosa mit dem Comic-Tierchen Hello Kitty drauf – Geschma… äh: Geld spielt da keine Rolle.
Solche Summen gibt aber selbst ein Maybach-Kunde nicht für den optimalen Klang aus. Da kostet das System von Burmester 29.150 Euro – aber auch dagegen sind die 1.150 Euro Aufpreis, die DS für eine Focal-Electra-Anlage mit 515 Watt und 14 Lautsprechern verlangt, ein echtes Schnäppchen. Zumal Sound-Designer Buisson-Descombes verspricht, dass die Klang-Philosophie der Franzosen unter dem preislichen Downsizing nicht grundsätzlich leidet. Vier Jahre vor der Markteinführung hatten seine Teams etwa beim DS7 schon am optimalen Sound für den Klangraum gebastelt.
Fahrgeräusche auch in teuersten Autos vorhanden
Aber für die Focal-Anlagen gilt wie für jedes Hifi-System im Fahrzeug: Das Hörerlebnis wie bei den namensgebenden Systemen in einem klangoptimierten heimischen Audio-Tempel ist in einem Auto nicht zu erzielen. Zum einen können Fahrgeräusche auch in den teuersten Autos eben nie völlig ausgemerzt werden, zum anderen ist die Position der Passagiere nie so perfekt wie in einem Studio, wo sich der Kunde den Klang genau auf seine Sitzposition einstellen lässt.
Aber die Audio-Experten arbeiten zumindest an Beidem. Dazu setzt etwa DS für seine High-End-Anlage in Kooperation mit Focal spezielle schallschluckende Folien in den Türen oder anderen Hohlräumen ein und verstärkt auch die Seitenfenster mit geräuschabsorbierenden Glasschichten. Überdies tüfteln Buisson-Descombes und seine Kollegen genau wie die Konkurrenten an immer neuen Hoch-, Tief- und Mitteltönern und den optimalen Formen und Einbaupositionen dafür. Ein harter Kampf mit den Auto-Konstrukteuren, die den Platz auch für Batterien, Ablagen, Airbags, Hilfsmotoren oder Rechner brauchen. Das ist ein Grund, warum der Trend zu immer mehr und immer kleineren Lautsprechern geht. Selbst im kompakten SUV DS4 sind es bereits 14 Stück.
Das Ergebnis überzeugt
In den DS, die ohnehin eher für sanftes Gleiten geschaffen sind, ist das Hörerlebnis selbst bei steigenden Geschwindigkeiten beeindruckend. Besonders die Konzentration auf die Klarheit der menschlichen Stimmen fällt bei allen Lautstärken auf. Und bei den tiefen Tönen ist es eben nicht das wilde Wummern, mit dem mancher Wettbewerber die Existenz des Subwoofers verdeutlichen will. Die Franzosen bleiben dezent, aber nachdrücklich.
Für den Automarkt allerdings kann auch Focal nicht bei der reinen Lehre der Sound-Designer bleiben. Denn immer mehr Menschen vor allem in den USA und Asien wollen lieber die Illusion großer Musiksäle oder Festivals als den Klang des Aufnahmestudios. Darum haben im Markt Systeme mit Surround-Sound, Dolby Atmos oder 3D-Wiedergabe gerade Konjunktur. Anbieter wie Harman-Kardon, Bose oder Burmester sind bereits auf diese Linie umgeschwenkt.
Oft hilft den Sound-Designern dabei, dass sie schon aus dem Bau von Boxen und Verstärkern für Konzertveranstalter kommen oder Opernhäuser akustisch optimiert haben. Focal-Gründer Jacques Mahul dagegen hat mit der Ausstattung von Aufnahmestudios seine Arbeit begonnen. Der imitierte Raumklang zieht darum erst langsam in die Fahrzeuge von Peugeot und DS ein, die Focal mit seinen Systemen ausstattet. "Auch wir bieten in unseren neuen Anlagen für den DS4 Surround-Sound – und auch die nächste Generation von DS7 und DS9 werden das bekommen", sagt Buisson-Descombes.
Was der Klangexperte allerdings jetzt bereits in die Fahrzeugsysteme integriert, ist eine neue Einfachheit. Die Focal-Macher haben dem Touchscreen im DS9 drei Profile spendiert: für den Fall, dass nur ein Mensch am Steuer sitzt, für zwei Passagiere vorn – oder für die Fokussierung auf den Fond bei einer Nutzung als Chauffeur-Fahrzeug. Der Sound passt sich automatisch an, so, wie die Erfinder das für ideal halten. Und wenn dann doch mal ein Bass-Liebhaber wie Buisson-Descombes an Bord sitzt, kann er den Subwoofer auch gesondert auf volle Kraft einstellen. Gehör bleibt am Ende eben doch Gefühlssache.