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Genf: Apple treibt die Autoindustrie um

03.03.2015 15:30 Uhr
Martin Winterkorn: Apple oder Google als Chance für die Autoindustrie.

Es ist nicht klar, ob der iPhone-Konzern wirklich an einem Wagen arbeitet. Doch die Autobranche ist nervös. Alle wissen: Schlafen darf jetzt keiner.

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Von Sebastian Raabe, dpa und Max-Morten Borgmann, dpa-AFX

Baut Apple in absehbarer Zeit Autos? Bisher gibt es dafür weder eine Bestätigung, noch einen Zeitplan und keine Details. Doch allein die Möglichkeit versetzt die Industrie in Aufregung. Auf dem Autosalon in Genf sind die Auto-Pläne des US-Riesen das Gesprächsthema. Viele Konzernlenker geben sich zwar betont gelassen. Sorglos aber ist niemand. "Wir wissen genau, dass, wenn man den ersten Platz in der Champions League hat, man keine Sekunde schlafen darf", sagt der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. "Es hängt alles von unserer Innovationskraft ab."

Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sieht ein Engagement von Apple und Google denn auch als Chance für die Industrie. "Auch wenn es Sie vielleicht überrascht: Ich begrüße ausdrücklich das Engagement von Apple, Google & Co beim Thema Automobil", sagte Winterkorn am Montagabend kurz vor dem Beginn des Autosalons in Genf. Er sei sich sicher, dass Autos dadurch bei jungen Menschen mehr Akzeptanz finden werden. Für die Herausforderungen, die die fortschreitende Digitalisierung bei Autos an die Auobauer stellt, sieht sich VW gerüstet. Allein im vergangenen Jahr habe der Mehrmarkenkonzern rund 11,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert und beschäftige inzwischen mehr als 10.000 IT-Fachleute.

Das sieht auch BMW-Chef Norbert Reithofer so. Früher sei auf mechanischen Schreibmaschinen geschrieben worden. Dann habe die Schreibmaschinenindustrie eine riesige Innovation erreicht: die elektrische Schreibmaschine. "Und dann haben völlig andere Unternehmen die PCs auf den Markt gebracht, dann Laptops auf den Markt gebracht und auf den schreiben wir heute." Auch die Autobranche sei nicht sicher davor, dass andere Spieler auftauchen. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass in Zukunft Wettbewerber Autos bauen, die bisher nicht am Markt waren", sagte Reithofer am Dienstag in Genf.

Gerade der anhaltende Trend zur Digitalisierung, Vernetzung oder dem automatisierten Fahren locke Unternehmen wie Google, Apple oder andere. "Wir müssen diese Unternehmen sehr ernst nehmen", sagte Reithofer. Allerdings sei der Fahrzeugbau sehr komplex - von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Händlernetz und dem Ersatzteilgeschäft. "Das darf man nicht vergessen." Und Firmen wie BMW hätten ein Pfund. "Wir sind im Automobilbau top."

Viele Hausaufgaben für neue Spieler

Für neue Spieler in der komplexen Autobranche gebe es viele Hausaufgaben zu machen, sagte auch Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. "Man muss zwei, drei Jahre entwickeln - auch wenn man Apple heißt." Und diverse Fabriken braucht es auch, um die Märkte im großen Stil aufzumischen. Aber diese Infrastruktur könnte Apple auch kaufen. Mit 178 Milliarden US-Dollar (159 Milliarden Euro) in der Kasse könnte der Konzern theoretisch fast jeden Autobauer der Welt mit seinem Produktionsnetz übernehmen. Der Börsenwert von Ford etwa beträgt derzeit rund 57 Milliarden Euro. "Es ist schon Drohpotenzial genug wegen der schieren Größe dieser Unternehmen", sagte Pieper. Er sieht die Autopläne der IT-Riesen derzeit aber noch als "Versuchsballon".

Google hat bereits ein selbstfahrendes Auto vorgestellt. Was Apple plant, ist unbekannt. Berichten zufolge werkelt der Konzern unter dem Projektnamen "Titan" an den Plänen. Ein Team aus mehreren hundert Leuten arbeite abgeschieden an einem Auto mit Elektroantrieb. Ob es wirklich so kommt, ist unklar. "Das sind sehr seriöse Häuser - wenn die etwas planen, machen die auch was", sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne in Genf. Reithofer will über mögliche Apple-Pläne nicht spekulieren. Aber: "Apple ist eine sehr, sehr, sehr starke Marke."

Und auch ohne Apple-Auto ringt die Branche um die Zukunft. Alternative Antriebe, Abgasgrenzwerte, eine schwindende Autobegeisterung bei jungen Kunden, Digitalisierung, Vernetzung, selbstfahrende Autos - die Liste der Baustellen ist lang. Bleiben Autos technische und emotionale Produkte, die viel Geld bringen? Oder werden Apple oder Google künftig mit der Software das neue Herz von Autos liefern? Oder gleich die Autos mit?

"Keine Lieferant einer leeren Kiste"

Didier Leroy, Europa-Chef des derzeit weltgrößten Autobauers Toyota, machte in Genf klar: "Wir wollen nicht nur der Lieferant einer leeren Kiste sein." Ob er denn das Risiko sehe, dass es so kommen könne? "Das hängt von den Kunden ab, was die unter Mobilität und Auto verstehen." Angst vor Apple habe er nicht. Aber: "Sie können sehr harte Konkurrenten in einigen Bereichen sein." 

Daimler-Chef Dieter Zetsche glaubt nicht, dass die Autobranche irgendwann nur noch Zulieferer für Internet-Konzerne sein wird. "Wir haben momentan die gesamte Wertschöpfungskette in unserer Hand", betonte er in Genf. Vor den Veränderungen habe er keine Angst. "Das kann uns nur stärker machen."

Impressionen vom VW-Konzernabend gibt es in der Bildergalerie!

Alles Wichtige aus Genf finden Sie im Themenspecial: www.autohaus.de/themenspecials/autosalon-genf-924876.html


Autosalon Genf 2015 - VW-Konzernabend

Autosalon Genf 2015 - VW-Konzernabend Bildergalerie

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