Man stelle sich einfach mal vor, dass sich ein millionenschwerer Sportwagenfan Lust auf das derzeit teuerste Ferrari-Modell an sich entdeckt und bereit ist, dafür ein Vermögen von 5,1 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer zu überweisen. Dann besitzt er zwar eine ultraflache Rennflunder, darf sein Können allerdings nicht in offiziell anerkannten Wettbewerben mit den Fahrkünsten gleichgesinnter Konkurrenten messen. Er wird auch nicht in Bestenlisten auftauchen, sich auch nicht auf dem Podium von Funktionären der Sportbehörden feiern lassen. Und in den öffentlichen Verkehr darf der neue 499 P schon gar nicht. Denn die wichtigsten technischen Vorteile des Einsitzers sind nach den strengen Regeln der Kommissare schlicht illegal.
Trotzdem war der Jubel bei der Enthüllung des neuen Modells im Rahmen der Jahresabschlussfeier der Ferrari-Familie auf der hauseigenen Rennstrecke von Mugello in der Toskana so grenzenlos wie der Preis. Der 499 P ist eine Abwandlung des diesjährigen Siegerautos der 24 Stunden von Le Mans, baut auf den gleichen Genen wie der Profi-Renner. Und er liefert atemberaubende Leistungsdaten. Der Dreiliter-Sechszylinder im Heck bringt zusammen mit einem E-Motor für die Vorderachse in Summe 640 kW / 870 PS auf die Straße.
Das von einer 800-Volt-Batterie versorgte Elektro-Triebwerk trägt mit seinen 200 kW / 272 PS ein gutes Drittel der Power bei. Es nutzt die Formel-1-Technik zum Aufladen beim Bremsen oder Gaswegnehmen. Bei niedrigeren Geschwindigkeiten kann der Fahrer den Stromer zuschalten und sich dabei über den Traktionsvorteil eines Allradantriebs freuen. Bedient er einen Knopf mit der Bezeichnung "Push to Pass" jenseits der 190-km/h-Grenze kann er mit 163 zusätzlichen kW einen Vordermann nerven. „Drücke zum Überholen“ eben.
Ferrari 499 P
BildergalerieDas sind genau die Funktionen, die die internationale Motorsportbehörde nie genehmigen würde, deshalb hat Ferrari es erst gar nicht probiert. Auch wenn der 499 P so nicht als offizieller Konkurrent ein einem echten Rennen teilnehmen darf, sehen die Italiener Potenzial für leistungshungrige Kunden mit Lust auf mehr. Die können dann auf Rennstrecken eingezwängt im der engen Ein-Mann-Fahrerkuppel auf Zeitenjagd gehen, Daten und Fakten vom Original-Display des Le-Mans-Siegers ablesen oder auch eher gemütlich durch Schikanen twisten.
Wie viele 499 P gebaut werden sollen, verrät Ferrari noch nicht. Mit dem Prototypen will die Kultmarke aber die Idee weiterführen, die unter dem Namen "F1 Clienti" (Formel-1-Kunden) schon bekannt ist. Dabei dürfen derzeit gut 50 betuchte Kunden ausgediente echte Formel-1-Rennwagen gegen einen üppigen Betrag selbst im Kreisverkehr abgesperrter Strecken steuern, auch wenn sie keine Rennen gegeneinander fahren. Bei Interesse können die roten Boliden mit Vergangenheit auch gekauft werden, knapp 20 von ihnen sind nun in Privatbesitz. Veränderungen an den Historikern sind dabei verboten. "Sport Prototipi Clienti" also Prototypen-Kunden wird das neue Programm heißen. Erstes Beispiel ist eben jener 499 P.
Fast schon normal wirkt dagegen die zweite Ferrari-Premiere. Dabei geht es um die eigene Rennserie "Challenge Trofeo Pirelli", bei der Profis und Hobbyrennfahrer in Coupe 296 GTB gegeneinander antreten und jetzt schon seit über 32 Jahren in Europa, den USA und Asien unterwegs sind. Jetzt kommt der Renner für die neue Saison, erstmals mit einem Sechszylinder-Triebwerk, das bis zu 512 kW / 760 PS leistet. Sein Preis von 390.000 Euro ist verglichen mit dem 499 P fast schon ein Schnäppchen.