Der deutsche Autobauer Audi denkt über eine Wiederaufnahme der lokale Fahrzeugproduktion im Wachstumsmarkt Brasilien nach. Eine Entscheidung ist zwar noch nicht gefallen. "Aber wir prüfen das, und wir werden voraussichtlich innerhalb der nächsten sechs Monate eine Aussage dazu machen können", sagte der für Südamerika verantwortliche Produktionsvorstand im VW-Konzern, Michael Macht, am Donnerstag in São Paulo anlässlich des 60-Jahr-Feier von VW in Brasilien. Das Preissegment sei in diesem Fall höher, und man beobachte derzeit genau das Mitbewerberfeld. Die VW-Tochter Audi baute vor einigen Jahren bereits in Brasilien das A3-Modell, stellte die Produktion aber wieder ein.
Mit Blick auf Brasilien - dem nach China und Deutschland wichtigsten Markt für VW - äußerte sich Macht zufrieden: "Das macht viel Freude." Mit rund 21 Prozent Marktanteil sei VW in Brasilien ein wichtiger Player. Nur Fiat liegt mit 23 Prozent knapp vor den Wolfsburgern. Bis 2016 werde VW 3,4 Milliarden Euro in Brasilien investieren, davon entfielen zwei Drittel auf die Produktion und ein Drittel auf die Infrastruktur, sprich Kapazitätsausbau. "Das zeigt, dass wir große Hoffnungen haben." In Brasilien hat VW vier Werke, in denen rund 24.000 Mitarbeiter täglich bis zu 3.500 Fahrzeuge und 3.800 Motoren bauen.
Thomas Schmall, seit Januar 2007 Präsident von "VW do Brasil", verwies auf das Rekordjahr 2012. "Mit über 850.000 produzierten Einheiten haben wir hier im vergangenen Jahr so viele Fahrzeuge produziert wie nie zuvor." Er hob das Top-Modell "Gol" (Tor) hervor, einer Variante zwischen Golf und Polo. Der "Gol" sei seit 26 aufeinanderfolgen Jahren das meistverkaufte Auto in Brasilien.
Mit Blick auf den schwierigen Markt in Europa zeigte sich Macht zuversichtlich. Man habe wahrscheinlich dort den Tiefpunkt gesehen: "Die Restrukturierungsprogramme in den meisten Ländern greifen." Aber die Autoindustrie habe vor allem in den südeuropäischen Ländern deutliche Rückgänge hinnehmen müssen. Die Strategie der meisten großen Autobauer sieht deshalb verstärkte Investitionen in wichtigen Schwellenländern außerhalb Europas vor. Auch BMW will seine Produktion in Brasilien ab 2014 aufnehmen. Der Vorteil: Hohe Importzölle werden umgangen.
Boomregionen Brasilien und China
Brasilien und China sind aus VW-Sicht wichtige Ecksteine für das Ziel, bis spätestens 2018 größter Autobauer der Welt zu werden. Das Wachstum in Brasilien werde zwar nicht linear verlaufen. Aber es gebe Prognosen, wonach bis 2014 in Brasilien bis zu vier Millionen und bis 2018 bis zu fünf Millionen Fahrzeuge verkauft würden. Mit Blick auf den in Brasilien noch als "Kombi" gebauten "Bulli"-VW-Transporter wollten sich weder Schmall noch Macht auf ein mögliches Auslaufen der Produktion festlegen.
Der Kombi habe keine vergleichbaren Wettbewerber auf dem Markt. Vor einem möglichen Auslaufen müsse über ein Produkt oder mehrere Produkte nachgedacht werden, die dieses Volumen für VW ersetzten. In Brasilien wird immer wieder über das Ende der "Bulli"-Produktion zum Ende dieses Jahres spekuliert. "Wir haben ja noch neun Monate, und soweit kann ich jetzt noch nicht denken", beruhigte Schmall zunächst Liebhaber dieses Fahrzeugs. (dpa)