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Dieselgipfel – ein halbes Jahr danach: Heiße statt sauberer Luft

07.02.2018 14:00 Uhr
Abgas, Diesel, Schadstoffe, Auspuff
Der Dieselgipfel hat bislang nur wenig zur Luftverbesserung in den Städten beigetragen.
© Foto: Patrick Pleul/dpa

Schon direkt nach dem Dieselgipfel im August 2017 gab es Kritik an den beschlossenen Maßnahmen. Ein halbes Jahr später zeigt sich: nicht zu unrecht.

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Von Holger Holzer/SP-X

Der Dieselgipfel im August ist nun ein halbes Jahr her; viel passiert ist seitdem nicht. Vor allem beim Mobilitätsfonds für Kommunen hakt es. Profitiert haben von den Ergebnissen des Treffens von Politik und Wirtschaft bislang vor allem die Autohersteller.

Drei große Maßnahmenbündel waren Anfang August 2017 vom Nationalen Forum Diesel beschlossen worden: Software-Updates für über fünf Millionen Dieselautos, Umtauschprämien für alte, besonders schmutzige Fahrzeuge und ein Hilfsfond für Kommunen, mit denen Städte bei der Luftreinhaltung unterstützt werden sollen, etwa mit Beihilfen zur Umrüstung alter Diesel-Busse, Maßnahmen zur effizienteren Verkehrslenkung oder zur Förderung des Radverkehrs. Zunächst war ein Budget von 500 Millionen Euro angekündigt, im Herbst wurde die Summe auf eine Milliarde Euro aufgestockt.

Das Problem beim sogenannten "Sofortprogramm für bessere Luftqualität in Städten": Von "sofort" kann keine Rede sein. "Zu unserem Bedauern stehen Teile der auf den Dieselgipfeln zugesagten Finanzmittel derzeit immer noch nicht zur Verfügung", kritisiert Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. "Der Bedarf in den Kommunen ist groß, die zugesagte Fördersumme ist mit Blick auf die vor Ort notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein."

Abwarten statt handeln

Besonders ärgerlich aus Sicht der Kommunen: Wer jetzt trotzdem Projekte zur Luftverbesserung anschiebt, geht in Zukunft leer aus. Denn einen sogenannten "förderunschädlichen Maßnahmenbeginn" hat die Regierung nicht ermöglicht. "Es werden also diejenigen Städte und Gemeinden bestraft, die sich frühzeitig aktiv bemühen", so Landsberg. In der Folge warten die meisten Gemeinden erst einmal ab.

Die bislang bewilligten Fördergelder sind entsprechend gering: So hat das Verkehrsministerium beispielsweise 1,8 Millionen Euro für die Entwicklung datenbasierter Innovationen im Verkehr frei gegeben, weitere zwölf Millionen wurden an 60 Kommunen verteilt, die Konzepte für den automatisierten und vernetzten Mobilität entwickeln wollen. Eine unmittelbare Wirksamkeit bei der Luftverbesserung ist in beiden Fällen eher nicht zu erwarten. Dazu kommen Gelder aus teilweise aufgestockten Elektromobilitäts-Fördertöpfen, die aber schon vor dem Dieselgipfel bestanden. Seit 2015 sind dort bisher knapp 130 Millionen Euro bewilligt worden, etwa für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zu einem guten Teil der Fördermaßnahmen kann die Bundesregierung jedoch gar keine Angaben machen, da es sich um Teilaspekte größerer Projekte handelt, etwa Forschungsvorhaben zu energieeffizienten Städten, in denen der Verkehr nur ein Punkt unter vielen ist. Insgesamt ist die Bandbreite an geförderten Projekten so groß, dass sie fast wahllos wirkt. Sogar ein Projekt zur Förderung des Flüssiggasantriebs in der See-Schifffahrt zählt dazu.

Ähnlich unübersichtlich ist die Lage beim Versuch, alte Diesel-Stinker von der Straße zu holen. Direkt nach Abschluss des Treffens hatten zunächst die deutschen Hersteller eigenfinanzierte Abwrack-Aktionen aufgelegt, bei denen Neuwagenkäufern bei Verschrottung ihres alten Diesels großzügige Rabatte eingeräumt wurden. Kurz darauf folgten nahezu alle Importmarken mit ähnlichen Verkaufsförderungen. Wie viele Fahrzeuge im Zuge dieser Programme bisher aus dem Verkehr gezogen wurden, ist schwer zu sagen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) veröffentlicht die 2017er-Zahlen zur Außerbetriebssetzung von Pkw, die zumindest einen Hinweis gehen könnten, erst im März. "Was wir wissen, ist, dass bei Ford und im VW-Konzern die Verschrottungsprämien von den Kunden sehr gut angenommen wurden", sagt Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. So konnte Ford die Zahl seiner Neuzulassungen im Dezember um 7,5 Prozent steigern, die Marke VW sogar um 8,9 Prozent. Diese Werte liegen sowohl sehr deutlich über der Entwicklung des Gesamtmarkts als auch über dem Jahresschnitt beider Marken. Ein Erfolg, auch weil zahlreiche Kunden angesprochen wurden, die sich ansonsten allenfalls einen älteren Gebrauchten gekauft hätten. Viele der unter den diversen Rabattaktionen erworbenen Fahrzeuge kamen und kommen aufgrund der mehrwöchigen Lieferzeiten auch noch 2018 auf den Markt.

Umrüstungen ziehen sich in die Länge

Wenig Handfestes gibt es bislang auch von der Umrüstung von Diesel-Pkw mit zu hohem NOx-Ausstoß. Rund 5,3 Millionen Autos sollten in Deutschland zur Nachbesserung, 2,5 Millionen davon entfielen aber auf die schon ab 2016 zurückgerufenen Skandal-Modelle von VW. Zumindest diese sind mittlerweile größtenteils in Ordnung gebracht worden. Wie es mit den 2,8 Millionen anderen betroffenen Modellen aussieht, ist unklar. Laut Bundesregierung wird die Möglichkeit zur Nachrüstung dort aktuell noch geprüft, begonnen wurde mit der Umrüstung noch nicht. Außer den Erkenntnissen zur Machbarkeit liegen auch Einschätzungen über das mögliche Maß der Emissions-Senkung noch nicht vor. Die Industrie hatte auf dem Dieselgipfel mit 25 bis 30 Prozent geworben. Abgeschlossen sein sollten die Nachrüstungen nach damaliger Aussage spätestens Ende 2018.

Immerhin ist die Luftqualität 2017 in Deutschland erst einmal besser geworden. "Die Stickstoffdioxid-Belastung ist zurückgegangen. Nicht in dem Maße, wie es erforderlich ist, aber doch um einige Mikrogramm", so Marion Wichmann-Fiebig, Abteilungsleiterin "Luft" im Umweltbundesamt (UBA). Dass die Maßnahmen des Dieselgipfels viel dazu beigetragen haben, ist allerdings zweifelhaft. "Nach unserer Einschätzung haben die Maßnahmen im Jahre 2017 einen Null-Effekt gehabt und auch 2018 wird der Erfolg sehr überschaubar sein. Da sollten die Menschen in den Großstädten mit hoher NOx-Belastung wirklich nicht ihre Hoffnung dran hängen", zieht Autoexperte Dudenhöffer Bilanz.

In den nächsten Monaten wird sich auch zeigen, wie die Gerichte die Bemühungen des Nationalen Forums Diesel bewerten. Am 22. Februar etwa entscheidet das Bundesverwaltungsgericht, ob Fahrverbote auf Grundlage des geltenden Rechts in Deutschland generell möglich sind. Auch wenn das Urteil auf Basis eines Rechtsstreits zwischen dem Land NRW und der Deutschen Umwelthilfe erfolgt, gilt es als wegweisend für die gesamte Bundesrepublik. Danach soll dann der ursprünglich für den November angesetzte zweite Dieselgipfel von Industrie und Politik stattfinden.

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