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Diesel-Nachrüstung: "Software-Update ist sinnvoll und zielführend"

04.08.2017 10:30 Uhr
Pascal Mast TÜV SÜD
Pascal Mast, Leiter Abgaslabor-Netzwerk TÜV Süd
© Foto: TÜV SÜD

Kommentatoren sind unterschiedlicher Meinung, ob Software-Updates tatsächlich die erwünschten Stickoxid-Einsparungen erreichen, um Fahrverbote zu vermeiden. Pascal Mast vom TÜV Süd ist optimistisch.

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Die Autoindustrie und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt setzen auf Software-Updates, um Dieselabgase zu vermindern und Fahrverbote zu verhindern. Auch Pascal Mast, Leiter Abgaslabor-Netzwerk bei TÜV Süd, hält eine solche Maßnahme für "eine sinnvolle und zielführende Lösung, sofern die Hardware des Autos dazu passt". "Natürlich lassen sich durch ein Software-Update keine pauschalen Ergebnisse im Sinne von 'alle Euro-5-Diesel haben 30 Prozent weniger Stickoxid-Ausstoß' erzielen. Hier wird sich die Spreu vom Weizen trennen", so der Experte.

Mast geht davon aus, dass eine anvisierte Reduzierung um 25 bis 30 Prozent zwar erzielbar ist, aber dass dies nicht jeder Autohersteller schafft. "Dafür gibt es zu viele Einflussfaktoren. Der Erfolg ist vom individuellen Motorkonzept abhängig. Für die einen werden die Herausforderungen massiv oder sogar nicht umsetzbar sein, beim Großteil der auf dem Markt befindlichen Systeme kann man jedoch eine Verbesserung erzielen," so Mast.

Technisch gesehen steuert die Software die Abgasreinigung in mehreren Stufen. Darunter fällt auch die innermotorische Reinigung, bei der weniger Rohgasemissionen entstehen sollen. Die zweite Stufe ist die Abgasnachbehandlung, die unter anderem Einspritzmengen von "AdBlue" regelt. "Das lässt sich durch eine intelligente Software optimieren", so der TÜV-Profi.

Besser beide Methoden kombinieren

"Nicht alle Euro-5-Diesel bringen die hardwareseitigen Voraussetzungen gleichermaßen mit. Es gibt zum Beispiel Euro-5-Fahrzeuge mit SCR-Katalysator, was schon der Grundtechnik von Euro 6 entspricht. Wenn ich hier die Regelstrategie der Abgasrückführung optimiere und mit der 'Adblue'-Dosierung spiele, sehe ich viel Potenzial." Ohne SCR-Katalysator werde das deutlich schwieriger, so Mast. "Es ist aber nicht unmöglich, beispielweise lässt sich die Abgasrückführung erhöhen. Die Autohersteller setzten hier auch unterschiedliche Lösungen wie Nieder- und Hochdruck-Abgasrückführungssysteme ein. Wer beide Systeme einsetzt, dem fällt es leichter, hier etwas zu verbessern."

Warum die Autohersteller nicht schon früher die Stickoxid-Emissionen reduziert haben, erklärt Mast folgendermaßen: "Die neuen Erkenntnisse, die man aus der Pilotphase der Abgasmessung 'Real Driving Emissions (RDE)' gewonnen hat, fließen nun auch in die alten Systeme ein. Diese Erkenntnisse können übertragen werden, deswegen kann man hier Verbesserungen erzielen. Das stand vor einigen Jahren nicht im Fokus."

Aber der Abgasrückführung sind auch Grenzen gesetzt, Schäden können nicht ausgeschlossen werden. "Eine höhere Abgasrückführung reduziert zwar die Stickoxid-Emissionen, muss aber mit abnehmender Umgebungstemperatur und auch im Kurzstreckeneinsatz zurückgenommen werden, da sonst Schäden drohen können. Die Abgasrückführungsrate kann nicht beliebig gesteigert werden. Sonst versottet das System, es entsteht eine Verrußung", erklärt Mast.

ICCT ist skeptisch

Neue Diesel werden nach Einschätzung von Verkehrsexperte Peter Mock auf der Straße auch mit Software-Update die Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide um ein Vielfaches überschreiten. Laut Umweltbundesamt stoßen Euro-6-Diesel mit 507 Milligramm auf der Straße mehr als sechsmal so viel NOx pro Kilometer aus, wie auf dem Prüfstand im Labor erlaubt ist - nämlich 80 Milligramm. "Wenn man nun annimmt, dass das Software-Update tatsächlich bei allen Fahrzeugen 30 Prozent bringen würde, dann wären wir bei 355 Milligramm pro Kilometer", sagte Mock der Deutschen Presse-Agentur nach dem Dieselgipfel. "Das ist immer noch mehr als viermal so hoch wie das gesetzliche Euro-6-Limit."

Der Experte vom Forscherverbund ICCT, der die Diesel-Affäre bei VW mit ins Rollen brachte, bezweifelt, dass sich alleine mit den Updates für neue Autos Fahrverbote wegen zu hoher Stickoxid-Werte in der Luft vermeiden lassen. An die Bauteile älterer Autos selbst ran zu gehen, wie viele Umwelt- und Verbraucherschützer fordern, sei "auf jeden Fall sehr aufwendig und deutlich teurer" - und bei einigen Modellen "schlicht nicht möglich". Wo sie gelänge, sei diese Nachrüstung aber recht effektiv, sagte Mock. "Diese Fahrzeuge sind dann nahezu so sauber wie die neueste Generation an Dieselmotoren."

Über fünf Millionen Fahrzeuge

Einschließlich der von Volkswagen in den vergangenen Monaten bereits verbesserten 2,5 Millionen Diesel-Pkw sollen in Deutschland mehr als fünf Millionen Fahrzeuge auf ein deutlich besseres Emissionsniveau gebracht werden. Die Nachrüstung wird unmittelbar nach Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) auf Basis der erreichbaren Pkw von den Unternehmen BMW, Daimler, Opel und Volkswagen durchgeführt.

Daimler hatte bereits vor zwei Wochen die Ausweitung seiner laufenden Servicemaßnahmen beschlossen. So sollen die NOx-Emissionen von mehr als drei Millionen Fahrzeugen in Europa, davon rund eine Millionen Fahrzeuge auf deutschen Straßen, sinken. "Für die Maßnahmen nutzen die Ingenieure unter anderem aktuelle Erkenntnisse aus der Entwicklung der neuen Dieselmotorenfamilie sowie Erfahrungen aus dem Feld. Das Unternehmen investiert einen Betrag von rund 220 Millionen Euro", teilten die Stuttgarter mit.

Das freiwillige Software-Upgrade von BMW betrifft Dieselmodelle der Abgasnorm Euro 5. Voraussichtlich handelt es sich um ca. 300.000 Dieselmodelle, deren Kunden ein kostenloses Software-Upgrade erhalten werden. Dieses nutze die Felderfahrung der Fahrzeuge aus dem Zeitraum 2010 bis 2015 und lasse jetzt in vielen Bereichen des Motorkennfelds eine nochmals höhere Rate der Abgasrückführung zu, hieß es aus München. "Entsprechend der Festlegungen in der Expertengruppe muss die Software modellspezifisch noch im Detail zu entwickelt, erprobt und validiert werden." Für das Aufspielen der Software kalkuliert BMW einen kurzen Werkstattaufenthalt von etwa einer Stunde. Bei den Kosten rechnet man mit einem zweistelligen Millionenbetrag.

Der Volkswagen-Konzern will in Deutschland bei insgesamt rund vier Millionen Euro 5- und teilweise Euro-6-Dieselfahrzeugen ein Software-Update durchführen. Darin enthalten sind auch die rund 2,5 Millionen Fahrzeuge, die sich bereits im Rückruf befinden und schon zu mehr als 70 Prozent umgerüstet sind.

Opel will noch keine Einzelheiten preisgeben. Man begrüße das Treffen und werde einen Beitrag zu Verbesserungen des Emissionsverhaltens der Fahrzeuge im realen Straßenverkehr leisten, teilten die Rüsselsheimer auf Anfrage mit. "Wir werden zudem in den Arbeitsgruppen im Nachgang des Gipfels mitwirken und unsere Erfahrung bei der Verbesserung der Abgasreinigungssysteme einbringen. Wir gehören zu den ersten Herstellern, die freiwillige Maßnahmen initiiert haben, welche schon vor Monaten gestartet wurden." (aj/tm/se/dpa)

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KOMMENTARE


Eckart Ramthun

04.08.2017 - 21:18 Uhr

Die Firma Twintec hat eine Nachrüstlösung für Euro 4 und Euro 5 entwickelt, mit der der Euro 6 Grenzwert sogar auf der Straße eingehalten wird. Obwohl die Lösung 100%tig funktioniert, geben die Behörden keine Freigabe bzw. Genehmigung zum nachträglichen Einbau. Geschieht die Verweigerung in Absprache mit der Automobilindustrie? Kommt hier der nächste unglaubliche Skandal?


Dieter Buschhorn

05.08.2017 - 10:10 Uhr

Wie dem Tenor zu entnehmen ist bringen nämlich ein Update so gut wie nichts. Das Risiko AGR und darum geht es beim Update kann man nicht weg diskutieren. Folgeschäden sind programmiert und wer haftet?.Warum verpflichtet man die Hersteller bei Euro 5 und 6 nicht zu Nachbesserungen bei der Hardware durch Einbau eines SCR Kat. Kunden haben einen sauberen Diesel ( laut Hersteller ) gekauft, hohe Preise gezahlt und wurden reihenweise betrogen. Die anfallenden Kosten von ca. 18 Milliarden Euro kann die Autoindustrie locker verkraften. Man muss nur sehen das 2016 über 30 Milliarden Gewinn erzielt wurden und sich die Zahlen im ersten Halbjahr 2017 ansehen.


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