Das politische Ziel für mehr per Steckdose ladbare Elektroautos hierzulande ist womöglich nur noch Träumerei. "Das Kanzlerwort von einer Million Elektroautos im Jahre 2020 ist definitiv nicht erreichbar. Wenn man es trotzdem behauptet, sagt man bewusst die Unwahrheit", sagte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen am Dienstag zu einer bis 2011 zurückreichenden Marktanalyse. Mitte Juni (15./16.) will die Bundesregierung in Berlin ihre jüngsten Erwartungen zu dem Thema präsentieren.
Laut Dudenhöffer schwächelt sowohl der Neuverkauf rein elektrischer Batterie-Fahrzeuge als auch sogenannter Plug-In-Hybride, die normale Verbrenner mit Elektro-Antrieben verbinden, deren Batterien sich per Steckdose aufladen lassen. "Der Markthochlauf der Plug-In-Hybride stockt auf niedrigem Niveau. Es zeichnet sich die gleiche Entwicklung ab wie bei den rein batterie-elektrischen Autos" sagte Dudenhöffer.
Laut Kraftfahrtbundesamt stagnierte der Anteil alternativer Antriebe am Pkw-Bestand 2014 im Vergleich zum Vorjahr bei 1,6 Prozent. Jedoch stellt darunter Flüssiggas mit knapp 500.000 Wagen nach wie vor den mit Abstand größten Anteil. Auch wenn Hybride mit 107 754 Einheiten im gesamten Bestand und Elektroantriebe mit 18.948 Fahrzeugen zuletzt auf sehr niedrigen Niveau kräftig zulegten, bleiben sie angesichts der rund 62,4 Millionen Wagen im gesamten Fahrzeugbestand praktisch unsichtbar - und liegen Längen entfernt vom Millionen-Ziel. Anfang 2015 betrug ihr Anteil 0,2 Prozent. Laut Vorhaben der Politik müssten es bis 2020 auf heutiger Bestandsbasis aber achtmal so viel werden.
Viele Modelle, wenig Interesse
Doch laut Dudenhöffer verlieren steckdosentaugliche Fahrzeuge zuletzt sogar - obwohl die Angebotspalette hierzulande mit 43 E-Modellen und 72 Hybriden aktuell so groß wie nie sei. Während der Pkw-Gesamtmarkt im April im Vergleich zum Vormonat saisonüblich zehn Prozent verlor, büßten reine E-Autos 23 Prozent ein und Plug-In-Hybride 21 Prozent. Auch der längere Zeitraum Januar bis Ende April zeige das Problem: Nach 0,32 Prozent Anteil an den Pkw-Neuzulassungen im Frühling 2014 kletterte der Anteil diesen Frühling gerade einmal auf 0,59 Prozent, obwohl zusätzliche Modelle, auch von deutschen Autobauern, dazukamen.
Das CAR-Institut ist mit seiner Mahnung nicht alleine. Auch weitere Branchenexperten halten das Millionen-Ziel ohne Kaufsubventionen für unrealistisch. Das Fraunhofer-Institut sieht Markthochlaufszenarien der E-Autos bis 2020 wegen vieler Unsicherheiten eher bei 150 000 bis maximal gut einer Million. Der Chef des Autozulieferers Continental, Elmar Degenhart, hält das Millionenziel für "kaum mehr realistisch".
Mehrheit deutscher E-Auto-Nutzer wohnt in Kleinstädten
Ein Großteil der Elektroauto-Fahrer in Deutschland lebt einer Studie zufolge in der Kleinstadt oder auf dem Land. Mehr als die Hälfte der privaten Nutzer von E-Autos wohnt in Gemeinden von weniger als 20.000 Einwohnern - so das Ergebnis einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nur etwa jeder Fünfte der Befragten lebt in einer größeren Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern.
Bislang werden reinen E-Autos vor allem in Städten Chancen eingeräumt, weil die Reichweite rein batteriebetriebener Autos nur für kurze Strecken ausreicht und dort öffentliche Ladestationen eingerichtet werden.
Doch die Mehrzahl der E-Auto-Nutzer ist darauf überhaupt nicht angewiesen. Mehr als die Hälfte gab an, in einem frei stehenden Einfamilienhaus zu wohnen. 92 Prozent der privaten Nutzer hatten so eine Lademöglichkeit auf dem eigenen Grundstück. Etwa ein Drittel (36 Prozent) der Befragten nutzt zusätzliche Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz. Für 80 Prozent der Befragten ist das E-Auto allerdings nur der Zweitwagen. Der durchschnittliche private E-Auto-Fahrer ist der Studie zufolge männlich, gebildet und 51 Jahre alt. (dpa)
Rüdiger Hutzler
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