Elektroauto-Restwerte: Wettlauf zwischen Angebot und Nachfrage

Exakt 36.062 reine Elektroautos wurden im Jahr 2018 in Deutschland neu zugelassen. Das entspricht einem Plus von knapp 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in welchem das KBA insgesamt 25.056 Fahrzeuge zählte. Angesichts der Gesamtzahl von 3,44 Millionen Neuwagen ist der Anteil der Stromer trotz der Zuwächse mit rund einem Prozent allerdings noch immer äußerst gering. Dennoch wird der Verkauf von Elektroautos in den deutschen Autohäusern damit allmählich vom exotischen Ausnahmefall zum Alltagsgeschäft. Dafür sorgt schon die immer breitere Modellpalette, mit der die Hersteller einerseits auf das gestiegene Kundeninteresse reagieren und andererseits versuchen, ihre Flottenemissionsziele zu erreichen. Mit der zunehmenden Etablierung des Neuwagenmarktes pendelt sich nun auch ein Gebrauchtwagenmarkt ein. Niedrige Volumen, konstante Preise Der ist aufgrund der niedrigen Fahrzeug-Volumen nach wie vor sehr begrenzt und war von Anfang an von weitgehend konstanten Preisen gekennzeichnet. Diese lagen und liegen spürbar über denen von vergleichbaren Verbrennern. Dass auch die ersten E-Autos trotz Nachteilen wie der geringen Reichweite oder dem umständlichen Ladeverfahren bislang immer auf Nachfrage stießen, liegt an der Käuferstruktur: "Die Fahrzeuge haben stets Abnehmer im Kreis der aus Überzeugung kaufenden Nutzer gefunden und so zu den stabilen Preisen geführt", sagt Andreas Geilenbrügge, Head of Valuations & Insights bei Schwacke. Aufgrund der hohen Listenpreise erzielen Fahrzeuge der ersten Generationen allerdings vergleichsweise geringe prozentuale Restwerte. Mit den nachfolgenden Generationen und neuen Modellen ändert sich das seit einiger Zeit. Dank der Fortschritte in der Batterietechnik sind die Listenpreise konstant im leichten Sinkflug. Die Wiederverkaufswerte der E-Autos haben diese Entwicklung jedoch nicht im selben Maß mitgemacht, was den prozentualen Wiederverkaufswerten einen positiven Impuls gab. "Aus Sicht der Restwerte ist das Elektrofahrzeug mittlerweile in der Konkurrenz mit den Verbrennern angekommen", sagt Martin Weiss, Leiter der Fahrzeugbewertung bei DAT. E-Auto-Kosten konkurrenzfähig Daneben führt der Technologiesprung in der Batterietechnik zu erheblich besseren Reichweiten, was die Fahrzeuge für einen breiteren Kundenkreis attraktiv macht. Das wiederum stärkt die Nachfrage und hält so die Preise trotz wachsender Volumen weiterhin stabil. "Die Fahrzeuge werden durch steigende Reichweite immer alltagstauglicher, und auch die Preise werden akzeptabler", sagt Weiss. Beziehe man Betriebskosten wie etwa den Preisvorteil von Strom gegenüber Benzin, die niedrigeren Wartungskosten sowie steuerliche Vorteile in die Kostenrechnung mit ein, liegen gebrauchte Stromer auch in absoluten Zahlen fast gleichauf mit vergleichbaren Verbrennern. Die wachsende Zahl neuer Modelle bringt jedoch auch Risiken mit sich, weil dadurch deren Vorgänger mit einer geringeren Reichweite unattraktiv scheinen. Bietet ein Hersteller bei einem Modell eine neue Variante mit höherer Batteriekapazität an, entscheidet sich laut DAT die Mehrheit der Neuwagenkäufer für die Konfiguration mit mehr Reichweite. "Dieser Trend spiegelt sich am GW-Markt wider: Je älter ein E-Auto ist, desto schwerer fällt es den Händlern, das Fahrzeug zu verkaufen", konstatiert Weiss. Diesen Lebenszykluseffekt gibt es zwar auch bei Verbrennern, dort sind die Intervalle aber merklich länger. Dass die älteren E-Autos auf den Höfen der Händler im Moment meist nicht zu Dauerparkern werden, liege an der stabilen Nachfrage, die den Effekt derzeit überlagert, erklärt Geilenbrügge. Großen Einfluss auf die derzeitigen Wiederverkaufswerte von Elektroautos hat auch das Image der Marke. Das belegt unter anderem die Restwertentwicklung von gebrauchten Tesla. Diese erzielen von Beginn an überdurchschnittlich hohe prozentuale Restwerte. "Tesla nahm und nimmt aufgrund des exklusiven Segmentes, des Innovations- und Marken-Bonus, der Preispolitik und der zentrierten Wiedervermarktung eine Sonderstellung ein", sagt Geilenbrügge. Es werde aber schwierig, diese mit wachsenden Volumina und Wettbewerb auf Dauer zu halten. "Spaß-Bonus" für Tesla und BMW Einen Restwertvorteil aufgrund des Pionier-Images wie bei Tesla beobachtet DAT auch bei BMW. Neben diesem verzeichnen die beiden Marken aufgrund ihrer jeweils recht leistungsstarken Modelle eine Art "Spaß-Bonus". "Wir beobachten bei Autos, die hohen Fahrspaß vermitteln, eine höhere Zahlungsbereitschaft als bei reinen Vernunft-E-Autos. Das macht sie nachweislich wertstabiler", erklärt Weiss. Wie sich die Restwerte von Elektroautos in Zukunft entwickeln werden, ist derzeit noch nicht mit absoluter Sicherheit vorherzusehen. Schwacke erwartet bis 2025 einen "Wettlauf" zwischen stark wachsendem Angebot und Nachfrage. Wer ihn "gewinnt", hänge davon ab, wie einfach Hersteller und Politik potenziellen Kunden den Umstieg auf Elektroautos machen und damit Nachfrage generieren. Entscheidend dafür ist das Ladenetz. "Bei einem Verbrenner überlegen die wenigsten, wie viel Kilometer Reichweite sie noch haben, weil jeder weiß, dass immer eine Tankstelle in der Nähe ist. Da müssen wir elektrisch hinkommen, wenn wir Kunden überzeugen wollen", sagt Geilenbrügge. Die Batteriekapazität stelle hingegen in Zukunft kein großes Problem mehr dar, da hier mit rund 400 Kilometern schon jetzt ein praxistaugliches Plateau in Sicht komme. Modelle mit unterdurchschnittlicher Reichweite werden dagegen in Zukunft noch stärker unter Druck geraten als jetzt, erwartet der Experte. Ein potenzielles Nachfragehemmnis ist auch die noch immer nicht eindeutig geklärte Frage, wie lange die Batterie hält, bevor ein kostspieliger Tausch nötig ist. "Die Batterie ist für Käufer der größte Risikofaktor. Hier müssen die Hersteller zum Beispiel mit langen Garantien oder dem Tausch einzelner Batteriesegmente langfristig Vertrauen schaffen", sagt Weiss. Mittelfristig sieht er zudem ein Restwert-Risiko durch die neuen Regeln zum Dienstwagenprivileg. Dank dieser müssen Fahrer von Elektro-Dienstwagen seit erstem Januar für die private Nutzung statt einem nur noch 0,5 Prozent des Listenpreises pro Monat versteuern. Gebrauchtwagenkäufer können aktuell auf einen solchen Bonus nicht zurückgreifen. "Das birgt die Gefahr einer E-Auto Schwemme, für die es auf dem GW-Markt dann möglicherweise nicht genügend Nachfrage gibt", warnt Weiss. In dieser Frage sind sich die Experten jedoch noch uneinig. Andreas Geilenbrügge etwa sieht dieses Risiko derzeit nicht. So habe es weder einen Neuzulassungsaufschub zum Jahresende noch einen Nachfrageschub seit Jahresbeginn gegeben. Das lasse vermuten, "dass die Besteuerung allein keinen signifikanten Schub auslösen wird", so Geilenbrügge. Allerdings räume die Regelung Hemmnisse aus dem Weg und sei somit förderlich für die Gesamtentwicklung.

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