Ausgabe 10/2007: Verkaufsraum im Netz

GW-Verkauf / Um 600 Gebrauchte im Jahr zu verkaufen benötigt Michael Strober keinen Glaspalast: ein großes Grundstück und das Internet als Schauraum genügenVerkaufsraum im NetzVon Sabine TilpEin modernes Autohaus mit Glasfassade hat Michael Strober nicht. In Sichtweite zum Berliner Hauptbahnhof betreibt er mit seinem Bruder und zwei weiteren Mitarbeitern (Mechaniker und Aufbereiter) seinen Gebrauchtwagenhandel auf einem Pachtgrundstück unmittelbar am ehemaligen Mauerstreifen – den mittlerweile touristisch wertvollen Blick "hinten raus" auf ein noch erhaltenes Mauerstück inklusive. Michael Strober ist sich im Klaren darüber, dass der Standort nichts für die Ewigkeit ist – der Bereich gehört zum Entwicklungsgebiet nördlich des Lehrter Viertels. Für Strober, der die Lage an der sehr verkehrsreichen Heidestraße durchaus schätzt, offenbar kein Problem: "Wenn es so weit ist, muss ich mich eben nach einem anderen Standort umsehen – wie ein Zirkus, der weiterzieht." Unkonventioneller AnsatzÄhnlich unkonventionell und so gar nicht hochglanzkompatibel ist auch seine Werkstatt, die er hauptsächlich nutzt, um Fahrzeuge technisch aufzubereiten: Alles in "transportabler" Leichtbauweise mit mobiler Hebebühne, optisch aufbereitet werden die Fahrzeuge unter einer Überdachung. Sein Geschäft versteht Michael Strober aber offenbar: Der gebürtige Bayer, dessen Vater auch Autohändler war, betrieb vor 1989 in Berlin einen Mietservice für Luxusfahrzeuge. Im Zuge der Wende 1989 bekam er von seinem Vater den Impuls, mit Fahrzeugen zu handeln. Heute verkauft er rund 600 Automobile im Jahr, hauptsächlich Fahrzeuge zwischen zwei und fünf Jahren, Leasing- und Finanzierungsrückläufer und Insolvenzen. "Grundsätzlich kaufen und verkaufen wir aber alles", erklärt Strober, "von einem Jahr bis uralt. Entscheidend ist immer, dass der Preis passt." Kundenmagnet InternetDer Fahrzeugpreis ist generell für Strober entscheidend. Als das Internet noch kein Thema war, hat er Woche für Woche die Fahrzeug-Anzeigenmärkte von bis zu zehn großen Zeitungen zur Preisfindung ausgewertet, um Fahrzeuge gezielt anzukaufen. Heute ist das einfacher – mit wenigen Mausklicks kann er in den Fahrzeugbörsen im Internet einen genauen Überblick über aktuelle Fahrzeugpreise und regionale Unterschiede erhalten. "Die Preise verändern sich ständig – innerhalb kurzer Zeit kann ich so feststellen, wie der Markt reagiert, ob meine Preise marktgerecht sind oder ob ich sie korrigieren muss", so Strober. Das Korrigieren bedeutet für ihn aber nicht nur zwingend eine Korrektur nach unten – auch wenn bestimmte Fahrzeuge besonders gefragt sind, äußert sich das im Preis. Generell ist das Internet für Strober, der sich seit 2000 aktiv damit befasst, nicht mehr wegzudenken – rund 85 Prozent seiner Kunden kommen über das Internet zu ihm, die restlichen 15 Prozent sind Laufkundschaft, Altkunden und regionale Händler. "Ich frage die Interessenten und Kunden, wie sie auf uns gekommen sind – mehr als drei Viertel der Internet-Kunden kommen über mobile.de zu uns", sagt Strober, der seine Fahrzeuge darüber hinaus auch bei autoscout24 und webmobil24 präsentiert. "Mobile.de ist für mich in Sachen Internet-Geschäft aber der absolute Maßstab."Fingerspitzengefühl gefragtInternetverkaufen ist nicht jedermanns Sache, sagt Michael Strober, das will gelernt sein. "Man muss viele Aspekte berücksichtigen, damit die eigenen Fahrzeuge vom potenziellen Interessenten auch gefunden werden. Budgetgrenzen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle, die man bei der Preisbildung unbedingt beachten muss. Ebenso muss man das Klickverhalten der Interessenten berücksichtigen." Das Auffinden der hier eingegebenen Fahrzeuge sei allerdings durch die aus Kundensicht durchaus positive Möglichkeit der detaillierten Ausstattungssuche zunehmend schwieriger, ebenso führe die mittlerweile zwingend vorgeschriebene Eingabe des Kilometerstandes dazu, dass Fahrzeuge, obwohl sie nicht weit vom Suchwunsch des Interessenten entfernt sind, durch die Ein- oder Ausgrenzung von Kilometervorgaben nicht angezeigt werden. Schneller onlineFrüher hat Michael Strober monatlich zwischen 16.000 und 20.000 Mark monatliche Kosten für Inserate in Tageszeitungen und in der "Zweiten Hand" gehabt. Gerechnet habe es sich trotzdem. Nachteil der Printanzeigen sei neben der verkürzten Darstellung des Fahrzeuges immer wieder gewesen, dass oft Fahrzeuge bis zum Erscheinungstermin schon verkauft waren – und natürlich auch eine gewisse regionale Beschränkung. Durch das Internet habe sich das völlig geändert: "Ich kann Fahrzeuge und meine Serviceangebote wie z.B. Finanzierung oder Überführungskennzeichen detailliert beschreiben, Bilder hinterlegen, ich kann Fahrzeugangebote sofort aktualisieren oder herausnehmen, wenn sie verkauft sind – und ich kann ganz andere Kunden erreichen. Nicht nur über die Berliner Stadtgrenzen hinaus, sondern auch im Ausland." Internationale KundenAuf zwischen 20 und 25 Prozent schätzt Strober den Anteil der ausländischen Käufer – hier macht sich die Nähe zum Hauptbahnhof ebenso bezahlt wie die kurze Entfernung zum Flughafen Berlin-Tegel. "Wir verkaufen Fahrzeuge sowohl nach Osteuropa als auch nach Finnland, Schweden, Griechenland, Spanien, Italien und in den arabischen Raum." Auch aus Wladiwostock oder von den Bahamas habe es schon Anfragen für seine im Internet angebotenen Fahrzeuge gegeben. Der Verkauf ins Ausland sei allerdings auch abhängig von gesetzlichen Bestimmungen in den Zielländern, speziell in Osteuropa gäbe es ständige Veränderungen, deshalb laufe gerade in diesem Bereich der Verkauf eher schubweise. Auch der Anteil des Verkaufs an Wiederverkäufer schwankt – aktuell liegt er bei etwa 20 Prozent, oft aber auch bei rund einem Drittel. Etwa 130 Fahrzeuge hat Michael Strober durchschnittlich im Bestand, die Einkaufsfinanzierung läuft über die Santander-Bank. Die Standzeiten, so erklärt er, sind im Zeitverlauf betrachtet länger geworden, aktuell liegt er bei rund drei Monaten. Besser ehrlichNeben Auslands- und Wiederverkäufer-Geschäft gibt es aber auch "ganz normale" Kunden, vom leitende Angestellten bis zum Hartz IV-Empfänger. Ein Großteil des Verkaufes findet dabei am Telefon statt, nachdem der Kontakt über das Internet zustande gekommen ist. Wichtig dafür, dass das ohne negative Überraschungen funktioniert, sei, dass die Fahrzeuge im Internet ausführlich und ehrlich beschrieben und bebildert sind, dazu gehören auch optische Mängel und Schäden. Entscheidend sei auch, so Strober, dass sich der Kunde bewusst sein muss, dass er ein gebrauchtes Fahrzeug und keinen Neuwagen kauft. "Als Händler halte ich mich an die gesetzlichen Vorschriften, darüber hinaus werden kleinere Sachen auch unbürokratisch aus der Welt geschafft, denn schließlich soll der Kunde zufrieden sein. Aber ich übernehme mit dem Verkauf natürlich keine Patenschaft für ein Fahrzeug!"

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