Von Doris Plate/AUTOHAUS
Zum vierten Mal hat der Volkswagen und Audi Partnerverband (VAPV) die VW-/Audi Partner am Donnerstag nach Hannover geladen, nunmehr um über den Endstand der Verhandlungen über die Händlerverträge zu informieren und Fragen zu beantworten. Wobei Endstand noch immer nicht ganz das richtige Wort ist. Zwar haben VAPV und die Hersteller Volkswagen und Audi vollmundig die Einigung auf die neuen Verträge verkündet. Manche Themen sind aber noch nicht "ausverhandelt".
"Es gibt Konzepte wie etwa die Rücknahmemodalitäten von Elektrofahrzeugen oder Batterien, die einfach heute noch nicht abzusehen sind. Da brauchen wir Flexibilität, sonst können wir nicht auf Änderungen im Marktgefüge reagieren", räumte VAPV-Präsident Dirk Weddigen von Knapp ein. Hier komme der Artikel 27 mit der so genannten "Positivliste" ins Spiel. Darin wird festgelegt, dass der Verband bei bestimmten Themen eingebunden werden muss – mal in Form von Beratung, mal muss der VAPV explizit zustimmen.
Die auch ohne die noch fehlenden Regelungen schon sehr umfangreichen Vertragswerke – allein bei VW wiegen sie 760 Gramm – wurden den Partnerbetrieben bisher bei Audi nur online zur Verfügung gestellt, die Volkswagen-Verträge wurden vor circa einer Woche per E-Mail übersandt. Viele Händler konnten das Regelungen deshalb bisher nur überfliegen und fühlen sich nicht in der Lage, die neuen Verträge so zu unterschreiben. Sie wollen auch wegen der teilweise noch nicht vorliegenden Richtlinien eine Verlängerung der Rücksendefrist, denn diese Richtlinien seien "ertragsrelevant". Deswegen sei das Vertragswerk derzeit "hoch spekulativ", sozusagen die "Katze im Sack", war zu hören. Ursprünglich sollten die Verträge bis Ende August verschickt und bis 30. November 2018 unterschrieben zurückgeschickt werden. Sie sollen am 1. April 2020 in Kraft treten.
Bedrückte Stimmung
Das, was bisher schon bekannt wurde, sorgte in Hannover aber für bedrückte Stimmung. "Es überschreitet für viele die Schmerzgrenze", sagte ein Teilnehmer. Die Rede ist zum Beispiel von 130.000 Euro Mehrkosten pro Jahr, die der neue VW-Vertrag für einen durchschnittlichen Betrieb bedeuten soll. Bei Audi stehen Summen bis zu 250.000 Euro im Raum. Die aktuelle Marge im Bereich VW Pkw wird nach Angaben des Partnerverbandes im Rahmen des neuen Vertrags aber von derzeit 17 Prozent ab 1. April 2020 um einen Prozentpunkt sinken. Kostenreduzierungen sollen dieses Minus wieder wettmachen. Wie oder wo, wurde nicht gesagt, bemängelten die Teilnehmer. "Die Kostenentlastung von Seiten der Hersteller muss kommen", forderte Weddigen von Knapp. Vor allem auch deshalb, weil die angesprochene Marge nicht für E-Fahrzeuge gilt, wo sie deutlich niedriger liegen wird. Bei Audi bleibt die Marge gleich wie bisher. Bei den Nutzfahrzeugen gibt es ebenfalls kaum Abweichungen vom derzeitigen System.
Online-Direktverkauf mit Betreuungsprovision
Der Online-Direktverkauf an Kunden, der nach dem neuen Vertragswerk erlaubt sein soll, sorgte ebenfalls für hohe Wellen auf der Info-Veranstaltung. Für die ersten drei Jahre erhält der Handel eine pauschale Vergütung von sechs, ab dem vierten Jahr sind es fünf Prozent. Diese Werte gelten für alle Marken. "Bei jedem Online-Verkauf des Herstellers wird der Kunde nach dem präferierten Partner gefragt. Dieser erhält dann das Geld", beschrieb Rechtsanwalt Uwe Brossette das System. Besorgt äußerten sich die Partner aber über die Preisfindung im Online-Verkauf. Der Händlerverband erläuterte hierzu, dass der Hersteller bei diesen Direktverkäufen niemals die durchschnittlichen Einkaufspreise des Handels unterschreiten dürfe, sonst wäre dies ein Kartellrechtsverstoß. Unzulässiges Preis-Dumping wäre daher nicht zu erwarten. Die Händler bezweifelten, ob diese Regelung hält, oder zum Beispiel mit Sondermodellen umgangen wird.
Bank kündigt weniger Provision an
Hinzu kommt, dass Volkswagen Financial Services dem Vernehmen nach angekündigt hat, die Provisionen ab 2020 um 25 Prozent zu kürzen. Auch die Stundenverrechnungssätze im Leasinggeschäft sollen verringert werden. "Wovon sollen wir dann noch leben?", fasste ein Partner die Hiobsbotschaften zusammen.
Provisionen für FoD-Verkauf
Positiv werden die verhandelten Provisionen für die Händler beim Verkauf von FoD (Function on Demand)-Produkten gesehen. Wenn der Kunde "am Lenkrad" Funktionen zubucht, verdient der verkaufende Händler mit. Die Provision betrage bei Volkswagen je nach Einbindung der Autohäuser zwischen zwei und zehn Prozent, bei Audi zwei bis fünf Prozent, hieß es. Servicebetriebe gehen hingegen leer aus.
Vorbereitung für die Zukunft
VAPV-Präsident Weddigen von Knapp zeigte im Gespräch mit AUTOHAUS Verständnis für die Sorgen der Händler. Er verteidigte das von ihm mit verhandelte Vertragswerk aber mit Verweis auf die in der Branche anstehenden Veränderungen: "Wir haben für die neuen Horizonte, die wir haben – Elektromobilität, Kundendatenmanagement und Online-Verkauf – Regelungen getroffen, sowohl für die aktuelle Situation als auch für die zukünftigen Veränderungen in diesen Bereichen." Die vertraglich verankerte Einbindung des VAPV in die zukünftige Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Händler und Hersteller nannte er als die größte Errungenschaft in den Vertragsverhandlungen.
Anfang nächster Woche wird nun der Hersteller über die neuen Verträge informieren. Am Montag sind die Investoren nach Frankfurt geladen, am Dienstag gibt es eine "Chefkonferenz". Derzeit sieht es nicht danach aus, als ob nun endlich Ruhe im Volkswagen/Audi-Netz einkehren würde.
Annotator
VKL
U. Kersten