Mercedes-Benz Bank: Steigende Nachfrage nach E-Mobilität

AH: Herr Schell, wie hat sich das Finanzierungsgeschäft vor dem Hintergrund einer deutlich eingeschränkten Lieferfähigkeit entwickelt? B. Schell: Dieses Jahr ist, wie auch das vergangene Jahr, geprägt von einer steigenden Nachfrage nach Angeboten und Services rund um die E-Mobilität. In 2021 haben wir rund 70 Prozent der Mercedes-Benz Elektro- und Hybridfahrzeuge in Deutschland finanziert oder verleast. Aktuell gehen wir davon aus, dass wir diese Quote auch in diesem Jahr erreichen werden. AH: Wie haben Ihre Vertragspartner darauf reagiert? B. Schell: Die Auslieferungssteuerung erfolgt derzeit flexibel, um die Wartezeit bestmöglich zu begrenzen. Neue Strukturen bei Mercedes AH: Pkw und Lkw gehen bei Mercedes inzwischen getrennte Wege. Wie hat sich dies auf die Finanzdienstleistung bzw. die Struktur der Mercedes-Benz Bank ausgewirkt? B. Schell: Zum 1. Dezember 2021 wurde das Truck-Geschäft von Mercedes-Benz in eine eigenständige Gesellschaft abgespalten. Ebenso die Finanzierungssparte, die mit der Daimler Truck Financial Services eigenständig im Markt auftritt. Wir unterstützen das Truck- und Bus-Geschäft noch bis Ende 2022. Die Trennung ermöglicht es, dass wir uns auf das Neufahrzeug- und Gebrauchtwagen-Geschäft mit Pkw und Vans fokussieren, das stark durch Endkonsumenten geprägt ist. Mit diesem klaren Fokus können wir unser Geschäft wesentlich zielgerichteter weiterentwickeln. Und das wird ganz klar elektrischer: Das Interesse an Elektromobilität nimmt stetig zu und dieser Trend wird sich über die nächsten Jahre fortsetzen. AH: Man hat sich in Ihrem Haus entschlossen, das Pkw-Leasinggeschäft künftig über die neue Mercedes Leasing Deutschland abzuwickeln. Was gab den Anstoß? B. Schell: Um die sich verändernden Kundenanforderungen effizienter und spezifischer bedienen zu können, haben wir 2021 angefangen, eine neue Leasing-Gesellschaft - die Mercedes-Benz Leasing Deutschland GmbH - für das Pkw- und Van-Geschäft im deutschen Markt aufzubauen. Mit diesem Schritt trennen wir das Leasing-Geschäft vom Finanzierungs- und Banking-Geschäft. So kann sich jede Gesellschaft voll auf die jeweilige Kernkompetenz konzentrieren. Die Geschäftstätigkeit der Leasing-Gesellschaft ist erfolgreich gestartet und wird aktuell schrittweise nach oben gefahren. Im Zusammenspiel mit der Mercedes-Benz Automotive Deutschland GmbH, die Miet- und Abo-Modelle anbietet, haben wir im deutschen Markt ein ganzheitliches Mobilitätsportfolio, das die vielfältigen Kundenanforderungen bestens erfüllen kann. AH: E-Mobile werden häufiger geleast als verkauft. Gewinnt Leasing an Boden? B. Schell: Mit dem wachsenden Angebot unserer EQ-Modelle und der Vertrautheit vieler Kunden mit Elektromobilität ist die Nachfrage nach langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten stark gestiegen. Aktuell entscheidet sich das Gros der EQ-Kunden in Deutschland für das Leasing als Finanzierungsform. Mit der wachsenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen erwarten wir, dass auch der Anteil an finanzierten Fahrzeugen bei Neufahrzeugen und Gebrauchtwagen weiter steigt. AH: Mit welchen Vorteilen können Ihre Vertragspartner durch die Aufteilung rechnen? B. Schell: Die beiden Gesellschaften können sich mit dieser strategischen Neuausrichtung fokussiert auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen konzentrieren und damit die Kundenanforderungen besser bedienen und Prozesse passgenauer ausrichten. Gleichzeitig ermöglicht eine Vertriebsorganisation eine integrierte Marktbearbeitung im Sinne von Kunden und Händler. AH: Was bringt die Separierung dem privaten oder gewerblichen Kunden? B. Schell: Wir sind als Finanzierungsspezialist ein integraler Bestandteil von Mercedes-Benz. Die Schärfung des Markenprofils und die gesetzten Maßstäbe für nachhaltigen Luxus und individuelle Mobilität von morgen übertragen wir natürlich auch auf unsere Services. Für uns bedeutet das: Wir navigieren die Kunden über den intuitiv besten und einfachsten Weg zur passgenauen Finanzierungsentscheidung - und das offline und online. Mit dieser "nahtlosen Kundenreise" liefern wir einen entscheidenden Beitrag zur Wahrnehmung der Marke Mercedes-Benz. Im Zusammenspiel mit Leasing- und Abo-Angeboten bieten wir weitere Wege zum eigenen Stern - und machen damit das volle Wahlrecht für den Kunden komplett. One-Stop-Shopping AH: Wann ist das One-Stop-Shopping mit wenigen Klicks bei Mercedes möglich? B. Schell: Kundinnen und Kunden erwarten weltweit, überall und jederzeit online mit ihren Marken interagieren zu können. Dafür entwickelt Mercedes-Benz seinen weltweiten Vertrieb weiter, um individuellen Kundenbedürfnissen auch im digitalen Zeitalter auf dem von der Marke gewohnt hohen Niveau zu begegnen. Mercedes-Benz bietet heutigen wie zukünftigen Kunden auf neuen und innovativen Wegen ein noch emotionaleres, bequemeres sowie nahtloses Service- und Produkterlebnis auf allen Kanälen. Wir wollen die langfristige Beziehung zu unseren Kunden ausbauen und festigen. Dafür wird jeder Kontakt mit dem Kunden zum Point of Experience: Digitale, datenbasierte Lösungen schaffen individuelle Kundenerlebnisse, gleichzeitig bleibt der persönliche Kontakt ein Kernelement der Kundenerfahrung mit der Marke Mercedes-Benz. AH: Gibt es dafür auch die Kunden? B. Schell: Wir sind überzeugt, dass wir bis zum Jahr 2025 mindestens ein Viertel des weltweiten Pkw-Absatzes gemeinsam mit unseren Vertriebspartnern über Online-Kanäle erzielen können. AH: Wie wird sich das Leasinggeschäft künftig insgesamt entwickeln? B. Schell: Wir sehen eine positive Entwicklung beim Leasing angesichts eines wachsenden Interesses an flexibleren Nutzungsformen und des Wunschs nach All-Inclusive-Raten. Durch flexible Nutzungsformen wie dem Leasing haben Kunden stets die Möglichkeit das neueste Modell zu fahren oder kurzfristig auf sich ändernde Lebenssituationen zu reagieren und auf ein anderes Modell umzusteigen. Mobilitätsdienstleistungen AH: Wie sieht es mit Mobilitätsdienstleistungen aus? Mit dem Verkauf von Share now hat man das Carsharing aufgegeben. B. Schell: Die Veräußerung von Share Now zahlt auf die Neuausrichtung der Mobilitäts-Joint Ventures von Mercedes-Benz Mobility und BMW Group ein. Im Fokus stehen zwei Wachstumsfelder, die den Kunden auch in Zukunft die ganze Bandbreite an Mobilitätsdienstleistungen bieten und den Ausbau der Elektromobilität unterstützen. Das Joint Venture Free Now bietet digitale Multimobilität: Die größte Fahrzeugauswahl Europas, vom E-Scooter über E-Bike, E-Moped und Carsharing bis zum Taxi und Chauffeur-Fahrzeug, ist in der Free Now App mit einem Klick erreichbar. Und mit Charge Now setzen wir auf digitale Dienstleistungen rund um das Laden von Elektrofahrzeugen. Mit Ladelösungen für Automobilhersteller und Flottenbetreiber ist die Digital Charging Solutions, die hinter der Marke Charge Now steht, einer der wichtigsten Treiber des Wandels zur Elektromobilität weltweit. AH: Wie sieht es beim Auto-Abo aus? B. Schell: Ein Abo-Modell stellt für uns eine Möglichkeit dar, Kunden von Elektromobilität im Alltag zu überzeugen. Bei festen Monatsraten und flexiblen Laufzeiten können sie die neue Fahrzeugtechnologie ohne längerfristige Verpflichtung erleben und deren Vorzüge kennenlernen. Ganz bequem und ohne Risiko, im Rundumsorglos-Paket. Denn in der Abo-Rate sind alle Kosten wie Versicherung und Service-Bausteine in einer transparenten Rate gebündelt. Nur die Ladekosten fallen extra an. Und nach einer Mindesthaltedauer von sechs Monaten kann das Abonnement flexibel monatlich gekündigt werden. Unsere Handelspartner sind vollständig in das Abo-Produkt eingebunden. Sie begrüßen neue Finanzierungs- und Nutzungsmodelle wie das Abo, da sie dadurch neue Kundengruppen erreichen. AH: Wie haben die Kunden reagiert? B. Schell: Das Abo erleichtert Kunden den Einstieg in die Elektromobilität. Seit Einführung unseres EQ-Abos im Juli 2020 ist die Nachfrage hoch. Das EQ-Abo ist und bleibt für Kunden ein Türöffner in die Welt der Elektromobilität. Das Abonnement ist ein fester Bestandteil unserer Finanzierungs- und Nutzungsangebote geworden. Für Automobilhersteller wird es wichtig, neben Verkauf, Finanzierung und Leasing von Neufahrzeugen und Gebrauchtwagen flexiblere Nutzungsformen wie Abos und Miete anzubieten. Für Mercedes-Benz Händler bietet sich mit dem Abo ein zusätzlicher Vertriebskanal. AH: Rechnet sich dieses Geschäftsmodell? B. Schell: Für Mercedes-Benz Händler in Deutschland stellt das EQ-Abo ein attraktives Angebot dar, um Kunden an die Elektromobilität heranzuführen. Für Mercedes-Benz ist das Abo erfolgreich, wenn wir damit Kunden von der Elektromobilität überzeugen. Die hohe Nachfrage nach unseren EQ-Abos gibt uns recht. Wir bauen unser EQ-Abo-Angebot daher konsequent aus. Nach EQC, EQV und EQA bieten wir seit Februar 2022 auch EQS und EQB sowie seit Juni 2022 den EQE im Abo an - also alle EQ-Modelle. Seit Anfang dieses Jahres bieten wir zudem auch "Junge Sterne" zusammen mit unserem Kooperationspartner Vive La Car im Abonnement an. Das Angebot umfasst dabei alle Antriebsarten, also auch Verbrenner. Zudem schließen wir neue Abo-Modelle in Zukunft nicht aus. Echte Agentur AH: Wird sich bei Leasing und Finanzierung für die Vertragspartner mit der Einführung der echten Agentur etwas ändern? B. Schell: Der Vertrieb der Zukunft steht für eine persönliche und höchst personalisierte Kundenbetreuung. Durch eine nahtlose Vernetzung aller Vertriebsformen und Kundenkontaktpunkte - offline und online - haben die Kundinnen und Kunden die Freiheit, den eigenen Vertriebskanal zu wählen: Ganz gleich, ob sie sich im Autohaus mit Produktexpertinnen und -experten austauschen, sich online informieren und im Netz den Kauf-, Leasing- oder Finanzierungsvertrag abschließen oder sowohl digital als auch physisch mit dem Handel in Kontakt treten wollen. Zu den weiteren Vorteilen für die Kundinnen und Kunden zählen die erhöhte Transparenz und die noch größere Auswahl der Fahrzeuge, die sich künftig auf das landesweite Fahrzeugangebot erstrecken. Das neue Mercedes-Benz Agenturmodell verbindet die physische und digitale Welt - und ist nicht mit einem reinen Online-Vertrieb gleichzusetzen. Vielmehr übernehmen die Händler eine zentrale Rolle für die sogenannte Customer Experience und ermöglichen eine nahtlose Customer Journey - von der Recherchephase über den Kauf bis hin zur Fahrzeugübergabe. AH: Vielen Dank für das Gespräch!

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