Der Kassensturz bei Daimler ist im dritten Quartal schlechter ausgefallen als erwartet - obwohl der Autobauer weiter rekordverdächtig viele Fahrzeuge in alle Welt verkauft. Trotz neuer Bestmarken beim Absatz in der zentralen Pkw-Sparte sanken sowohl das operative Ergebnis als auch der Überschuss der Schwaben, wie der Konzern am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. Vor allem macht sich der kostspielige Anlauf neuer Modellgenerationen bemerkbar - etwa die B-Klasse bei den Pkw oder der Actros bei den Lastern. Zudem wird das Material für den Autobauer immer teurer, und auch Wechselkurseffekte belasten das Ergebnis.
Dennoch ist die Konzernspitze überzeugt, dass ihr Geschäft im Kern vor Gesundheit nur so strotzt. Finanzvorstand Bodo Uebber sprach von "ausgezeichneten Ergebnissen". Und Konzernchef Dieter Zetsche sagte: "Alle Geschäftsfelder verfolgen sehr konsequent ihre Ziele und liegen voll auf Kurs." Die Manager sind sehr zuversichtlich, dass Daimler 2011 zum 125. Geburtstag des Automobils ein Rekordjahr hinlegen wird. "Unser Unternehmen ist im Jubiläumsjahr hervorragend aufgestellt und verfügt über eine sehr gesunde Bilanz", sagte der Daimler-Boss.
In der Tat sind die Absatzzahlen überragend: 525.500 Pkw und Nutzfahrzeuge im dritten Quartal sind elf Prozent über dem Wert aus dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. In der zentralen Pkw-Sparte lieferte Daimler 337.163 Fahrzeuge aus, was nicht nur sechs Prozent Plus bedeutet und fast 14 Milliarden Euro Umsatz brachte - sondern auch ein neuer Rekord für die Zeit Juli bis September ist. Bei den Trucks gab es 22 Prozent Absatzzuwachs und 18 Prozent Umsatzplus. Bei den Vans schickte Daimler 18 Prozent mehr zum Kunden und machte damit 17 Prozent höhere Erlöse. Auch bei den Bussen gab es Zuwächse. Insgesamt stieg der Konzernumsatz um fünf Prozent auf 26,4 Milliarden Euro.
Und dennoch: Beim Gewinn ist das Tempo der Schwaben nicht mehr rekordverdächtig. Unter dem Strich blieben ihnen im dritten Quartal 1,36 Milliarden Euro. Vor einem Jahr waren es noch 1,61 Milliarden Euro gewesen - 16 Prozent Rückgang. Auch das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) sank: 1,97 Milliarden Euro gegenüber 2,42 Milliarden Euro aus dem Vergleichsquartal, minus 19 Prozent. Dabei spielen auch buchhalterische Vorschriften eine Rolle, die nur indirekt auf weniger Geld in der Kasse schließen lassen. So musste Daimler seine Beteiligungen an Renault und Kamaz abwerten. Wegen gesunkener Börsenkurse verlor der Anteil an den Franzosen 110 Millionen Euro, der Wert des russischen Lkw-Herstellers sank in den Daimler-Büchern um 23 Millionen Euro.
Mit einem breiteren Blick auf die ersten drei Quartale 2011 sieht das Bild bedeutend besser aus: Der Umsatz wuchs deutlich um neun Prozent auf 77,47 Milliarden Euro, währungsbereinigt sogar um zehn Prozent. Das EBIT legte um 15 Prozent auf 6,58 Milliarden Euro zu. Und der Überschuss erreichte 4,24 Milliarden Euro - satte 20 Prozent plus.
"Kräftiger Gegenwind" bei der Pkw-Sparte
Bei den neuen Quartalszahlen sprach Finanzchef Uebber vor allem bei der Pkw-Sparte von "kräftigem Gegenwind". Modellwechsel, höhere Kosten für praktisch alle Rohstoffe im Autobau und Währungseffekte seien die Hauptgründe dafür, dass bei Daimler zwar erfreulich viele Autos vom Band rollen, der Kassensturz am Ende aber Makel hat.
Bei den Beschäftigtenzahlen gibt es dagegen eine klare Richtung: 269.887 Mitarbeiter sind ein Plus von vier Prozent im Vergleich der Quartale. Nach Konzernangaben sind damit die Vorkrisenwerte wieder in Sichtweite: 272.000 waren es Ende 2007, ein Jahr später 273.000. 2009 kam der Tiefststand mit 256.000 Beschäftigten zum Jahresende. Vor knapp einem Jahr, Ende 2010, waren es schon wieder 260.000 gewesen.
Der Autobauer bekräftigte seine Prognose für 2011, wonach Ergebnis und Umsatz deutlich über den Vorjahreswerten liegen sollen. Daimlers Aktienkurs reagierte positiv - legte allerdings in dem von den Euro-Beschlüssen kräftig nach oben getriebenen Dax-Umfeld im Tagesverlauf schwächer zu als der allgemeine Trend.
Karl Schuler