Von Wolfram Nickel/SP-X
Der Automobilsalon in Genf, wer denkt bei dieser exklusiven Premierenbühne nicht an glamouröse und PS-gewaltige Sportwagen oder Hubraumgiganten von automobilem Adel, so wie sie der finanzkräftige Connaisseur liebt. Knauserkonzepte, Magermotoren und Sparmodelle dagegen vermuten sogar Autokenner am Lac Lèman kaum. Weit gefehlt! Die Schweiz ist schon seit 1905 eines der weltweit wichtigsten Foren für Autoaktivisten, die stromern, dampfen oder emissionsarm fahren wollen. Schließlich finden sich in der UNO-Stadt heute fast alle Sekretariate internationaler Umweltschutzorganisationen. Bevor der 86. Genfer Salon im März seine Tore öffnet, lassen wir noch einmal die 20 tollsten Eco-Autos aller Zeiten vorbeifahren – lautlos, geruchsfrei und sauber.
Platz 20: Stanley 20 HP Steamer Model F von 1906. Das Auto mit Ottomotor feierte schon seinen 20. Geburtstag und dennoch blieb das Rennen um den effizientesten Antrieb offen. Vor allem Dampfmodelle wie der amerikanische Stanley Steamer zeigten sich Benzinern überlegen, wenn es um Temperament und Tempo zu günstigen Kosten ging. So war das populäre, 20 PS starke Model F in der Anschaffung gut ein Viertel billiger als ein vergleichbarer Benziner, erreichte mit Roadsteraufbau die fast konkurrenzlose Vmax von 120 km/h und verdampfte dabei 105 Liter Wasser auf die Distanz von 64 Kilometern. Hinzu kam aber das Brennmaterial für den Kessel. Weshalb sich Stanley im Jahr 1927 doch den praktischeren und inzwischen schnelleren Benzinern geschlagen gab.
Platz 19: Goggomobil von 1957. "Goggomobil fahren heißt Geld sparen, für rund drei Mark fährt man 100 Kilometer weit", versprach die Werbung und tatsächlich galt der bayerische Straßenfloh mit einem Verbrauch von gut vier Litern lange Zeit als effizienteste vollwertige viersitzige Limousine und Coupé. Nicht einmal der etwas später eingeführte Fiat 500 unterbot diese Werte. Über 280.000 Menschen motorisierte der Goggobauer Hans Glas und verdiente dabei so viel Geld, dass er neben seinem minimalistischen Zweizylinder einen majestätischen V8-Zweitürer anbot.
Platz 18: Baker Electric Coupé von 1912. Es waren die Elektro-Vorteile Drehmomentstärke, Vibrations- und Geräuscharmut, die aus den amerikanischen Baker-Modellen laut Markencredo "The Aristocrats of Motordom" machten. Tatsächlich vermochten die erfolgreichen Batteriemodelle aber auch durch Tempo- und Sicherheitsmeilensteine zu beeindrucken. So baute Walter Baker schon 1902 Sicherheitsgurte in ein über 100 km/h schnelles Stromlinienmodell ein, während die eleganten City-Coupés vor allem als unkomplizierte Frauenautos für Furore sorgten. Bis zum Ersten Weltkrieg blieben die Batteriemodelle Bestseller.
Platz 17: BMW 525 eta von 1983. Sparsamer als ein kleiner Vierzylinder durch extra viel Hubraum (2,7-Liter) und drehmomentstarke sechs Zylinder, damit verblüffte die BMW-Eta-Typenfamilie. Der griechische Buchstabe "eta" als mathematisches Symbol für Wirkungsgrad kennzeichnete die Modelle 528e und 525e, die von der Presse als "Wirtschaftswunder" gefeiert wurden. Der rote Bereich bei den 92 KW / 125 PS entwickelnden Sechsendern begann bereits bei 4.500 Umdrehungen, eine Tourenzahl, die sonst für Diesel typisch war. Noch wichtiger war aber der Normverbrauchswert von nur 5,8 Liter auf 100 Kilometer, mit dem der 525e sogar die Basis-Bayern der Typen 315 und 316 unterbot.
Platz 16: Fiat Multipla von 1999. Hässlichkeit hat einen Namen, meinten manche Motorjournalisten über den Multipla. Dagegen wurde der Fiat im Museum of Modern Art in New York als Wegweiser in die Zukunft gezeigt. Tatsächlich war der Kompaktvan als erstes Serienauto konstruktiv so ausgelegt, dass er neben den klassischen Motoren für Benzin oder Diesel auch als BluPower mit einem rein erdgasbetriebenen Motor und vier Druckflaschen am Wagenunterboden oder als BiPower mit bivalentem Motor für Benzin oder Erdgas aus drei Druckflaschen am Wagenunterboden betrieben werden konnte.
Platz 15: Audi A2 von 1999. Er übertrug die Aluminium-Revolution vom Audi A8 auf die Kompaktklasse und debütierte zunächst als spektakuläres Showcar Al2 auf der IAA 1997. Zwei Jahre später mutierte die Studie zum Audi A2, der mit einem CW-Wert von 0,25 neuer Aerodynamik-Weltmeister war. Vor allem aber verblüffte der A2 als erstes fünftüriges Drei-Liter-Serienauto. Dank Stopp-Start-Technik, Leichtlaufreifen und sparsamem 1,2-Liter-TDI betrug der Normwert exakt 2,99 Liter. Nicht immer wird so viel Mut belohnt: So wurden von der gewagt gezeichneten und nicht gerade erschwinglichen 3-Liter-Version nur 6.450 Einheiten produziert.
Platz 14: Opel Kadett von 1936. Er ist der Vater des modernen Volksautos. Mit dem Opel Kadett ging vor 80 Jahren die selbsttragende Karosserie in der Kompaktklasse in Großserie. Vor allem aber war der Kadett mit 8,0 Liter Verbrauch sparsamer als der sogenannte KdF-Wagen aus Wolfsburg. Über 100.000 Einheiten des 17 kW / 23 PS leistenden 1,1-Liter-Vierzylinder-Opel liefen bis 1940 vom Band, während die Volkswagen Käfer erst nach dem Krieg richtig das Krabbeln lernten. Da musste der Kadett bereits eine andere Volksmotorisierung einleiten. Wurden die Produktionsanlagen des Knauserkönigs doch 1946 als Reparationsleistung an die Sowjetunion geliefert. Dort startete er als sparsamer Moskwitsch 400 zur zweiten Karriere.
Platz 13: Porsche 356 1600 Coupé von 1955. Heute ist dieser Porsche ein Kultsportwagen der Klassikerszene. Einen Kulturschock bewirkte dagegen die Basisversion des 356, die mit nur 44 kW / 60 PS die damals prestigeträchtige 160-km/h-Marke erreichte und damit ebenso schnell war wie der dickste Benz von Kanzler Konrad Adenauer. Während der Mercedes 300 kein Kostverächter war, kam der leichtgewichtige Porsche 356 mit einem Normverbrauch von 7,6 Liter aus. Ein in der Anschaffung kostspieliger Super-Sportwagen als Sparkonzept, das hatten die Besucher des Genfer Salons noch nicht gesehen!
Platz 12: Citroën 2 CV von 1948. Für Geniestreiche war Citroën immer gut. 1936 startete Generaldirektor Pierre Boulanger die Geschichte eines Volksautos namens Ente oder "Döschwo" (französisch deux chevaux), des von 1948 bis 1990 gebauten 2 CV. Boulanger forderte "ein Fahrzeug, das vier Personen und einen Sack mit 50 kg Kartoffeln mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h befördern kann, bei einem Verbrauch von drei Litern Benzin pro 100 km...". Ganz so genügsam war der 2 CV dann doch nicht, dafür aber auch schneller. Auf jeden Fall wurde der Zweizylinder zum Inbegriff des ebenso geräumigen wie charmanten Sparkünstlers, der klassenlose Popularität genoss. Bauern, Hausfrauen, Studenten und Intellektuelle – sie alle liebten diesen Citroën, der selbst mit fünf Liter Verbrauch noch als sparsamster Viertürer gefeiert wurde.
Platz 11: BMW Isetta von 1955. Ihr verlieh die Fachpresse als erstem Nachkriegsmodell den Status eines "Drei-Liter-Autos", das überdies billiger als ein Großstadtdackel sei. Tatsächlich brachte die anfänglich 9 kW / 12 PS leistende BMW Isetta alles mit, was für preiswerte Freude am Fahren notwendig war. Dazu zählten vier Räder – andere Marken setzten auf kippfreudige Threewheeler – geringer Spritkonsum und eine bereits autobahntaugliche Vmax von 85 km/h. Schon das Premierenpublikum nannte das winzige Motocoupé liebevoll Knutschkugel. Dabei bot der Winzling mit origineller Fronttür sogar Platz für Kleinfamilien – und Hollywoodgrößen wie Cary Grant, die sich gerne mit dem Ecomobil zeigten.
Platz 10: Peugeot Bébé von 1905. Erstmals vorgestellt wurde der Bébé, das Baby von Peugeot, als Typ 69 im Jahr 1905, zum ganz großen Verkaufsschlager und Marktführer in seiner Klasse wurde er jedoch in zweiter Generation ab 1912 als Bugatti-Konstruktion BP1. Der nur 2,62 Meter lange Zweisitzer erreichte mit einem 0,9-Liter-Vierzylinder-Motor eine Spitze von 60 km/h, genug, um sogar Klassenerfolge bei legendären Rennen wie am Mont Ventoux zu erzielen. Laut zeitgenössischer Werbung kostete der als Verbrauchswunder gefeierte Peugeot "nur einen Sou pro Kilometer" und war damit das preiswerteste Auto überhaupt.
Platz 9: Mercedes-Benz 300 SD von 1977. Er machte den sparsamen Selbstzünder gesellschaftsfähig. Der Mercedes-Benz 300 SD (W 116) verstörte mit Fünfzylinder-Turbo-Selbstzünder die feine Oberklasse mit ihren durstigen V8. Rund 29.000 Fahrzeuge des 85 kW / 115 PS entwickelnden 3,0-Liter-Turbodiesels wurden zur Enttäuschung der europäischen Messebesucher ausschließlich in Amerika abgesetzt, wo der Big-Benz mit einem Verbrauch von 10,5 Liter beeindruckte. Auf diese Weise gelang es Mercedes, die von der US-Regierung eingeführten Flotten-Verbrauchsgrenzwerte zu erfüllen. Andererseits kamen die Europäer wenig später mit dem Kombi 300 TD Turbodiesel (W 123) ebenfalls in den Genuss des flotten Fünfzylinders.
Platz 8: Citroën AX von 1986. Heute ist er fast vergessen, der revolutionäre Citroën-Cityflitzer vom Typ AX. Dabei stand der mit 645 Kilogramm ultraleichte AX vor 30 Jahren im Rampenlicht, wie kein anderer Kleinwagen. Als sparsamstes Serienauto der Welt und schicker Spaß- und Stadtflitzer wurde der Supermini ein Millionenerfolg, der nicht nur die Herzen der Frauen eroberte. Dem Federgewicht-Franzosen gelang es als erstem Benziner, die Normverbrauchsmarke von vier Liter pro 100 Kilometer zu unterbieten. Exakt 3,8 Liter wies Citroën für die 1,1-Liter-Version mit 40 kW / 55 PS aus – sogar weniger als die genügsame Selbstzünder-Konkurrenz von Peugeot (205) oder Renault (5) konsumierte.
Platz 7: Audi Duo Hybrid von 1997. Nein, der erste Serien-Hybrid war kein Toyota. Der im unscheinbaren Gewand eines Audi A4 Avant TDI vorfahrende Duo Hybrid startete etwas früher und konnte sogar noch mehr: Seine Bleibatterie war durch ein beigelegtes Ladekabel an jeder Haushaltssteckdose aufladbar für 50 Kilometer Reichweite. So viel Vorsprung durch innovative Technik hatte ihren Preis. 60.000 Mark verlangten die Ingolstädter für den Plug-in-Kombi, dessen 320 Kilogramm schwere Bleibatterie im Kofferraum eingebaut war. Zu teuer, dachten offenbar sogar die sogenannten Early-Adopters, denn der Duo musste mangels Nachfrage schon 1998 eingestellt werden.
Platz 6: Volkswagen Golf Diesel von 1976. Geizen konnten Knauserer schon mit dem Sparkäfer, allerdings nicht beim Kraftstoffkonsum. Das gelang erst mit dem Nachfolger Golf, dessen cleverste Antriebsart ab 1976 die ganze Kompaktklasse umkrempelte. War der 37 kW / 50 PS-Diesel doch nicht nur nominell gleich stark wie der Benziner, sondern in der Vmax auch ebenso schnell, dies jedoch bei bis zu einem Viertel geringeren Verbrauch. So beschleunigte der Diesel nicht nur die Karriere des Golf zum meistgebauten VW aller Zeiten, vor allem etablierte er das Dieselfahren als klassenübergreifende Massenbewegung. Seiner Vorreiterrolle füllte der Golf Diesel immer wieder neu aus, etwa 1993 mit dem ersten Stopp-Start-System für Testverbrauchswerte von vier Litern.
Platz 5: Honda FCX Clarity von 2008. Während sich heute Hyundai und Toyota um den Status des Erfinders streiten, hatte Honda schon 2008 die erste als Serienauto konstruierte Brennstoffzellenlimousine im Programm. Für überraschend flotten Vortrieb im FCX Clarity sorgten 100 kW / 136 PS leistende Elektromotoren, die den Japaner auf 160 km/h beschleunigten. Der Strom für die Elektromotoren wurde von einem im Mitteltunnel platzierten Brennstoffzellenstack erzeugt, der sich aus Wasserstofftanks speiste. Öffentliche Wasserstofftankstellen gab es allerdings damals wie heute zu wenige. Dafür bot Honda bereits japanischen und amerikanischen Käufern so genannte Home Energy Stations an.
Platz 4: Mitsubishi i-MiEV von 2009. Japanische Kei Cars sind klein, kurios, kreativ - und immer für Überraschungen gut. So gelang dem winzigen Mitsubishi i der große Sprung nach Europa, wo er mit einem 49 kW / 67 PS starken Elektromotor als erster Stromer aus Massenproduktion Geschichte schrieb. Zumal das "innovative Electric Vehicle", kurz i-MiEV, genannte Batteriemobil seit 2009 auch als Peugeot iOn und Citroen C-Zero vermarktet wird. Mitsubishi verteidigte seine Vorreiterstellung auf dem Feld grüner Mobilität noch einmal durch frühzeitige Einführung der bidirektionalen Ladefunktion. Der kleine Stromer kann dabei Energie auch ins Hausnetz einspeisen.
Platz 3: Toyota Prius von 1997. Sein Debüt als Prototyp hatte der Vorfahre aller modernen Vollhybridmodelle bereits 1995 in Genf zelebriert. Dennoch nahmen die Messebesucher von der Serienversion des Prius wenig Notiz, vielleicht wollten sie nicht wahrhaben, dass sich unter seinem schlichten Kleid wegweisende Antriebstechnik verbarg. Anders als in Amerika sollte es in Europa dann doch noch drei Jahre dauern bis der Prius mit der Kombination Elektro- und Benzinmotor an den Start ging. Mittlerweile gibt es den Prius – der Name steht für Vorreiter - in vierter Generation und in unverwechselbarem Design zu kaufen. Vielleicht auch ein Grund für den Aufstieg des Japaners zum ersten mehrfachen Produktionsmillionär mit Hybridtechnik.
Platz 2: Porsche 918 Spyder von 2010. Wieviel Spaß darf ein Sparer machen? Porsche fand darauf seine eigene Antwort mit dem 918 Spyder als leistungsstärkstem und schnellsten Serien-Plug-in-Hybrid für finanzkräftige Fans des Außergewöhnlichen. Mit Weissach-Paket kostete der bis 2015 gebaute und 652 kW / 887 PS starke Bolide rund 840.000 Euro, heute werden für Gebrauchtwagen bereits bis zu 1,8 Millionen Euro verlangt. Wer die Vmax von 345 km/h nicht auskostet, sondern sich an ökologisch korrekter Automobilität delektieren will, kann den Über-Porsche bis zu 31 Kilometer weit elektrisch bewegen oder versuchen, den Normverbrauchswert von 3,0 Liter zu erreichen. Alternativ gelingt der Sprint auf Tempo 300 in 19,9 Sekunden.
Platz 1: Volkswagen XL1 von 2013. Der Karbonflitzer kam als kaum noch jemand an ihn glaubte. Nach endlos scheinender elfjähriger Entwicklungszeit setzte der VW XL1 in Serienversion ein technisches Ausrufezeichen auf dem Genfer Salon. Knackte der als Plug-in-Hybrid konzipierte, 160 km/h schnelle Flügeltürer doch mit einem Verbrauch von 0,9 Liter auf 100 Kilometer als weltweit erstes Serienauto mit einer Kombination aus Diesel und E-Antrieb die Ein-Liter-Marke. Bevor beim Fahren gespart wird, muss aber erst einmal investiert werden: 111.000 Euro kosten die limitierten Neuwagen, Gebrauchte sind jedoch bereits teurer.
K. Wempe