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Neues Kassengesetz: Technische Sicherheitseinrichtung ist der Knackpunkt

20.12.2019 16:29 Uhr
Neues Kassengesetz: Technische Sicherheitseinrichtung ist der Knackpunkt
Das Kassengesetz sorgt ab 1. Januar 2020 für neue Regelungen.
© Foto: phonlamaiphoto/stock.adobe.com

Am 1. Januar 2020 tritt das Kassengesetz in Kraft, das auch den Autohandel betrifft. Speziell die vorgeschriebene, aber bisher noch nicht lieferbare Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) bereitet Probleme. Loco-Soft-Geschäftsführer Ralf Koke fordert zudem eine Ausnahmeregelung für Warenwirtschaftssysteme.

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Von Online-Redakteur Andreas Heise

Steuerbetrügern das Leben schwerer machen – dieses Ziel verfolgt das Kassengesetz, das ab 1. Januar 2020 neue Standards für Kassensysteme setzt. Neu sind unter anderem eine Meldepflicht, eine zertifizierte Technische Sicherheitseinrichtung (TSE), eine digitale Schnittstelle und eine Belegausgabepflicht. Letztere führte erst kürzlich zu Diskussionen in der Regierung, als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Umweltverbände sich gegen eine Bonpflicht aussprachen. Das Bundesfinanzministerium erteilte der Forderung umgehend eine Absage. Jedoch gilt hinsichtlich der Technischen Sicherheitseinrichtung bis 30. September 2020 eine Nichtbeanstandungsregelung.

Während in der öffentlichen Diskussion vor allem die anschauliche Bonpflicht wahrgenommen wird, birgt das Kassengesetz noch ganz andere Herausforderungen. So berichtete bereits der AUTOHAUS SteuerLuchs, dass die geforderte Sicherheitstechnik für die Kassensysteme noch nicht flächendeckend verfügbar ist. "Die Umsetzung der Vorgaben des Kassengesetzes ist sicherlich für viele Kfz-Betriebe sehr sportlich. Vor allem das Vorhalten der TSE bei elektronischen Kassen ist angesichts fehlender zertifizierter  Kassenhersteller nicht unproblematisch", teilt Stefan Laing, Referent Recht, Steuern, Tarife beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), auf AUTOHAUS-Anfrage mit. Die Geltung der Nichtbeanstandungsregelung bis zum 31. September 2020 halte er für gewagt, da auch der Zentralverband des Handwerks (ZDH) noch Ende November mitgeteilt habe, dass noch kein Hersteller eine TSE für sein System erhalten habe.

Die Belegausgabepflicht halte der ZDK für unnötig und übertrieben, insbesondere aus Umweltgesichtspunkten. In Bezug auf die Einzelaufzeichnungspflicht sei nach Einschätzung des ZDK der Anwendungserlass zur Abgabenverordnung (AEAO) so auszulegen, dass Kfz-Betriebe beim Verkauf von niedrigpreisigem Zubehör und Streuartikeln über die Ladentheke nicht die kompletten Kundendaten aufzeichnen müssten. Denn Randnummer 2.1.5 des AEAO stelle fest, dass die Aufzeichnung der Kundendaten nicht benötigt werde, wenn diese nicht zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Geschäftsvorfalls benötigt würden. "Insoweit wäre es sicherlich nicht hinnehmbar, dass bei jedem verkauften Scheibenwischer oder Eiskratzer bereits ein kompletter Datensatz hinsichtlich des Kunden angelegt wird", erklärt Laing.

AUTOHAUS sprach auch mit Ralf Koke, Geschäftsführer von Loco-Soft, und Sebastian Herbert, Stellvertretender Leiter Programme & Schnittstellen von Locosoft, über die Folgen des Kassengesetzes für den Autohandel, die technischen Details und die Forderung des Unternehmens, Warenwirtschaftssysteme mit Soll-Besteuerung aus der Regelung auszunehmen.

AUTOHAUS: Im Zusammenhang mit dem Kassengesetz wird viel über die Bonpflicht diskutiert. Welche Relevanz hat diese für den Autohandel?

Sebastian Herbert: In der Kfz-Branche ist die Bonpflicht das kleinere Problem. Da muss beispielsweise eine Bäckerei im Vergleich zu einem Autohaus viel mehr drucken. Auch gibt es nur die Pflicht der Ausgabe. Ob diese in gedruckter Form oder als pdf per Mail erfolgt, bleibt dem Betrieb überlassen. Beim Bäcker ist eine elektronische Ausgabe natürlich unrealistisch, speziell weil die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung - DSGVO - einzuhalten sind. Im Autohaus ist die Lösung, den Beleg per E-Mail zu schicken, schon eher denkbar.

AH: Welche Folgen hat das Kassengesetz für Ihre Kunden, die Händler?

S. Herbert: Für den Anwender bedeutet es, dass er die Kasse umstellen muss. Er muss sicherstellen, dass die Kasse manipulationssicher ist. Eine technische Sicherheitseinrichtung, kurz TSE genannt, muss zwingend nachgerüstet werden - genauso wie eine digitale Standard-Schnittstelle zum Export der Kassenposition, Kassendaten etc. Für die Anwender gilt bei fehlender TSE eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 30. September 2020, sie haben also ab dem Inkrafttreten des Gesetzes noch neun Monate Zeit.

AH: Was bedeutet das Kassengesetz für Ihr Unternehmen?

S. Herbert: Unser Unternehmen, das in diesem Fall die Rolle des Kassenherstellers einnimmt, muss die technischen Voraussetzungen schaffen. Größtes Problem ist für die Kassenhersteller der zeitliche Rahmen, denn für uns gilt keine Nichtbeanstandungsfrist, wir müssen bis 1. Januar 2020 liefern. Doch die TSE unterliegt gewissen gesetzlichen Regularien, im Speziellen einem Zertifizierungsverfahren durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Stand jetzt gibt es noch keinen einzigen TSE-Hersteller, der zertifiziert ist. Wir werden unseren Anwendern bis 31. Dezember jegliche gesetzlichen Anforderungen zur Verfügung stellen – wir sorgen dafür, dass der Kunde immer einen Beleg rausgeben muss, dass er eine TSE anschließen kann und dass, wenn eine Loco-Soft zertifizierte TSE angeschlossen ist, der Kunde die digitalen Schnittstellen befüllen kann.

AH: Mit welchen Kosten hat der Handel zu rechnen?

S. Herbert: Bei uns werden für eine fünf Jahre gültige TSE 500 Euro anfallen. In enger Abstimmung mit dem Deutschen Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik e.V. und den TSE-Produzenten haben wir uns für Netzwerk-Lösung entschieden. Hierdurch werden Kosten und Aufwand erheblich reduziert. Die TSE-Hersteller werden solche Netzwerk-Lösungen im ersten oder zweiten Quartal 2020 zertifizieren. Damit liegt das System in der gesetzlichen Frist. Dennoch ist höchste Eile geboten. Wir versorgen unsere Anwender schon zum Jahresende mit den erforderlichen Programm-Erweiterungen. Daher bitten wir alle Kunden, unsere Update-Informationen zum Thema KassenSichV gründlich zu lesen und eigenständig umzusetzen. Wenn am 2. Januar 2020 über 2.900 Anwender deswegen in der Hotline anrufen, ist dieser Ansturm nicht zu bewältigen.

AH: Für Warenwirtschaftssysteme wie Ihres fordern Sie innerhalb des Kassengesetzes eine Ausnahmeregelung. Aus welchen Gründen?

Ralf Koke: In Warenwirtschaftssystemen wie unserem oder denen von Mitbewerbern haben wir keine Ist-, sondern eine Soll-Versteuerung. Schon in dem Moment, wo wir die Rechnung schreiben, ist die Steuer fällig. Die bereits steuerlich erfassten Umsätze nehmen wir nur noch anhand der Ausgangsrechnung mittels einer Kasse ein. Entsprechend ist das Argument des Kassengesetzes, Steuerbetrug zu verhindern, bei solchen Warenwirtschaftssystemen hinfällig - unsere Prozesse sind bereits zertifiziert und unterliegen gewissen Regularien. Die gesetzliche Änderung ist daher nicht für Vereinnahmungskassen, wie sie bei uns zum Einsatz kommen, gemacht und schießt übers Ziel hinaus.

AH: Was fordern Sie daher?

R. Koke: Das Einzige, was in Frage kommt, ist eine Aufschiebung des Gesetzes – bis eine kritische Kontrolle erfolgt ist und das Gesetz entsprechend angepasst wurde. Die Ausnahmeregelung, die ja beispielsweise bereits für Parkscheinautomaten gilt und unter die auch Warenwirtschaftssysteme fallen sollte, müsste ja erst gesetzlich verankert werden – und das würde länger dauern als uns Zeit zur Verfügung steht. Ich denke, wir sprechen für die ganze Branche, wenn wir fordern, dass Warenwirtschaftssysteme mit Soll-Versteuerung ausgenommen werden sollen – denn die Systeme kommen ja flächendeckend im Autohandel zum Einsatz.

Ralf Koke (l.), Geschäftsführer von Locosoft, und Sebastian Herbert, Stellvertretender Leiter Programme & Schnittstellen von Locosoft.
© Foto: Loco-Soft
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