Autohaus-Finanzierung im Niedrigzinsumfeld: Mit niedrigen Zinsen richtig umgehen

Niedrigzinsen, Nullzinsen, Negativzinsen - ein aktuelles Synonym für Zins-Steigerung. Selbst das Fluten der Finanzmärkte in Höhe von mittlerweile 80 Milliarden Euro pro Monat (!) durch die EZB haben noch nicht die gewünschten Reaktionen gebracht. Weder hat die Kreditnachfrage spürbar zugenommen, noch ist die Inflationsrate auch nur in die Nähe von 2 Prozent gestiegen. Dies bedeutet, dass eine Abkehr von der Niedrigzinsphase nicht absehbar ist. Die Schlussfolgerung: Auch die Autohausfinanzierung muss sich darauf einstellen und entsprechend ausrichten. Niedrige Zinsen per se sind kein Grund für eine Kreditaufnahme! Für Kreditnehmer "paradiesische" Zustände, für Sparer "beängstigende" Aussichten und selbst Banken kommen in (Ertrags-)Schwierigkeiten. In diesem Umfeld haben Sie als Inhaber und/oder Geschäftsführer eines Autohauses keine leichte Aufgabe. Zunächst ein Leitgedanke: Niedrige Zinsen allein sind kein Grund für eine Kreditaufnahme! Selbst niedrigste Zinsen sollten Sie nicht dazu verleiten, sich für eine Investition, die sich nicht "rechnet", wegen eines billigen Kredits zu entscheiden. Denken Sie daran, dass auch billige Kredite wieder zurückzuzahlen sind. Nur wenn der Finanzierungszweck wirtschaftlich sinnvoll ist beziehungsweise es zu werden verspricht, sollte eine Kreditaufnahme erfolgen. Einen Kredit aufzunehmen, weil er gerade billig ist, war schon immer falsch und bleibt es auch! Wir reden nicht über eine zinsgünstige Umfinanzierung, sondern über ein Neufinanzierungsprojekt. Die Kreditstatistiken belegen, dass sich, Gott sei Dank, viele Kreditnehmer richtig verhalten - auch wenn es Mario Draghi nicht ins große Konzept passt, denn der würde gern über billige Kredite die Wirtschaft ankurbeln. Niedrigzinsphase - Glücksfall oder Problem? Das eigentliche Problem haben in einer Niedrigzinsphase die Anleger/Sparer, denn der erhoffte Zuwachs an Zinsen bleibt aus. Während bei 3 Prozent Zinsen p. a. nach 24 Jahren sich das Kapital verdoppelt, wächst der gleiche Anlagebetrag bei 0,25 Prozent (positiven) Zinsen p. a. nur noch um rund 6 Prozent im gleichen Anlagezeitraum. Das sind dramatische Auswirkungen, wenn es um die Altersvorsorge geht. Niedrige Zinsen können aber auch für Kreditnehmer gefährlich werden. Wenn der Drang nach einem möglichst niedrigen Zinssatz stark ausgeprägt ist, führt der Weg über die Festschreibungsdauer zum Erfolg. Drei oder fünf Jahre fest sind in der Regel günstiger als zehn oder fünfzehn Jahre fest. Der Unterschied: Je nach Angebot 1 bis 2 Prozentpunkte. Wenn der Wunsch nach einem "niedrigen" Zinssatz besonders stark ausgeprägt ist, siegt die kürzere Festschreibungsdauer. Die Folgen: Nach Ablauf der Zinsfestschreibung ist die Restschuld je nach Gesamtlaufzeit noch entsprechend hoch. Dies wiederum kann zu erheblichen Schwierigkeiten führen, wenn anschließend die Zinsen wieder spürbar steigen sollten und die erzielte Rentabilität einen höheren Kapitaldienst nicht mehr abdeckt. Beispiel: Entwicklung der Restschuld Ein Beispiel, wie sich die Restschuld bei einem Annuitätendarlehen mit 2 Prozent oder 5 Prozent Jahrestilgung entwickelt: Ein Darlehen über 500.000 Euro verursacht mit 2,0 Prozent Zinssatz und 2 Prozent Tilgung, also mit insgesamt 4 Prozent Belastung einen Kapitaldienst von 20.000 Euro jährlich. Bei unveränderten Konditionen beträgt die Laufzeit 34 Jahre und 9 Monate. Ändert sich der Zinssatz nach 5 Jahren, beträgt die Restschuld noch 447.460 Euro, ändert er sich nach 10 Jahren, liegt die Restschuld noch bei 389.400 Euro und nach 15 Jahren immerhin noch bei 325.400 Euro. Jetzt kommt es darauf an, welche Zinssatzveränderung kann der Kreditnehmer "verkraften", ohne in Schwierigkeiten zu kommen, denn die Restschuld ist relativ hoch. Unterstellen wir, dass anstelle von 2 Prozent Tilgung 5 Prozent Tilgung geleistet werden, dann beträgt die Restschuld nach 5 Jahren 358.651 Euro, nach 10 Jahren 223.500 Euro und nach 15 Jahren 63.067 Euro. Steigen in diesem Fall die Zinsen spürbar, ist das Restschuldrisiko deutlich geringer. Generell empfiehlt es sich auf "Nummer Sicher" zu gehen und die Auswirkungen des Zinsänderungsrisikos zu begrenzen. Die richtigen Antworten sind nur individuell zu finden. Kreditnehmern ist zu empfehlen, nicht wegen eines aktuellen und kurzfristigen Vorteils ein im Endeffekt unkalkulierbares und vielleicht sogar existenzbedrohendes Risiko einzugehen. Grundsatzüberlegungen: Konditionen - Laufzeit - Risiko Maßgeblich für die Höhe des Zinssatzes ist die Bonität des Kreditnehmers, die anhand einer Ratingeinstufung festgestellt wird. Danach kommen: Dauer der Zinsfestschreibung, Sicherheiten und Laufzeit. Derzeit gilt generell: je länger die Dauer der Zinsfestschreibung, umso höher ist der Zinssatz. Erstklassige Kreditsicherheiten führen zwar nicht zu einer besseren Ratingeinstufung, aber u. U. zu einem günstigeren Zinssatz - wegen des geringeren Ausfallrisikos der Bank. Beachten Sie folgende 5 wichtige Punkte bei anstehenden Finanzierungen: 1. Holen Sie mehrere konkrete Angebote ein. 2. Vergleichen Sie anhand des Effektivzinssatzes. 3. Wählen Sie die Dauer der Zinsfestschreibung unter Risikogesichtspunkten. 4. Achten Sie auf die Höhe der Restschuld bei Ablauf der Festschreibungsdauer. 5. Wählen Sie eine Tilgungsquote, die nicht nur zu einer tragbaren Kapitaldienstrate, sondern auch zu einer tragbaren Restschuldquote bei Ablauf der Festschreibungszeit führt. Was Kredite kosten Zur aktuellen Zinssituation: Wenn auch der Finanzminister Geld zum Nulltarif (teilweise sogar noch günstiger) bekommt, trifft dies auf den Mittelstand nicht zu. Kredite sind zwar billig, kosten aber immer noch spürbare Zinsen. Je nach Bonität etwas weniger oder auch etwas mehr. Der unbefangene Betrachter reibt sich verwundert die Augen, wenn er angesichts dieser Sachlage liest, dass Privatleute für einen Kontokorrentkredit teilweise über 10 Prozent p. a. bezahlen müssen, obwohl Geldanleger von den Banken (so gut wie) keine Zinsen mehr bekommen, teilweise sogar Strafzinsen (Negativzinsen) zahlen müssen. Betrachtet man die Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank, dann sind aktuell folgende Zinssätze marktüblich (Quelle: Monatsbericht Deutsche Bundesbank Mai 2016): - Kontokorrentkredite (Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften) 3,81 % - Kontokorrentkredite an private Haushalte 8,81 % Sucht man im Internet nach den günstigsten Angeboten für Hypothekenzinsen, findet man (Stand Anfang Juni 2016, Quelle FMH): - 5 Jahre fest, 1,05 Prozent - 10 Jahre fest, 1,31 Prozent - 15 Jahre fest, 1,76 Prozent - 20 Jahre fest, 1,89 Prozent - 30 Jahre fest, 2,28 Prozent Halten wir dabei fest: Das sind die besten Angebotskonditionen, die nur bei ganz bestimmten Voraussetzungen zum Tragen kommen, aber bei weitem nicht von allen Kreditsuchenden erfüllt werden können, wie bspw. eine erstrangige grundbuchliche Absicherung. Und: Die tatsächlich zum Einsatz kommenden Zinskonditionen sind bonitätsabhängig und schwanken deshalb je nach Ratingeinstufung des Kreditnehmers. Inventur bestehender Finanzierungen Empfehlenswert ist es, den Ist-Zustand der bestehenden Finanzierungen im Rahmen einer Inventur übersichtlich zu erfassen. Folgende Daten sind wichtig: - Betrag / Limit - Kreditart - Ursprungslaufzeit / Restlaufzeit - Zinssatz - Dauer der Festschreibung - Kündigungsfrist Jetzt können Sie quasi auf den ersten Blick erkennen, ob Handlungsbedarf besteht (hohe Zinsen), ob Handlungsmöglichkeiten (Festschreibungsdauer, Kündigungsfrist etc.) gegeben sind und wenn ja welche. Im zweiten Teil diese Beitrags lesen Sie demnächst in AUTOHAUS, wie Sie existenzgefährdende Risiken vermeiden, ob es Sinn macht, ein Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig zurückzuzahlen, ob eine variable oder fixe Zinsgestaltung sinnvoller ist und welchen Einfluss Basel III auf langfristige Zinsfestschreibungen haben wird. Herke Martin Dieter Herke berät seit über 30 Jahren mittelständische Betriebe, ist Autor (u. a. von AUTOHAUS -Fachbüchern und -Fachartikeln) und gefragter Referent in der Automobilbranche. www.unternehmensberatung-herke.de Kurzfassung Niedrige Zinsen können nicht nur für Sparer, sondern auch Kreditnehmer gefährlich werden. Finanzexperte Martin Dieter Herke erläutert in seinem zweiteiligen Beitrag, worauf bei der Autohaus-Finanzierung im Niedrigzins-Umfeld besonders geachtet werden sollte.

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