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Kommentar: EU-Auto-Importhandel passé?

19.05.2023 13:21 Uhr | Lesezeit: 4 min
Kommentar: EU-Auto-Importhandel passé?
© Foto: flowertiare/stock.adobe.com

Bei aller Agenturverengung rechnen Insider weiterhin mit einer Neuwagenpreislandschaft im Schnitt von 20 bis 30 Prozent unterhalb des Listenpreises. Es wird folglich weiterhin neue EU-Autoware geben.

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Es war ein langer und holpriger Weg, bis sich die EU-Geleise im Neuwagenvertrieb über Jahre öffneten. Man blicke einen Moment auf die steuerlichen Belastungsunterschiede, Währungsfragen, Bezahlsysteme u.a. Die politische Vorgabe, dass jeder EU-Bürger sein Fahrzeug in dem Land kaufen darf, das er für sich sinnvoll hält, hat da liberale Türen geöffnet. Dann waren und sind es auf der einen Seite die freien privaten EU-Importeure wie auch inzwischen verschiedene Fahrzeugbörsen oder auch die international tätigen Auktionshäuser, die den internationalen EU-Markt durch ihre beherzten Marktaktivitäten öffneten und im Abwicklungsprozedere Sicherheit schafften. Klar, zum Nutzen auch der deutschen Händler

Auf der Handlungsagenda der Automobilhersteller steht über die Vertriebsausrichtung "Agentur" die Thematik Preis auf der Agenda. Gemeint sind die gigantischen Neuwagenpreisunterschiede von bis zu 40 Prozent innerhalb der EU. Über das künftige Agenturgeschäft wollen die Hersteller die Thematik Preisdisziplin im Neufahrzeugbereich enger an sich ziehen. Auch im Gebrauchtwagengeschäft will der Hersteller künftig Marge abgreifen. Das alles auch vor dem Hintergrund des Direktvertriebs, den die Hersteller weiter ausbauen wollen. Übermorgen EU-weit? Da wird es dann in den Vertriebsrädern kräftig knirschen!

Ja, die Preisdifferenzen werden EU-weit aufgrund der Agenturen schmäler werden. Dennoch, den EU-Import wird es trotzdem weiter geben. Die Hersteller sind an einem einheitlichen Listenpreis der Neufahrzeugen EU-weit interessiert. Wer aber die Verdienstunterschiede der Menschen innerhalb der einzelnen EU-Länder anschaut, weiß, dass sich eben ein Mechaniker in Rumänien bei einem Monatsverdienst von 1.500 Euro keinen Neuwagen für 30.000 Euro leisten kann. Das ist die eine Schraube, an der permanente Feinjustierung seitens der Hersteller stattfindet. 

Die zweite Schraube ist das Faktum, dass im einen und anderen EU-Land ein Hersteller/Importeur weniger verkauft als geplant. Das wird auch weiterhin Realität sein. Und bei dieser Differenz kommen dann die Privatimporteure zum Einsatz. Die Hersteller/Importeure können auf eine große Zahl privat agierender EU-Händler zugehen. Da gibt es einige ganz große, dann normale und übrige. Diese werden nach außen seitens der Hersteller/Importeure mit großem Schweigen überzogen und in ihren Marktaktivitäten zu angemessener Zurückhaltung aufgefordert, um das Marktgleichgewicht einigermaßen zu halten. Ferner möchte der jeweilige private Importeur seine wahren Einkaufsquellen nicht publizieren. Geschäftsgeheimnis! Da herrscht untereinander reger Wettbewerb

Sondermodelle mit Ausstattungspaketen

Um die Fahrzeuge im Verbund mit den Listenpreisen dennoch im jeweiligen Land günstiger, eben erschwinglicher zu machen, werden ganz gezielt "Sondermodelle" aufgelegt. Darin werden Ausstattungspakete weit günstiger oder gar gratis integriert, günstige Finanzierungskonditionen eingebunden, kostenlose Winterreifen eingepackt usw. Ferner sind dann markenspezifische Außendienstmitarbeiter unterwegs, die im jeweiligen Land vor Ort registrieren, was die jeweilige Konkurrenz sichtbar offeriert, um kurzfristig marktkonform reagieren zu können. Insider gehen davon aus, dass bei aller Agenturverengung weiterhin eine Neuwagenpreislandschaft im Schnitt von 20 bis 30 Prozent unterhalb des Listenpreises Realität sein wird. Es wird also den Vertriebskanal EU-Auto-Importe weiterhin, sprich neue EU-Autoware geben. 

Die Herausforderung für die Händler wird in der Zukunft im Zugang zu den Daten liegen und in ihren Möglichkeiten die Preisunterschiede für den Kunden transparent zu machen. Recherchen zeigen, dass zahlreiche sogenannte Konfiguratoren eigentlich nur digitalisierte Preislisten sind. Das erkennt man daran, dass man beispielsweise bei einem Auto drei Lenkräder und drei Farben auswählen kann. Eine Baubarkeitsprüfung wird überhaupt nicht ausgewiesen. Oder eine Gegegenüberstellung zur deutschen Ausstattung ist nicht gegeben. Einzig bei der Firma TOHA Automobil-Vertriebs GmbH wird man da fündig. TOHA hat einen eigenen EU-Konfigurator entwickelt, der diese Themen transparent aufbereitet.


Zur Person: Prof. Hannes Brachat

Hannes Brachat, Jahrgang 1948, ist seit vielen Jahren Kenner und Beobachter der deutschen Kfz-Branche. Von 1984 bis 1993 wirkte er als Chefredakteur von AUTOHAUS, seitdem ist er Herausgeber des Fachmagazins. Von 2002 bis 2014 war er Professor für Automobilwirtschaft, Schwerpunkt Autohaus-Management, an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen. Ab 2014 nahm er diese Aufgabe in Form eines Lehrauftrages wahr.

Seit dem Start von Autohaus.de im Jahr 1998 ist Brachat engagierter Kolumnist und Kommentator des aktuellen Branchengeschehens. Seinen Blog "HB ohne Filter" finden Sie hier!



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