Volvo-Händlerverband: Gute Absatzchancen und große Sorgen

Mit großer Einigkeit und klaren Mandaten für die Arbeit des Händlerverbandes endete am 13. November die coronabedingt erste ordentliche Jahreshauptversammlung des Verbandes der Volvo Pkw Vertragspartner Deutschlands (VDVV) seit 2019. Das teilte der VDVV mit. Nach mehrfach rekordbringenden Geschäftsjahren trübte sich die Stimmung der Volvo-Vertragspartner zuletzt zunehmend. Angefangen von erheblichen Produktions- und Lieferschwierigkeiten bei gleichzeitig hoher Nachfrage, über unklare (Direkt-)Vertriebsstrukturen, bis hin zu erodierenden Aftersales-Erträgen seien die Gründe hierfür vielfältig, hieß es. "Die aktuelle Situation ist eine extreme Herausforderung für Hersteller und Handelspartner ohne Aussicht auf kurzfristige Besserung", erläutert Dominik Weber, Vorsitzender des VDVV-Vorstands. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei auch für die Volvo-Vertragspartner die derzeitige Liefersituation in der Branche. Trotz erheblicher und konstruktiv mit dem Händlerverband abgestimmter Bemühungen des Herstellers um Aufrechterhaltung der Lieferketten, leidet im ablaufenden Geschäftsjahr auch die Absatzperformance der Volvo-Vertragspartner erheblich unter verspäteten oder stornierten Fahrzeuglieferungen und unterjährigen Ausstattungs- und Produktanpassungen. Besonders vor dem Hintergrund einer hohen Kundennachfrage und der langjährig erarbeiteten hohen Marken-und Produktqualität, bremst die aktuelle Entwicklung ursprüngliche Wachstumspläne der Marke und ihrer Vertragspartner auf dem deutschen Markt spürbar. Getrübt wird die Stimmungslage der Volvo-Vertragspartner auch durch den fortschreitenden Ausbau der Direktvertriebsaktivitäten des Importeurs und seines Mutterkonzerns. Das hierfür in Abstimmung mit den Vertragspartnern 2018 eingeführte Fahrzeugabo mit dem Namen "Care by Volvo" - das erste herstellereigene Abo-Modell im deutschen Markt - hat vor allem wegen in der Praxis auffallenden Renditeproblemen und fehlenden mittelfristigen und rechtssicheren Planungshorizonten weiterhin nur eine brüchige Akzeptanz. Neue Vertriebsstruktur ab 2023 Dass der Händlerverband nach kontroversen, jedoch stets auch konstruktiven Verhandlungen mit dem Importeur gleichwohl eine Verlängerung der Direktvertriebs-Pilotphase auch für das Jahr 2022 unterstützt, ist daher als erheblicher Vertrauensvorschuss der Vertragspartner auf eine weiterhin tragfähige, kundenzentrierte und partnerschaftliche Vertriebsstruktur zu werten. Und dennoch: "Der Hersteller muss jetzt sehr kurzfristig für Klarheit hinsichtlich einer den Kundenbedürfnissen und den rechtlichen Vorgaben gerecht werdenden Vertriebsstruktur ab 2023 sorgen", so Michael Hedtke, Sprecher Vertrieb des VDVV. Hintergrund: Ursprünglich wollte Volvo mit dem Elektrofahrzeug C 40 Recharge auch eine neue Vertriebsstrategie beginnen: Alle Elektrofahrzeuge der Marke sollten ausschließlich online erhältlich sein. Jetzt darf aber auch der Handel den C40 Recharge verkaufen. Laut Volvo Deutschland Sprecher Olaf Meidt würde der Hersteller den Handel deshalb jetzt in den Verkauf einbinden, "weil noch keine vernünftige Lösung für den gewerblichen Flottenverkauf gefunden worden ist". Es werde derzeit aber sehr stark daran gearbeitet, dass auch Flottenverkäufe zukünftig online abgewickelt werden können. Der Händlerverband erhofft sich aber von den jetzt beginnenden Verhandlungen zu den Vertriebsstrukturen ab 2023, dass sowohl beim Direktvertrieb als auch beim Abomodell "Care by Volvo", deren Schicksal für den Händlerverband nun aneinandergekoppelt wurden, Konditionen ausgehandelt werden können, mit denen der Handel leben kann. Laut Weber sei der entscheidende Punkt, dass in diesem Jahr geklärt werden müsse, welche Aufgaben der Handel übernimmt und welche Volvo. "Wenn das geklärt ist, können wir auch darüber verhandeln, wie hoch die Vergütung sein muss", so Weber. Derzeit sei die Vergütung für den Handel für die Aufgaben, die er bei Care by Volvo übernehmen müsse, zu gering. Neues Geschäftsmodell "Dieses Thema ist für uns sehr wichtig, denn wenn diese Geschäftsmodelle unser klassisches Geschäftsmodell ersetzen sollen, reichen die derzeit daraus erzielbaren Erträge nicht, um die Autohäuser zu erhalten", erläutert Weber. Am Anfang hätten die Händler sich auf Care by Volvo eingelassen, weil es sich lediglich um ein ergänzendes Geschäft handeln sollte. Autos, die sonst nicht verkauft werden, könnten im Abo Abnehmer finden. "Wenn aber jetzt der Direktvertrieb kommen soll und Care by Volvo unsere klassischen Kunden ablöst, ist die Vergütung einfach zu wenig." Deswegen habe der VDVV diese beiden Themen jetzt miteinander verknüpft und wolle sich auf einen Vertrag ab 2023 einigen, der dann beides abdeckt. Ein klares Feedback gab es von Seiten der Vertragspartner auch zur täglichen Zusammenarbeit und Kommunikation mit ihrem Importeur. Dass der gerade in einer entscheidenden Transformationsphase den direkten persönlichen Kontakt über den Außendienst weitestgehend durch ein Ticketsystem ersetzt hat, werten die Vertragspartner als grundsätzlich falsche und geschäftsschädliche Entwicklung. Volvo Sprecher Meidt hat dafür kein Verständnis: "Schon vor Covid haben wir das Dealer Relationship Center eingerichtet. Dort stehen Experten für die Fragen des Handels zur Verfügung." Die Zentralisierung der Händlerbetreuung habe den Vorteil, dass der Händler dort kompetente Ansprechpartner antreffe und nicht der Außendienst erst die entsprechenden Fragen weiterleiten müsse, wie das früher gewesen sei. Laut Meidt seien die Besuche vor Ort auch nicht völlig eingestellt worden. "Wann immer nötig, wird es weiterhin persönliche Besuche geben." Positive Signale Trotz aller Widrigkeiten konnte die Verbandstagung jedoch auch mit positiven Signalen aufwarten: Angesichts erheblicher Herausforderungen haben die Volvo-Vertragspartner die Corona-Pandemie und damit auch die Geschäftsjahre 2020 und 2021 verhältnismäßig gut überstanden. Neben der engen und positiven Zusammenarbeit des Händlerverbandes mit dem Importeur und hierbei vereinbarten Corona-Hilfsmaßnahmen, sei dies sicher maßgeblich auch auf die erhebliche Flexibilität und Problemlösungskompetenz der Vertragspartner zurückzuführen, so der Verband. Neuer Geschäftsführer Der Stabilität der nationalen Vertriebsorganisation sei es zudem zu verdanken, dass auch ein zwischenzeitlicher Wechsel der Geschäftsführung des Importeurs trotz der turbulenten Gesamtlage für nur wenig Unruhe sorgte. Der Händlerverband begrüßt den neuen Geschäftsführer Herrik van der Gaag und freut sich auf die weitere Zusammenarbeit, die die Stärkung der einst engeren Partnerschaft mit dem Importeur im Fokus haben sollte. Ein Ausdruck dieser positiven Entwicklung seien auch die Verhandlungsergebnisse zu den vertrieblichen Rahmenbedingungen des kommenden Jahres. Musste der Verband den Mitgliedern noch während der Jahreshauptversammlung teilweise erhebliche Verschlechterungen dieser Rahmenbedingungen in Aussicht stellen, konnte diese im Nachgang bei schlussendlich einvernehmlichen Verhandlungen mit dem Hersteller beinahe sämtlich ausgeräumt werden. Dies ermöglicht den Vertragspartnern den Fokus bei voraussichtlich fortdauernd schwierigen Rahmenbedingungen im kommenden Jahr wieder voll auf die Rückkehr zu weiterhin ambitionierten Wachstumszielen zu legen. Verband gestärkt Auch verbandsintern gab es positive Entwicklungen zu vermelden. So hat sich der Händlerverband ab Ende 2020 mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer deutlich weiter professionalisiert, intensiv eigene Strategien für das Vertragspartnernetz erarbeitet und bereits kurzfristig begonnen, diese erfolgreich mit dem Importeur zu verhandeln. Die einstimmige Wiederwahl des gesamten Verbandsvorstandes und eine maßgebliche Erhöhung der Finanzkraft des Verbandes waren positive Signale der Mitglieder, diese Entwicklung weiter voranzutreiben und sich in erprobter Besetzung und mit breiter Unterstützung den Herausforderungen des kommenden Jahres zu stellen. "Wir fühlen uns für kommende Herausforderungen und auch forcierte Verhandlungen bestens gerüstet und hoffen auf weiterhin konstruktive, partnerschaftliche Gespräche mit unserem Importeur", so Jan Jockisch, Geschäftsführer des VDVV.

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