Qualifizierung: Für mehr digitale Kompetenz

Rund 45.000 Verkäufer haben die Fortbildung zum/zur "Geprüften Automobilverkäufer/in" und/oder "Geprüften Automobilverkäufer/in - Gebrauchtwagen" der Gütegemeinschaft Autoberufe hierzulande seit dem Start 1998 bis Herbst 2017 durchlaufen und ein Zertifikat erhalten. Das schätzt Birgit Behrens, Leiterin Berufsbildung bei Deutschen Kfz-Gewerbe (ZDK), der mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und dem Verband der Importeure (VDIK) die Gütegemeinschaft stellt und die Qualifizierungsstandards festlegt. Allein den Gebrauchtwagen-Zweig, der vor gut vier Jahren eingeführt wurde, haben nach ZDK-Zahlen rund 1.500 Mitarbeiter im Autohandel absolviert. Da der Bereich an Bedeutung gewinne und die Verkäufer öfter nach einer Qualifizierung fragten, würden sich laut Behrens immer mehr Marken neben den bereits zertifizierten Audi, BMW, Kia, Mercedes-Benz, Mitsubishi, Nissan, Opel, Renault, Seat, Skoda, Volvo Pkw, VW Pkw und VW Nfz anschließen. Qualifizierungsgrad nach Marken Wie hoch die Quote der zertifizierten Automobilverkäufer gemessen an der Gesamtzahl ist, unterscheidet sich nach den jeweiligen Vorgaben der Marken, ab denen die Weiterbildung verpflichtend ist. Eine AUTOHAUS-Umfrage (Ausgabe 6/2017) im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass die Korrelation zwischen allen angestellten und den geprüften Verkäufern bei den meisten Marken hoch ist. Premiummarken wie BMW/Mini sprechen von rund 90 Prozent und Porsche von 75 Prozent. Das dürfte bei Audi und Mercedes-Benz ähnlich aussehen, obwohl sie neben einigen anderen keine Angaben zur Zertifizierungsrate machen. Auch FCA mit seinen Marken beziffert die Quote mit 88 Prozent und Peugeot mit 75 Prozent. Nur wenige Marken wie Ford, Mitsubishi und Volvo haben unter 70 Prozent angegeben. Neue Anforderungen, neue Inhalte Ungeachtet dessen werden die Zertifizierungsstandards für die Weiterbildung der Verkäufer fortentwickelt. Jüngste Neuerungen zum/zur "Geprüften Automobilverkäufer/in" und/oder "Geprüften Automobilverkäufer/in" - Gebrauchtwagen" sind in den Seminarinhalten zur Qualifizierung in der Überarbeitungsversion vom 21. April des vergangenen Jahres aufgelistet. Demnach sind beim Thema Produktinformation und -training jetzt Lerninhalte aufzunehmen, die Kenntnisse über technische Neuerungen wie zum Beispiel "vernetztes Automobil", "teilautonomes und autonomes Fahren" oder "alternative Antriebe" vermitteln. "Es geht darum, dass aktuelle, herstellerspezifische Komfortsysteme verstanden und auch den Kunden selbstverständlich kommuniziert werden können", sagt Behrens. Daneben sind im Bereich Branche und Markt die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Verkaufsgeschäftes um die Aspekte Veränderungen in Kundensegmenten und Kundengruppen, demographische Veränderungen sowie Entwicklungen und neue Technologien im Automobilbereich ergänzt worden. Ziel ist es, die Teilnehmer mit den soziodemographischen und technologischen Veränderungen in der Automobilindustrie vertraut zu machen. Die rechtlichen Grundlagen umfassen nun auch das Telemediengesetz und die Regelungen zum Fernabsatz. Letzterem wird laut einem Vermerk in den Unterlagen von der Rechtsabteilung große Bedeutung beigemessen. Hintergrund: Es gebe dort viele rechtliche Problemfelder, welche sich künftig aufgrund neuer Vertriebsformen wie dem Verkauf über das Internet noch verstärken werden. Empfehlung ist darüber hinaus, auch das Bundesdatenschutzgesetz, Geldwäsche und Verbraucherstreitbeilegung aufzunehmen. In diesem Kontext heißt es dazu im Schriftstück: "Im Mai 2018 tritt die Datenschutzverordnung in Kraft. Diese ersetzt das heutige BDSG vollständig, d. h. ab nächstem Jahr sollten die Nettolisten um diese Neuerung angepasst werden!" Auf Nachfrage zu kommenden Inhalten rund um die neue Datenschutzverordnung sagt Behrens: "Wir haben dazu im April noch eine Schulung mit den Mitgliedern. Spätestens dann wird diese auch Teil der Qualifizierungsmaßnahmen." Digitales Know-how steigern Zusätzlich wurde bei der Schulung der Verkäuferpersönlichkeit im Unterpunkt Kundenorientierung das Ziel ausgegeben, den Teilnehmer mit den Auswirkungen der Digitalisierung und der verstärkten Nutzung online-gestützter Systeme vertraut zu machen. Die damit verbundenen Lerninhalte: Analyse neuer Käufer- und Kundengruppen zum individualisierten Vorgehen. Auch das Kapitel Verkaufsgespräch bzw. -technik enthält nun die Maßgabe, elektronische und digitale Medien und unterschiedliche soziale Medien in den Verkaufsprozess zu integrieren, als auch Informationsmedien und digitale Systeme des Herstellers/Importeurs und des Autohauses als Verkaufssteuerungssysteme nutzen zu können. Hier kommen unterschiedliche elektronische und digitale Medien, wie digitaler Verkaufsassistent, digitale Brille, sowie soziale Medien auf die Agenda. "Diese Qualifizierungsinhalte sollen den Verkäufer für den zunehmenden Online-Verkauf wappnen und etwa den optimalen Umgang mit Leads schulen", sagt Behrens. Ein weiterer neuer Baustein bei der systematischen Marktbearbeitung soll dazu dienen, bei Marktanalyse, -bearbeitung und Akquise nicht nur Online-Plattformen und innovative Vertriebskonzepte einzusetzen, sondern auch die Veränderungen der Kunden sowie alternative und innovative Mobilitätslösungen und Zukunftstrends des Herstellers/Importeurs und seiner Wettbewerber kennenzulernen. Stoff der Fortbildung sind daher unter anderem Online-Plattformen, wie GW-Börsen und Systeme wie "MIS" plus moderne Vertriebsmedien, wie "Showroom Views". Technisches Fachwissen verbreitert In der Praxis macht sich die Einführung der Module schon bemerkbar. Bei Jörn Bierwisch, Verkaufsleiter Mercedes-Benz Pkw der Peter-Gruppe in Nordhausen und bei der Marke zuständig für die Ausund Weiterbildung im Verkauf, durchlaufen aktuell drei Verkäufer die Weiterbildung. Sie werden seit diesem Jahr in spezifischen Entwicklungen wie den aktuellen und kommenden Hybridmodellen, Daimler EQ plus E-Mobilität im Allgemeinen mitgeschult. Im digitalen Bereich gehören Intelligent Drive und Connect me-Dienste zum Repertoire. "Die Qualifizierung hat sich dadurch verbessert, weil die Verkäufer mehr Fachwissen erhalten und die Ausgangsbasis für den Kundendialog verbreitert wird", sagt Bierwisch. Ein neues Thema ist ferner die Nutzung von Endgeräten wie iPads, Apps und anderer Online-Tools. "Teil davon ist die Vermittlung der Möglichkeiten des sogenannten Retail-Packages bei der Vermarktung, mit dem der Kunde beispielsweise über einen Bildschirm im Autohaus interagieren kann", erläutert Bierwisch. Er fügt hinzu: "Die Aufnahme der neuen Inhalte ist ein notwendiger Schritt gewesen, weil sich die Vertriebswelt gerade komplett wandelt und die digitale Interaktion mit dem Kunden immer wichtiger wird. Auch das Interesse an E-Mobilität steigt." Dabei dürften aber die klassischen Inhalte wie die Schulung der Verkäuferpersönlichkeit nicht vernachlässigt werden. Schließlich werde zumindest in den kommenden Jahren der Pkw immer noch am Schreibtisch im Autohaus verkauft. Online-Kommunikation verbessern Bei Oliver Renck, Geschäftsführer der Autohaus-Gruppe Renck-Weindel mit den Marken Fiat, Fiat Professional, Hyundai, Jeep, Kia und Suzuki an fünf Standorten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg befinden sich derzeit zwei Verkäufer in der Weiterbildung. Der mehrfach für seine Online-Aktivitäten ausgezeichnete Händler hält es ebenfalls für wichtig, dass der Zweig weiterentwickelt wurde: "Die Digitalisierung und alles, was insbesondere den damit verbundenen Kundenkontakt betrifft, ist zukunftsweisend für den Verkauf." Er selbst hat die Professionalisierung in diesem Bereich zur Chefsache erklärt und vertieft mit seinen Verkäufern das Gelernte. "Wir erarbeiten anhand von konkreten Fällen in Vier-Augen-Gesprächen, wie die Ansprache der Kunden über alle Online-Kanäle verbessert werden kann", so Renck. Das beginnt für ihn bei der Beantwortung der Anfrage via Website und reicht bis zur Nutzung der internen Systeme sowie des Social-Media-Auftrittes zur Vermarktung. "Die qualitative Bearbeitung jedes einzelnen Kontaktes und des Marktes könnte auch noch steigen, indem die neuen Inhalte ausgeweitet werden", resümiert Renck. "Denn die fahrzeugtechnischen und digitalen Entwicklungen sind derart vielfältig und schnelllebig, dass breites Wissen notwendig ist."

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