Diesel-Debatte: Fakten statt Fiktion

Viel wird derzeit diskutiert und geschrieben über den Diesel. Über Abgase und drohende Fahrverbote, über Preise und Restwerte. Das schafft Raum für wohlfeile politische Forderungen und schürt die Verunsicherung auf allen Seiten. Um die unübersichtlichen und teils hitzigen Diskussionen zu versachlichen, legen die Branchenanalysten DAT und Schwacke regelmäßig aktuelle Zahlen zur Marktentwicklung vor. Die DAT etwa gibt mit dem seit April vorübergehend monatlich erscheinenden "Diesel-Barometer" einen Überblick über Wertverläufe und Standzeiten. Die aktuelle Auswertung zeigt, dass ein Preisverfall bei Dieselautos bislang nicht flächendeckend eingetreten ist. So lag der Restwert für einen drei Jahre alten Diesel im März bei 55,7 Prozent des ursprünglichen Listen-Neupreises. Vor einem Jahr hatte der Wert 55,2 Prozent betragen. Gründe für die stabile Entwicklung liefert Schwacke: Zum einen reagiert der Gebrauchtwagenmarkt tendenziell langsamer auf "Großereignisse" wie Dieselgate - zum anderen wird das Geschäft von einer Reihe anderer Faktoren maßgeblich beeinflusst. Dazu gehören etwa der gesamtwirtschaftliche Aufschwung, die Kaufkraftdaten, der wachsende Anteil von Flotten- und Vermietzulassungen und Verschiebungen bei den Fahrzeugsegmenten. Schwacke erwartet deshalb auch in den kommenden Monaten keine dramatischen Veränderungen, sondern in Summe stabile Werte. Regionale Unterschiede Dass es dennoch Grund gibt, wachsam zu sein, belegen unter anderem Zahlen des Online-Marktplatzes Mobile.de. Demnach stieg die Zahl der Dieselinserate seit September 2015 deutlich um 27,5 Prozent, die Zahl der angebotenen Benzinfahrzeuge nahm im gleichen Zeitraum hingegen um 3,5 Prozent ab. Gleichzeitig legten die Standtage bei Dieselmotoren kontinuierlich von 76 (9/2015) auf aktuell 85 zu; die der Benziner sanken. Während der Durchschnittspreis von Benzinfahrzeugen seit September 2015 (17.483 Euro) auf nunmehr 19.027 Euro kletterte, verharrt der Preis für Dieselautos auf dem Niveau vor dem Abgas-Skandal (September 2015: 23.179 Euro; April 2017: 23.175 Euro). Im April-Jahresvergleich wurden die bei Mobile.de offerierten Diesel etwas günstiger gehandelt (minus 0,7 Prozent). Die Preise von Autos, die einen Ottomotor unter der Haube haben, zogen gegenüber April 2016 allerdings kräftig an (plus 6,3 Prozent). Regional zeigen sich durchaus Unterschiede, die offenbar nicht nur das wachsende Misstrauen gegen den Selbstzünder widerspiegeln, sondern auch mit drohenden Nutzungseinschränkungen zu tun haben. In Stuttgart, wo temporäre Fahrverbote ab 2018 geplant sind, steigt beispielsweise das Angebot an Dieselfahrzeugen (plus 12,1 Prozent), gleichzeitig sinken die Preise (minus 3,9 Prozent). "Das spricht für ein geringeres Interesse der Verbraucher", erklärt Mobile.de-Chef Malte Krüger. Handelsmargen unter Druck Laut einer aktuellen Online-Umfrage von AUTOHAUS.de glauben 70 Prozent der Leser aus der Kfz-Branche, dass die Restwerte von Diesel-Pkw in Deutschland weiter zurückgehen werden. Die Autohäuser bekommen die Verunsicherung der Verbraucher bereits zu spüren, so ist von Preisdruck und Restwertanpassungen zu hören. Laut "Diesel-Barometer" nahmen im ersten Quartal 2017 vor allem die Standtage von Diesel-Pkw deutlich zu, was die Margen im Handel trotz einer insgesamt positiven Marktentwicklung belastet. Die DAT berücksichtigt für ihre Marktbewertung zusätzlich die Aussagen der Händler. Dazu hat der Dienstleister einen "Experten-Arbeitskreis Diesel-Barometer" gegründet, der Mitte April erstmals zusammenkam. Die anwesenden Händler seien sich einig gewesen, dass sich der Markt im Wesentlichen aufgrund der gewerblichen Kunden stabilisiert habe, hieß es. Sorgen bereitet den Kfz-Unternehmern die negative Berichterstattung über den Diesel in den Medien. Verunsicherung wächst Aktuelle Zulassungszahlen und Verbraucherbefragungen lassen für die Zukunft nichts Gutes ahnen. Im ersten Quartal 2017 gab es laut KBA einen Rückgang der Dieselfahrzeuge um knapp vier Prozent (minus 3,77 Prozent). Die Neuzulassungen bei den Benzinern wuchsen dagegen um 14 Prozent. "Die kritische Haltung gegenüber dem Dieselmotor ist ein Paradigmenwechsel, denn die Politik hat den Dieselmotor jahrelang gefördert", warnt Klaus Dieter Breitschwert, Präsident und Landesinnungsmeister des Kfz-Gewerbes Bayern. Daher sei die Politik dringend gefordert, schnell und eindeutig Position zu beziehen. "Die öffentliche Diskussion der letzten Monate über mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verunsichert Autofahrer und Kfz-Händler deutlich." Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag der DAT unter 1.019 Verbrauchern in Deutschland wollen 25 Prozent den anstehenden Kauf hinauszögern, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Zwei Drittel der Endverbraucher geben sich hingegen noch gelassen, was mögliche Wertverluste oder Fahrverbote betrifft. Allerdings glauben 57 Prozent, dass die Bedeutung des Diesels zukünftig abnehmen wird. Wer aktuell einen Selbstzünder fährt und nun vor dem Kauf steht, der zögert zu 40 Prozent beim Kauf, um die Entwicklung beim Diesel abzuwarten. 33 Prozent warten wegen der Feinstaub- und Fahrverbotsdebatte ab. Wenn es um den Verkauf des eigenen Dieselfahrzeugs geht, haben 22 bzw. 21 Prozent Angst vor Wertverlust oder Fahrverbot. Ähnliche Ergebnisse brachte unlängst auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Targobank. Demnach denkt ein großer Teil der Diesel-Fahrer über einen Umstieg auf andere Motortypen nach. Nur noch zwei von fünf Diesel-Fahrern planen beim nächsten Autokauf die erneute Anschaffung eines Diesels. Der Rest will wechseln oder ist unsicher. Dass davon allerdings alternative Antriebe kaum, sondern vor allem Benzinmotoren profitieren könnten, ist eine andere Geschichte. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger dürfte der Diesel-Anteil bei Mittel- und Oberklasseautos in Europa bis 2030 auf ein Drittel, bei Kleinwagen sogar gegen Null sinken. Heute ist jeder zweite Neuwagen in Europa ein Diesel. Die großen Autobauer investieren nach wie vor Milliarden in die Technologie. Der Chef des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, betont, Hersteller und Zulieferer arbeiteten "mit Hochdruck an der weiteren Verbesserung der Dieseltechnologie". Das wird auch nötig sein, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. DAT Diesel-Barometer Mit einer temporär erscheinenden Marktanalyse will die DAT ab sofort valide Zahlen in der Diesel-Debatte vorlegen. Das "Diesel-Barometer" umfasst einen Vergleich der Standtage von Diesel- und Benzinfahrzeugen, eine Betrachtung des Gesamtmarktes, Zahlen zu Kraftstoffverbrauch und -preisen sowie eine Befragung von Endverbrauchern.Die DAT analysiert für das "Diesel-Barometer" die Werte von drei Jahre alten Gebrauchtwagen über alle Segmente mit den segmentspezifischen Laufleistungen von 15.000 oder 20.000 Kilometern pro Jahr.

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