Benefiz-Talk: "Den Profis steht eine gute Zukunft bevor"

AH: Mit welchen Marken, Kapital und Mitstreitern wollen Sie in welchen Vertriebs-/Betriebsformen und Standorten in Zukunft noch wachsen? H.-J. Persy: Wir hegen und prüfen permanent Wachstumsüberlegungen mit den bereits von uns vertretenen Marken und gegebenenfalls auch weiteren des VW-Konzerns. Die monetäre Grundlage dafür bietet die gute Eigenkapital-Position der Löhr-Gruppe. Im Kontext der Etablierung der Löhr Automeile in Mainz haben wir uns beispielsweise mit Off-Balance-Strategien befasst, die wir fallweise auch bei weiteren Standortinvestitionen in Erwägung ziehen. Unsere regionalen Auftritte und damit unsere Interesse an Vor-Ort-Lösungen im Sinne eines stationären Geschäftsmodells beschränken sich derzeit auf Rheinland-Pfalz, Hessen und NRW. Dem Faszinosum "Neuwagen-Online-Vertrieb" widmen wir uns seit geraumer Zeit, sind dort aber noch in der "Lernphase". AH: Wie schaffen oder behalten Sie Ihre strategische Autonomie gegenüber den OEM? H.-J. Persy: Ich möchte drei relevante Aspekte benennen, von denen es viele weitere gibt: Unsere Autohaus-Aktivitäten finden nicht in den Metropolen Deutschlands statt. Wir sind sehr aktiv und kreativ, was unsere Struktur und das aktive Führen und wirtschaftliche Weiterentwickeln unserer Standorte angeht. Wir sind gut vernetzt und fühlen uns durch die Gremienarbeit sehr eng mit den beteiligten Marken und deren Strategien verbunden. AH: Wie integrieren Sie Übernahmen rasch und kostenoptimiert im Post-Merger-Prozess? H.-J. Persy: Übung macht den Meister. Wir haben uns in dem Punkt in den letzten 15 Jahren sehr stark weiterentwickelt. Unsere routinierten Verhandlungsteams wissen genau, was sie tun, und sie tun es auf der Basis von Identifikation, Qualifikation und ausgeprägter Erfahrung. Ist der Übernahmevorgang bewältigt, ergänzen wir die zugewonnenen Belegschaften mit bewährten Mentoren und Mitarbeitern, die gemeinsam sicherstellen, dass das Beste aus den "beiden Welten" wirken und sich entfalten kann. AH: Wie sorgen Sie für eine stabile Entwicklung einer Managementkapazität? Welche Personalentwicklungsstrategie verfolgen Sie? H.-J. Persy: Ein essenzieller Punkt, dem wir uns aktiv widmen. Wir haben bereits vor mehr als zehn Jahren die "Löhr & Becker Akademie" etabliert. Sie richtet sich mit ihrem Angebot an unserer Führungskräfte der ersten und zweiten Reihe sowie an unsere Talente. Neben Aspekten wie Wertschätzung, Chorgeist, Gesundheitsmanagement, fachlicher Weiterbildung etc. geht es uns um hochkarätigen Managementnachwuchs, also darum, in den eigenen Reihen geeignetes Führungspersonal für höhere Aufgaben zu finden, zu entwickeln und zu binden. Das permanente Wachstum unseres Unternehmens erfordert geeignete Personalentwicklungskonzepte - die "Löhr & Becker Akademie" ist ein relevanter und konsequenter Baustein. Aus dem Pool dieser Akademie generieren wir den überwiegenden Teil unserer Top- Führungskräfte. Nahezu alle unsere Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer haben wir "inhouse" für ihre Führungsaufgabe generiert. Das heißt, wir haben sie ausgewählt, vorbereitet und zertifiziert. Dass wir sie bei der weiteren Umsetzung begleiten, gehört auch dazu. Neuerdings schaffen wir uns zudem eine Art "Reservebank". Mit Kienbaum und dem Format "Potential AC" haben wir gerade drei Führungskräfte aus der zweiten Reihe qualifiziert, die ihrer Verwendung entgegenfiebern. Gelegentlich greifen natürlich auch wir auf qualifizierte externe Führungskräfte zurück. Erfahrungsgemäß genießen jedoch unsere eigenen "Akademiker" den Vorzug. Von derzeit 16 operativen GF haben wir 13 selbst qualifiziert und aktiv in die GF-Position begleitet. AH: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Vertrieb und auf die Prozesse in Ihrer Autohaus-Gruppe? Welche Digitalisierungsstrategie verfolgen Sie? H.-J. Persy: Bei Gebraucht- und Lagerfahrzeugen sind wir gut am Ball und verkaufen recht ordentlich übers Netz. Bei zu disponierenden Neuwagen sind wir noch im Bereich "Jugend forscht" unterwegs und sammeln Erkenntnisse. Die Materie und die diversen Sachzusammenhänge sind komplex, die vermeintlichen Lösungen wie relevanten Schnitt- und Schaltstellen alles andere als trivial. Wir testen und entwickeln fleißig weiter und wissen mit Blick auf einschlägige Portale bereits: Der digitale Vertrieb kann ein relevanter, vorrangig nachlassinduzierter Absatzkanal im volumengetriebenen Neuwagenbereich sein. Im Premiumvertrieb des Fahrzeughandels wird er bis auf Weiteres nicht DER relevante Absatzkanal werden. Das ist unser derzeitiger Eindruck. AH: Wie sorgen Sie in Ihrer dezentralen Unternehmensstruktur für das notwendige Wir-Gefühl? Wie gestalten Sie die Unternehmenskultur in Ihrer Gruppe? H.-J. Persy: Das ist eine gute Frage, die ich mir eher mit Blick auf die großen Konzerne dieser Welt stelle. Im lange zurückliegenden Studium hat man mich gelehrt, dass Unternehmen mit mehr als 6.000 Menschen nicht mehr durch Einzelne steuerbar seien, sondern sich vielmehr selbst regulieren. Eine Sichtweise, die nicht an Aktualität verloren hat. Wie auch immer: Wir sind deutlich weniger als 6.000 und ich bin erfreulicherweise nicht alleine mit der Führung der Löhr-Gruppe betraut. Wir führen das Unternehmen konkret mit einem zweistufigen Team, dessen Mitglieder und Arbeit ich sehr schätze. Was das Zusammengehörigkeitsgefühl im Sinne der Unternehmenskultur angeht, tun wir eine ganze Menge, und das seit jeher. Angefangen von dem Einsatz geeigneter Führungskräfte über Mitarbeiter-Zeitungen, unsere Akademie, turnusmäßige Aktionärsbriefe und BR-Foren, gemeinsamen Events und dem vorrangigen Mitteilen wichtiger Unternehmensinformationen via Intranet. Das Thema hervorragende Vergütung soll auch nicht unerwähnt bleiben. Wir zahlen Tarif und zudem erfolgsbezogen. Damit sind bis dato gut gefahren. AH: Was ist die größte Herausforderung derzeit für Betriebe Ihrer Größenordnung? H.-J. Persy: Gemessen an dem, was die Automobilindustrie derzeit zu bewältigen hat, erscheinen unsere Herausforderungen klein. Dennoch haben sie eines gemeinsam: Sie sind keine Projekte, sondern Veränderungen existenzieller Natur und so fühlen sie sich auch an. Die größte Herausforderung (für uns Händler) ist und bleibt der Balanceakt zwischen Wachstum und Konsolidierung, Investition und Amortisation. Dabei geht es nicht nur um Glas, Stahl und Beton, sondern auch um Trends, Vertriebsformate, talentierte Menschen und wirksame Absatzkanäle. AH: Wie wird Ihrer Meinung nach der Autohandel im Jahr 2025 aussehen? H.-J. Persy: Wenn ich das wüsste. Ich vermute, in der Bewältigung des Alltags, wie Lebensmittel besorgen, Dienstleistungen beauftragen oder regionale Mobilität organisieren, wird sich Signifikantes bewegen. Im Autohandel wird sich der Druck auf den "Gemischtwarenbetrieb" weiter erhöhen. Im exklusiven Premiumsektor werden sich noch weitaus professionellere, markenspezifische Strukturen gebildet haben. Der Volkswagen-Konzern und seine Marken werden hier Vorbild und Vorreiter sein und an diversen Formatbeispielen zeigen, wie es gehen kann. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass den Profis eine gute Zukunft bevorsteht und Menschen weiterhin bei Menschen kaufen werden. Der Rahmen mag sich ändern, der Wunsch nach exklusiver, effizienter Beratung und Betreuung wird bleiben. Oder gar steigen. Die Frage ist, wie das auf der Vergütungsseite gestaltet werden kann. Um im Bereich Autoteile und Service Schritt halten zu können, bedarf es an Kreativität, Veränderungsbereitschaft und Experimentierfreude. Hier können starke Zweckgemeinschaften und Netzwerke sehr inspirierend und hilfreich sein. Wichtig ist, sich in einem konstruktiven Umfeld zu bewegen, dass ständig an sich und an modernen Lösungen arbeitet, um die Kundenfrequenz im stationären Autohandel zu sichern und möglichst nachhaltig auszubauen. AH: Wie wird sich der Service in den nächsten Jahren verändern? H.-J. Persy: Es wird spannend sein, das aktiv mitzuerleben. Wenn Sie, z. B. bei Audi, genau hinsehen und aktiv zuhören, was bereits heute zu funktionieren scheint und bald flächig in Szene gesetzt werden soll, ist das revolutionär. Der Audi-Claim "Science not fiction" trifft das sehr gut. Volkswagen wird Zeichen setzen, was für die Generation Golf, der auch ich angehöre, bedeutet: Es werden Serviceformate Wirklichkeit werden, die wir vor wenigen Jahren noch für völlig unvorstellbar und "Raumschiff Enterprise" gehalten haben. Digital koordinierte, prädiktive Servicestrategien werden Einzug in unseren Autohausalltag halten. Bei Kundendienstterminen bringt nicht mehr ausschließlich der Fahrer das Auto. Die Kundenfahrzeuge werden von unseren IT- Programmen auslastungsbedingt angesprochen, gesteuert und selbsttägig, sprich fahrerlos, in die Werkstätten manövriert. Zusätzliche Motorleistung, Auspuffsounds oder Fahrerassistenz-, Naviund Musikdienste werden jederzeit über Apps verfügbar sein und uns Freude bereiten. Die drei Megatrends Elektrifzierung, pilotiertes Fahren und "connected cars" bieten uns Chancen. Eine faszinierende, neue Welt, die sich da vor uns auftut. Interview: Ralph M. Meunzel Benefiz-Talks Der Multi-Service-Dienstleister Christoph Kroschke GmbH führt in diesem Jahr sogenannte "Benefiz-Talks" in Autohäusern. Das Leitmotiv bei diesen Expertengesprächen lautet "Die Zukunft im Blick". Diese Gespräche dienen gleichzeitig dem guten Zweck: Kroschke stiftet pro Gespräch 5.000 Euro, die benachteiligten Kindern und Jugendlichen zugutekommen.Das sechste Benefiz-Gespräch fand bei der Löhr & Becker AG, Koblenz, statt - mit dem Vorstandsvorsitzenden Hans-Jürgen Persy und den Herren Christian Bartelheimer und Matthias Gauglitz (siehe Foto oben).

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