Branchenvergleich: Blick über den Tellerrand

Wer kennt das nicht: Kaum hat man es sich nach der stressigen Dienstreise auf dem Bürostuhl bequem gemacht, trudelt eine E-Mail des Hotels im Online-Postfach ein. "Im Rahmen unseres Bestrebens, unsere Serviceleistungen kontinuierlich weiter zu verbessern, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie eine kurze Bewertung Ihres Aufenthaltes vornehmen könnten." Und weiter im digitalen Anschreiben: "Zu diesem Zweck bitten wir Sie sehr herzlich, einige Fragen zu beantworten." So der überaus freundliche Wunsch, den Aufenthalt im Hotel bitte schön zu bewerten. Ein Vorgang, der mittlerweile gängige Praxis ist - und der viel über die Bedeutung des Kundenfeedbacks bei Hotels aussagt. Laut DEHOGA Bundesverband gewinnt das Internet hierzulande für die Hotellerie nicht nur als Infomedium für die Gäste an Bedeutung, sondern auch als Distributionsweg. Doch die gebotene Transparenz samt Gästebewertungen stellt die Hoteliers vor Herausforderungen - und eröffnet gleichzeitig eine große Chance. Denn die Bedeutung der Online-Buchungsportale und -Bewertungen hat für den Gast in spe rasant zugenommen. So veröffentlichte der Hotelverband Deutschland vor rund einem Jahr in einer Mitteilung die Ergebnisse einer repräsentativen TNS-Infratest-Umfrage. Demnach seien zwischen 2008 und 2014 Online-Bewertungen (52 Prozent) zur zweitpopulärsten Infoquelle für privatreisende Hotelgäste aufgestiegen - nach den persönlichen Empfehlungen von Freunden und Bekannten (74 Prozent). Welche Auswirkungen eine schlechte Bewertung im Netz für den einzelnen Betrieb dann hat, lässt sich leicht ausmalen, wenn mehr als jeder Zweite bei der Suche die Bewertungsrubrik auf den externen Plattformen konsultiert. Sechs Jahre zuvor war es nur jeder Vierte. Subjektiv versus objektiv Auf Platz drei landete in der Umfrage übrigens die offizielle Sterne-Klassifizierung (47 Prozent), mit einem Plus von sechs Prozentpunkten. Quasi die objektive Komponente als Gegenpol zu den subjektiven Meinungen im World Wide Web. Interessant: Dem DEHOGA Bundesverband zufolge startete die europäische Dachorganisation HOTREC bereits vor Jahren eine Dialoginitiative mit den großen Portalbetreibern. Das Ziel: mit qualitativ besseren Bewertungen die Transparenz und die Verlässlichkeit für die Gäste zu erhöhen. Fairness ist hier beim vom Nutzer erzeugten Mehrwert Trumpf, dafür brauchte es feste Spielregeln. Doch der Hotelverband Deutschland gibt den Hoteliers in seinem Kompendium "Hotelmarkt Deutschland 2015" auch konkrete Anweisungen, wie man mit dem Content der Gäste auf den Portalen umgehen sollte. Etwa dadurch, dass sie "zügig und mit einer klaren Botschaft" darauf reagieren - und so die eigene Reputation verteidigen respektive aufbauen. Die wichtige Botschaft, auch für Autohauschefs: sich aktiv mit den Bewertungen auseinandersetzen und hier die nötige Zeit investieren. "Die mitterweile eröffneten Reaktionsmöglichkeiten geben dem Hotelier die Chance, sich Gehör zu verschaffen und Vertrauen aufzubauen." Beispielsweise mit eigenen Bildern, Beschreibungen oder Pressemitteilungen auf den Portalen. Zwei weitere Dinge sind nach Ansicht des Hotelverbands Deutschland ganz entscheidend. Erstens locken gute Bewertungen potenzielle neue Übernachtungsgäste an, zweitens sorgt ein aktives Online-Beschwerdemanagement für Kundenbindung. Präventiv und professionell Dass man auch noch viel früher ansetzen kann, machen einem die deutschen Versicherer vor. Offenbar mit Erfolg, wie die aktuelle Kundenbefragung "Versicherer des Jahres 2015" im Auftrag des Nachrichtensenders n-tv nahelegt. Das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) hatte dafür online 5.067 Privatkunden einer Versicherung ihr Urteil abgeben lassen. Das Ergebnis: Die Gesamtzufriedenheit der Kunden mit der Branche sei höher als 2014 gewesen, hieß es. Das bedeutet also, dass die Assekuranzen peu à peu das in der Finanzkrise verlorene Terrain wiedergutmachen können. Dreh- und Angelpunkt ist in dieser Branche die Beratungsqualität. Seit Mitte 2013 gibt es den verschärften Verhaltenskodex für den Vertrieb des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dieser verpflichtet die beigetretenen Unternehmen "zu einem fairen Umgang mit Kunden, zu bedarfsgerechter Beratung und verständlichen Produkten". Auch die Weiterbildung ist fester Kodex-Bestandteil, sodass die beigetretenen Versicherer dem GDV zufolge nur noch mit Vermittlern zusammenarbeiten, die sich regelmäßig schulen lassen. Doch auch den Versicherungsvermittlern, die in Deutschland auf einen Marktanteil von über 90 Prozent kommen, ist an einer professionellen Beratung gelegen. Schließlich brauchen sie einen zufriedenen Kundenstamm, man denke nur an das Thema Provisionen. Und die sprudeln nur, wenn die Mund-Propaganda erfolgreich ist. Darüber hinaus scheint auch die Produktqualität zu stimmen. Mit 81 Prozent der Versicherungsnehmer sei die Zufriedenheit bei der Umfrage "Versicherer des Jahres 2015" besonders hoch gewesen, so das DISQ. Sollte es allerdings doch einmal zu Beschwerden von Versicherten kommen, schlägt die Stunde des Ombudsmanns als Schlichter. Die Branche setzt hier auf eine unparteiische und kostenlose Notbremse für den Verbraucher, damit die Chance besteht, Ärgernisse frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Schließlich möchte der Vermittler den Versicherungsnehmer auch nächstes Jahr noch zum Gespräch begrüßen. Stichwort: Wiederholungstäter. Die wünscht sich das auch eingangs erwähnte Hotel in seiner E-Mail. Man hoffe, einen "schon bald wieder in einem unserer Häuser begrüßen zu dürfen." Da fühlt man sich doch gleich willkommen. Kurzfassung Auch in anderen Branchen nimmt das Thema Kundenzufriedenheit einen immer höheren Stellenwert ein. Sei es durch die Bewertungsportale, die Hoteliers vor Risiken stellen, aber auch Chancen kreieren. Sei es in puncto Top-Beratungsqualität, die sich die heimischen Versicherer auf die Fahnen geschrieben haben. Kommentar Branchen wie die Hotellerie sind, was den Umgang mit Kundenzufriedenheit angeht, schon ziemlich weit. Offensichtlich haben die Hoteliers relativ früh die Zeichen der digitalen Zeit und die Chancen dieses Distributionskanals erkannt. Was soll es denn auch im großen wie vielschichtigen World Wide Web bringen, ständig gegen Windmühlen anzukämpfen, wenn bei Preis und Angebot eine völlige Transparenz herrscht.Mehr noch: Die Bewertungsportale zwingen die Hotelmanager stets wachsam zu sein, auf negative Kommentare ihrer Kunden aktiv zu reagieren und somit an der eigenen Marke beziehungsweise Online-Reputation zu feilen. Man ist geneigt, von einer Markenbildung 2.0 zu sprechen. Das ist natürlich ein zeitintensives, aber für den einen oder anderen Hotelier sicherlich auch lohnendes Unterfangen, das auch manchem Kfz-Betrieb gut zu Gesicht stünde. Nachmachen erlaubt!Patrick Neumann, stellvertretender Chefredakteur AUTOHAUS

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#Kundenzufriedenheit

HB ohne Filter vom 10. Juli 2015

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