Von Doris Plate
Keine Angst vor der Macht der Daten. Das war die zentrale Botschaft des 5. Fabrikatshändlerkongresses am Donnerstag in Berlin. "Wir sind stark genug, um diese Zukunft zu gestalten", sagte ZDK-Vizepräsident Ulrich Fromme in seiner Eröffnungsrede vor 300 Teilnehmern, davon die Hälfte Händler.
Die Branchenveranstaltung hatte sich zum Ziel gesetzt, sich mit dem Zukunft des Autohandels in Zeiten von Big Data auseinanderzusetzen. Dabei wurde klar, dass es keineswegs ein Universalmodell für den Vertrieb von morgen geben wird – auch wenn sich alle darüber einig waren, dass der traditionelle Autohandel auch künftig unverzichtbar sein wird. Denn: "Keiner ist derzeit dichter am Kunden als wir", erklärte der Vorsitzende der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen.
Nur im Verbund
Aber: Es geht darum, wie Daten gesammelt, angereichert, verarbeitet und analysiert werden können. Das kann kein einzelner Händler. Fromme: "Das geht nur im Verbund von Hersteller, Importeur und Händlernetz." Es müsse geklärt werden, wer im System als erster Ansprechpartner hinterlegt wird. Und ganz wichtig: Es muss über die Provisionsverteilung gesprochen werden. Denn wenn die Erträge im Autohandel in den herkömmlichen Geschäftsfeldern schwinden, müssen Erträge aus den neuen Geschäftsfeldern erwirtschaftet werden können, um die Autohäuser zu erhalten.
Ein hervorragendes und in Bezug auf Einbeziehung der Händler sehr ermutigendes Beispiel für die Möglichkeiten in Zukunft mit den Daten der Kunden zusätzliche Erträge zu generieren, war die Präsentation von Ford-Manager Wolfgang Kopplin. Mit "FordPass" verfügt der Kölner Hersteller über einen "digitalen Hub", der ermöglicht, etwas aus den bereits vorhandenen Daten zu machen. "Schon jetzt sollte kein Ford-Händler einen Kunden aus dem Showroom gehen lassen, ohne dass dieser diese App heruntergeladen hat", so Kopplin. Wenn dies noch im Autohaus geschehe, könne der verkaufende Händler sicherstellen, dass er auch als Bezugsbetrieb eingetragen wird und damit der erste Ansprechpartner für den Kunden bleibt. Hinterlegt sind unter anderem Terminbuchung, Erinnerung, Finanzierungsdetails und Vertragsauslauf. Das vereinfacht den Kontakt und ermöglicht gezielte Angebote.
App mit vielen Möglichkeiten
Die Ford-App hat aber noch viel mehr Möglichkeiten, die teilweise in USA schon Realität sind und bald voraussichtlich auch in Deutschland kommen werden. Je mehr sinnvolle Funktionen es gibt, desto größer die Chance, dass der Kunde die App auf seinem Smartphone behält. Zum Beispiel eine Park-Funktion, mit der man Parkplätze suchen, buchen und bezahlen kann. Oder Live-Verkehrsinformationen. Oder ein digitaler Schlüssel, der den Zugang zum Fahrzeug ermöglicht. Auch eine Fahrzeugverwaltung für geteiltes Fahren kann damit geleistet werden.
Eine Steilvorlage für die geteilte Nutzung von Fahrzeugen. Aber auch ohne diese Funktion ist Ford beim Carsharing schon ganz vorne: 2016 haben die Kölner über ihre deutschen Händler 1,6 Millionen Carsharing-Kilometer verkauft. Bundesweit sind 4.000 Autos an 300 Standorten von Ka bis Transit im Einsatz. Kopplin: "Wir wachsen jedes Jahr um über 30 Prozent bei Buchungstagen und Kilometern." Das sind nicht nur zusätzliche Fahrzeuge auf der Straße, sondern bedeutet auch zusätzliche Werkstattauslastung und neue Kunden, die die Marke so kennenlernen. Alles in Zusammenarbeit mit dem Autohaus. Das gelte auch für die Möglichkeiten der App: "Der Händler nimmt weiterhin die zentrale Rolle im Verkaufsprozess und Service ein."
Hyundai: Store ist nur Ergänzung
Auch Markus Schrick, Geschäftsführer von Hyundai Deutschland, setzt weiterhin auf das normale Händlergeschäft. Obwohl gerade seine Marke in den letzten Monaten Schlagzeilen mit den neuen Stores in Einkaufszentren (Rockar in London, Cartopia in Norwegen) gemacht hat, sieht Schrick solche Showrooms lediglich als Zusatz zum normalen Händlergeschäft. Und er geht davon aus: "Auch in den nächsten zehn Jahren sind maximal zehn Prozent unseres Absatzes online Verkäufe." Es gehe nach wie vor darum, Produkte zu zeigen und physisch erlebbar zu machen. Deshalb seien die Autohäuser weiter nötig.
Ward Martens, Sprecher der BMW & Mini-Händlerverbandes in Belgien und Luxemburg, stellte das Zwischenmenschliche bei der Kundenbetreuung in den Vordergrund: "Es geht nicht nur um Technologie, es geht um Verhalten." Denn: "Wir sind Meister der Emotionen. Computer können vorhersagen, wir können überraschen."