Klischee hin oder her: Andreas Hoffmann-Daimler fährt keinen Daimler, er besitzt nicht einmal ein Auto. Stattdessen setzt der Architekt aus Ravensburg auf öffentliche Verkehrsmittel. "Ich empfinde die Zeit als kleine Zeitgeschenke. Ich kann lesen, arbeiten oder einfach nur meinen Gedanken nachgehen." Eine Erkenntnis, die bei dem 48-Jährigen wohl mit der Zeit gereift ist. "Ich hatte irgendwann mehr Strafzettel als Tankbelege und da entschied ich mich, das Auto abzuschaffen. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereut habe."
Hoffmann-Daimlers Urahn Gottlieb Daimler soll ähnlich temperamentvoll gewesen sein, überhöhte Geschwindigkeit war ihm allerdings kaum möglich: Als er 1886 einen Antrieb in eine Kutsche einbaute, hatte der gerade mal eine Pferdestärke. Hoffmann-Daimler ist ähnlich langsam unterwegs, wenn er seiner Leidenschaft, dem Pilgern, nachgeht. "Meine große Sehnsucht ist, den ganzen Jakobsweg von Ravensburg nach Santiago zu bewältigen. Bisher bin ich den spanischen von León nach Santiago und den portugiesischen von Porto nach Santiago gelaufen."
Der 48-Jährige wuchs in Rottenburg (Baden-Württemberg) auf. Über Daimler wurde nicht viel gesprochen. Sein Vater, der Enkel Daimlers, war Orthopäde und Wissenschaftler an der Universitätsklinik Tübingen. Er starb, als Hoffmann-Daimler zwölf Jahre alt war. "Als ich das nötige Alter hatte, um meinen Vater mit Fragen zu löchern, war er leider nicht mehr da und meine Mutter konnte das ganze Thema gar nicht so weitertragen."
"Es sind meine Wurzeln, es ist meine Familie"
Inzwischen hat sich der 48-Jährige an die Geschichte seiner Familie getraut. "Es sind meine Wurzeln, es ist meine Familie, und es ist meine Lebensgeschichte, mit der ich mich mittlerweile versöhnt habe." Er studierte in Stuttgart, nach Ravensburg lockte ihn ausgerechnet die Planung eines Dienstleistungszentrums für Porsche.
Mit dem Daimler-Konzern, an dem die Familie seit mehr als hundert Jahren keine Anteile mehr hat, besteht nur ein loser Kontakt. Zum 125. Geburtstag des Automobils in Stuttgart saß Hoffmann-Daimler mit im Autokorso. Und ihn fasziniert die Forschungsabteilung des Unternehmens. "Ich finde diese Jungs einfach bewundernswert. Die forschen mittlerweile an Dingen, die können wir uns als Normalsterbliche noch gar nicht vorstellen." (dpa)