Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das Regierungsziel von einer Millionen Elektroautos bis zum Jahr 2020 aufgegeben. "So, wie es im Moment aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen", sagte sie an diesem Montag während eines Arbeitnehmerkongresses der Unionsfraktion in Berlin. Allerdings könne der Durchbruch für den Elektroantrieb sehr plötzlich kommen. Dies sei etwa im Bereich von Smartphones ähnlich gewesen. Daher müsse sich Deutschland weiter auf die E-Mobilität vorbereiten.
Die Absage kommt bei den zuständigen SPD-Ministerinnen nicht gut an. E-Mobilität sei für Industrie und Umwelt in Deutschland "von herausragender Bedeutung", sagten Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Umweltministerin Barbara Hendricks der Deutschen Presse-Agentur. "Unsere ambitionierten Ziele für die Elektromobilität in Deutschland sollten wir deshalb nicht einfach aufgegeben, sondern lieber überlegen, wie wir Deutschland zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität machen." Sonst seien sowohl der Auto-Standort Deutschland als auch Umweltziele in Gefahr.
Der Verkauf von Elektroautos kommt trotz einer Kaufprämie nur schleppend voran. In Deutschland sind nach wie vor weniger als 100.000 Autos mit elektrischem Antrieb unterwegs. Der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte schon im Januar zum Millionen-Ziel gesagt: "Wenn wir nicht noch die Fahrräder dazu zählen, werden wir nicht mal auf die Hälfte kommen. Ich rate zu ein bisschen mehr Realismus."
Die Grünen sehen im Eingeständnis von Merkel eine Bankrotterklärung. Dass das Auto-Land Deutschland hier hinterherhinke, sei auch einer Bundeskanzlerin zu verdanken, die das Thema nicht zur Chefsache mache, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer am Dienstag. Die Aufgabe des Ziels sei eine "klima- und industriepolitische Bankrotterklärung".
Krischer kritisiert weiter: "Statt Elektromobilität konsequent zu fördern, hält die Bundeskanzlerin seit Jahren ihre schützende Hand über den Diesel." Damit schade sie der Branche am Ende, statt endlich den Rahmen für den Durchbruch der Elektroautos zu schaffen. (dpa)
Hannes Baum