Eine Richterin, die sich als Diesel-Besitzerin der Musterklage gegen Volkswagen im Abgasskandal angeschlossen hatte, kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) keine ähnlichen Diesel-Fälle mehr mitentscheiden. Nach dem Abschluss des Musterverfahrens durch einen Vergleich sei zwar kein wirtschaftliches Interesse am Ausgang anderer Schadenersatz-Prozesse gegen VW erkennbar, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss der obersten Zivilrichter in Karlsruhe. Allein die Anmeldung eigener Ansprüche sei aber schon "geeignet, aus Sicht der Beklagten den Anschein der Parteilichkeit zu begründen". (Az. III ZB 57/20)
Dank des Mustervergleichs zwischen VW und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen hatten gut 245 000 Diesel-Besitzer Summen von 1350 bis 6.257 Euro bekommen - darunter auch eine Richterin am Frankfurter Oberlandesgericht (OLG). Als sie als Berichterstatterin einen Diesel-Fall übernehmen sollte, machte sie darauf aufmerksam. Daraufhin hatte VW sie abgelehnt: Sie könnte befangen sein.
Das OLG selbst sah kein Problem. Nach dem Vergleich seien weitergehende Ansprüche der Richterin im Diesel-Skandal ausgeschlossen. Außerdem gehe es in dem Fall nicht um den Skandalmotor EA 189, sondern einen anderen Motorentyp.
Das beurteilt der BGH strenger. Die Frau habe bei der Musterklage "objektiv zu erkennen gegeben", dass sie sich von VW vorsätzlich sittenwidrig geschädigt oder betrogen sieht. Wegen der zeitlichen Nähe könne "nicht mit einer genügenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden", dass sie ihre Haltung inzwischen geändert habe.