Kurioses aus der Praxis: Abmahnung nach Antwort auf Internetanzeige
Kann ich mir den Wunschkunden bereits im Vorfeld aussuchen und subjektiv ungeliebtes Klientel im Sinne einer Vorauswahl ausscheiden? Ein Fall ist nun bei einem Münchner Gericht anhängig.
Telefonwerbung und die Zusendung von Werbung per Fax oder E-Mail stellen bekanntlich eine verbotene Belästigung dar, wenn keine Einwilligung des Adressaten vorliegt. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Adressat ein gewerblicher Anbieter ist. Bei diesem wird allerdings von seiner stillschweigenden Zustimmung ausgegangen, wenn die Nummer oder die Mailadresse des Unternehmens in öffentlichen Registern oder der eigenen Homepage angegeben ist und sich die Zusendung von Angeboten auf sein Waren- oder Leistungsangebot bezieht. Dies hatte der BGH bereits vor Jahren im Falle eines Toyota-Händlers entschieden, der vergeblich Anfragen eines Gebrauchtwagenhändlers nach bestimmten Fahrzeugmodellen untersagen lassen wollte (Urteil vom 17.7.2008 - Aktenzeichen I R 75/06).
Gesetzeslage
Grundlage des Verbots ungewollter Werbung sind zum einen § 7 UWG und der Schutz gegen unerlaubte Eingriffe in den Gewerbebetrieb nach § 823 BGB. Für Privatleute gilt ein entsprechender Schutz über das Persönlichkeitsrechts nach §§ 823 BGB, 1004 BGB analog. Das Wettbewerbsrecht verbietet unzumutbare Belästigungen insbesondere in normierten Standardfällen und lässt Ausnahmen nur für eigene Werbung durch E-Mails an Bestandskunden im bereits mit dem Kunden gepflegten Geschäftsbereich zu, wenn der Kunde nicht bereits widersprochen hat und von Anfang an bei jeder Kontaktaufnahme auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, der Verwendung seiner Adresse zu widersprechen. Der Begriff der ohne vorherige Einwilligung verbotenen Belästigung ist weit gefasst und bezieht sich außerhalb konkreter Angebote beispielsweise auch auf Abfragen der Kundenzufriedenheit. Bei Verstößen drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch Mitbewerber oder Abmahnvereine.
Betriebe und Privatpersonen können sich unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten darauf berufen, nicht in ihrer Sphäre durch lästige Telefonate, ständig belegte Faxgeräte, entsprechenden Papierverbrauch und durch ungewünschte Spam Mails beeinträchtigt zu werden.
Der Fall
Vor diesem Hintergrund ist ein kurios anmutender Fall zu beurteilen, der aktuell bei einem Münchner Gericht anhängig ist. Ein in Nordrhein-Westfalen ansässiger Kläger, der unter anderem auch einen Fahrzeughandel betreibt, hatte bei mobile.de auf dem öffentlich zugänglichen Teil des Verkaufsportals - gekennzeichnet als Privatanbieter - im Oktober 2020 ein Gebrauchtfahrzeug Smart Brabus mit Erstzulassung 2016 für 18.199 Euro angeboten. Weder die Identität des Anbieters noch dessen E-Mail waren der Anzeige zu entnehmen.
Nach den üblichen aufgezählten Daten zum Fahrzeugzustand und zur Ausstattung war in dem Inserat am Ende unter der Überschrift "Fahrzeugbeschreibung" neben einer Liste von 19 Zusatzausstattungen und der Angabe des scheckheftgepflegten Zustandes auch vermerkt "keine Händleranfragen", "keine Was-ist-letzter-Preis-Anfragen, es handelt sich nicht um einen Notverkauf" und "jede Händleranfrage wird abgemahnt". Ob diese Vermerke im Rahmen der Anzeige zur Kenntnis genommen werden mussten, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Verbindlichkeit solcher Hinweise.
Die Beklagte ist gleichfalls im Fahrzeughandel tätig und meldete sich auf das Inserat, indem sie auf der Eingabemaske den Button "E-Mail" anklickte mit der Anfrage, ob das Fahrzeug noch verfügbar ist und ob Interesse an einem Ankaufangebot besteht. Telefonnummer und E-Mail der Beklagten waren angegeben. Mobile.de leitete die dort eingegangene Anfrage unter Angabe der Inseratsnummer von der eigenen E-Mail-Adresse an die E-Mail-Adresse des Klägers weiter und wünschte diesem viel Erfolg bei seinen Verkaufsabsichten. Wenige Tage später erhielt die Beklagte das Schreiben einer Hamburger Abmahnkanzlei mit...
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