Die GTÜ feiert heute einen der wichtigsten Erfolge in ihrer Geschichte: Vor genau 30 Jahren fand die erste Hauptuntersuchung (HU) der Prüforganisation statt – an einem Golf I Cabriolet. Was für viele zunächst unspektakulär erscheinen mag, ist tatsächlich nicht nur für die Überwachungsorganisation ein wichtiger Meilenstein. Denn vor 30 Jahren hatten allein die TÜV das Recht, Hauptuntersuchungen an Autos durchzuführen.
Dieses Monopol hatte sowohl für die Endkunden als auch für die Autohäuser und Werkstätten vielerorts den unangenehmen Nebeneffekt, weniger wie Kunden, sondern vielmehr wie Bittsteller wahrgenommen zu werden. Die Folge: stundenlange Wartezeiten und ein im Vergleich zu heute nicht gerade auf die Kundenbedürfnisse ausgerichteter Service. Hauptuntersuchungen an Abenden, Samstagen oder vor Ort bei kleinen Betrieben beispielsweise waren die absolute Ausnahme – vor allem wenn es kurzfristig und schnell gehen musste.
Ende des Monopols 1989
Die 1977 gegründete "Gesellschaft für Technische Überwachung" GTÜ durfte sich währenddessen lediglich um die Beurteilung von Unfallschäden kümmern. Anfang Juni 1989 änderte sich jedoch die Gesetzeslage. Seitdem dürfen Bundesländer auch Überwachungsorganisationen anerkennen, die von selbständigen und hauptamtlich tätigen Kfz-Sachverständigen getragen werden. Das war nicht nur für die GTÜ, sondern auch für Konkurrenten wie etwa Dekra oder KÜS der Startschuss, die Fahrzeugüberwachung in Deutschland umzukrempeln.
Bereits ein Jahr nach der Gesetzesänderung erteilte das Land Baden-Württemberg Ende Juni 1990 als erstes Bundesland der GTÜ als amtliche Überwachungsorganisation die Genehmigung, nach § 29 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) Hauptuntersuchungen durchführen zu dürfen. Die restlichen Bundesländer zogen bis 1993 nach.
Erste HU "ohne Mängel"
Bis zur ersten HU vergingen dann aber noch rund vier Monate. So lange dauerte es, bis Egon Schäfer, damals Leiter einer Prüfstelle des TÜV Südwest in Sinsheim, sich bei der GTÜ vorgestellt, seine alte Stelle gekündigt und am 25. November 1990 vom baden-württembergischen Innenministerium "als Prüfingenieur in einer amtlich anerkannten Kfz-Überwachungsorganisation (aaÜO)" betraut wurde.
Am Tag darauf konnte es dann losgehen: Schäfer fuhr zur GTÜ-Zentrale in Stuttgart und erhielt dort die Vertragsunterlagen sowie die für eine Hauptuntersuchung notwendigen Formulare, Plaketten und Stempel. Noch am selben Abend gab es dann die Premiere mit besagtem Golf I Cabriolet, an die sich Schäfer noch heute erinnert: „Der Wagen war wunderschön gepflegt, auch die Allgemeine Betriebserlaubnis für Sportlenkrad und Frontspoiler lagen vor.“ Dementsprechend bestand das Fahrzeug die HU "ohne Mängel".
16 Prozent Marktanteil
Ähnliche Geschichten gab es in den folgenden Jahren zuhauf. Mittlerweile hat die GTÜ 2.300 selbständige und hauptberuflich tätige Kfz-Sachverständige mit mehr als 11.000 Prüfstützpunkten. Bis heute wurden darin laut GTÜ rund 80 Millionen Hauptuntersuchungen durchgeführt. "Bei Hauptuntersuchungen hat die GTÜ in Deutschland einen Marktanteil von rund 16 Prozent“, sagt Robert Köstler, Sprecher der Geschäftsführung der GTÜ. Daneben hat die Prüforganisation ihr Geschäftsfeld in den vergangenen Jahrzehnten weiterhin ausgebaut – etwa in die Bereiche Anlagen- und Arbeitssicherheit. Im Kfz-Bereich kam erst 2019 ein weiterer Bereich hinzu: Durch die Liberalisierung des § 21 StVZO können die Sachverständigen der Prüforganisation nun auch „Einzelabnahmen“ oder „Vollgutachten“ anbieten.
Für Egon Schäfer übrigens hat sich der Schritt in die Selbstständigkeit gelohnt: Sein Unternehmen hat mittlerweile drei Standorte an denen 15 Prüfingenieure und Sachverständige arbeiten. Darunter ist auch sein Sohn Thomas Schäfer, der zudem vor zwei Jahren die Geschäftsführung übernommen hat. Aktiv ist Egon Schäfer in seinem Unternehmen aber bis heute. (aw)