"Ausbeulen statt austauschen: Smart-Repair-Techniken sind weniger aufwendig als herkömmliche Auto-Reparaturen und damit billiger. Geschädigte bei einem Unfall sollten sich aber nicht mit einer Ausbesserung zufrieden geben – sonst drohen später böse Überraschungen", warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Dieser Anspruch solle auch künftig erhalten bleiben.
Kleine Schäden am Auto können hohe Kosten verursachen: Nicht selten wird wegen ein paar kleiner Kratzer eine komplette Motorhaube lackiert oder ein Kotflügel getauscht. Eine Alternative bieten Reparaturtechniken, die als "Smart-Repair" bezeichnet werden. Diese sind zwar zunächst häufig die günstigere Alternative, "können aber in der Regel eine fachgerechte Reparatur nicht ersetzen" – doch genau auf diese haben Geschädigte nach einem Unfall Anspruch, sagen die Verkehrsrechtsanwälte.
"Als Geschädigter bei einem Unfall hat man Anspruch darauf, dass der Schaden vollständig behoben und nicht nur ausgebessert wird. Das heißt, dass das Fahrzeug durch eine sach- und fachgerechte Reparatur wieder in den Zustand versetzt wird, in dem es vor dem Unfall war", so beispielsweise Rechtsanwalt Jens Dötsch von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). War beispielsweise der Kotflügel vor dem Unfall unbeschädigt und hat nun einen Kratzer, bestehe ein Anspruch auf einen neuen Kotflügel ohne Kratzer und nicht auf einen solchen mit einem ausgebesserten Kratzer. "Denn dies ist gerade nicht die Wiederherstellung des Zustands vor dem Unfall. Die Grenze dessen, was vom Unfallverursacher an Wiedergutmachung gefordert werden kann, liegt bei dem Betrag, den ein vernünftiger Mensch für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zahlt. Alles darüber hinaus ist nicht erforderlich und deshalb vom Unfallverursacher nicht zu zahlen", lautet die Position der Anwaltschaft.
Fachgerechte Instandsetzung
Ob eine Smart-Repair-Methode den Zustand vor dem Unfall tatsächlich wiederherstelle, lasse sich für den Laien nur schwer prüfen. Bessere die Werkstatt beispielsweise einen lädierten Stoßfänger nur aus, statt das Teil komplett auszutauschen, sehe das Ergebnis für den Laien auf den ersten Blick gleich aus.
Trotzdem könne das vermeintlich reparierte Fahrzeug später Probleme bereiten. "Will man sein Auto verkaufen, muss eine nicht fachgerechte Reparatur offenbart werden. Das wirkt sich natürlich negativ auf den Verkaufspreis aus", sagt Rechtsanwalt Dötsch.
Das Prinzip von Smart-Repair: "Statt einer (fachgerechten) aufwändigen, großflächigen Reparatur werde also der Schaden mit minimalem Aufwand ausgebessert – ohne dabei Teile auszutauschen oder in die Struktur des Fahrzeugs einzugreifen. Das bekannteste Verfahren dieser Art sei die Ausbesserung von Steinschlägen in der Windschutzscheibe mit Kunstharz. Auch viele typische Blechschäden lassen sich (beispielsweise durch Herausdrücken von Dellen) durch Smart-Repair ausbessern, wobei eine teure großflächige Neulackierung möglichst vermieden wird."
"Versicherungen dürfen nicht ohne weiteres auf Smart-Repair verweisen"
Wenn die gegnerische Versicherung nach einem Unfall auf eine günstigere Smart-Repair-Technik verweise, sollten Fahrzeugbesitzer laut der Verkehrsanwälte-Empfehlung deshalb skeptisch sein. Denn Geschädigte seien zwar verpflichtet, von mehreren gleich guten Reparaturmethoden die günstigere zu wählen – "gleichzeitig haben sie aber Anspruch auf eine sach- und fachgerechte Reparatur". Und ob Smart-Repair-Verfahren dafür ausreichen, könne im Einzelfall durchaus strittig sein. Gehe beispielsweise ein Kratzer im Lack bis aufs Blech, könne er zum Durchrosten des Materials führen, auch wenn die Stelle nach einer Smart-Reparatur oberflächlich intakt aussehe.
In einem viel zitierten Urteil habe das Landgericht Saarbrücken (AZ: 13 S 216/09) zwar vor einigen Jahren einer Versicherung Recht gegeben, die einer Unfallgeschädigten die Kosten für die konventionelle Reparatur einer kleinen Beule nicht erstatten wollte und sie auf eine Smart-Repair-Technik verwies. "Dieses Urteil bedeutet aber nicht, dass Versicherungen die Geschädigten generell auf Smart-Repair verweisen können – erst recht nicht bei umfangreicheren Schäden. Die Versicherung muss zudem auch beweisen, dass die Smart-Repair-Technik zur konventionellen Reparatur gleichwertig ist", so Rechtsanwalt Dötsch vom DAV. Auch erging das Urteil zu einem "Schaden, den kein vernünftiger Mensch, müsste er ihn aus eigener Tasche zahlen, gezahlt hätte". (wkp)
Ron Wilmes