Gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sind ältere Autofahrer:innen zwar seltener in Verkehrsunfälle verwickelt als jüngere. Kommt es allerdings zu einem Unfall, sind ältere Pkw-Fahrer:innen häufiger die Hauptverursacher:innen (68,2 Prozent) und erleiden schwerere Unfallfolgen. Zu der vergangene Woche vorgestellten Statistik sagt Marc-Philipp Waschke, Referent Verkehrssicherheit, Fahrerlaubnis und Fahreignung beim TÜV-Verband:
Ab 75 Jahren auch in 75,9 % aller Unfälle Hauptverursacher
"Ältere Autofahrer:innen sind, gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung, seltener in Verkehrsunfälle verwickelt als jüngere. Bei lediglich 14,5 Prozent der Unfälle mit Personenschaden waren Fahrer:innen ab 65 Jahren beteiligt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass Pkw-Fahrer:innen ab 65 Jahren bei zwei von drei Unfällen (68,2 Prozent) Hauptverursacher:innen sind, Pkw-Fahrer:innen ab 75 Jahren trugen laut Statistik sogar bei drei von vier Unfällen (75,9 Prozent) die Hauptschuld. Gleichzeitig erleiden sie besonders häufig schwere und tödliche Verletzungen."
Im Jahr 2021 verunglückten insgesamt 45.123 Menschen im Alter von 65 Jahren und älter bei Unfällen; 11.169 von ihnen wurden schwer verletzt, 868 starben. Waschke: "Damit ist jedes dritte Todesopfer (33,9 Prozent) über 65."
Individuelle Fahrkompetenz richtig einordnen
Durch die demografische Entwicklung spielen ältere Teilnehmende im Straßenverkehr eine immer größere Rolle: Der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung sei größer als früher, und nehme weiter zu. Außerdem behalten Fahrer:innen ihre Führerscheine länger. Vielen gewährleistet der Führerschein somit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – auch bis ins hohe Alter. Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung besteht laut Waschke darin, älteren Menschen eine sichere Mobilität zu ermöglichen. "Hierzu zählt auch, ihre Kompetenz zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs bis ins hohe Alter zu erhalten."
Regelmäßige Feedbackfahrten für Führerschein-Besitzer:innen ab 75 Jahren wären hierfür ein geeignetes Mittel. Im Rahmen dieser Feedbackfahrten würde ein:e Expert:in die Fahrkompetenz der Senior:innen bewerten und Potenziale zum Ausbau der Fahrfähigkeiten aufzeigen.
Die Idee finde unter deutschen Bundesbürger:innen großen Anklang. Insgesamt bewerten drei Viertel der Befragten der TÜV Mobility Studie 2022 den Vorschlag als eher gut bzw. sehr gut. In der Altersgruppe der 16- bis 49-Jährigen stimmen 82 Prozent für Feedbackfahrten – und bei den Befragten ab 50 Jahren halten immerhin 66 Prozent sie für notwendig.
Defizite rechtzeitig erkennen
Verkehrssicherheitsexperte Marc-Philipp Waschke konstatiert ferner: "Mit zunehmendem Alter können Beeinträchtigungen auftreten und körperliche, kognitive und visuelle Fähigkeiten nachlassen und die Fahrsicherheit beeinträchtigen. Viele ältere Fahrer:innen schränken ihre Fahrweise dann ein, fahren weniger Kilometer und vermeiden Nachtfahrten oder andere schwierige Situationen. Bei kognitiven Problemen wie auffälligen Gedächtnis- und Wahrnehmungsschwierigkeiten ist es, unabhängig vom Alter, wichtig, die Fahreignung durch eine:n Verkehrspsycholog:in einschätzen zu lassen. Bei körperlichen Einschränkungen, zum Beispiel motorischen Defiziten, ist eine Vorstellung bei einer/m Verkehrsmediziner:in ratsam."
Hilfe zur Minimierung von Unfallrisiken
Für den TÜV-Verband hält er als abschließende Empfehlung deshalb nochmals fest: "Neben der Ermittlung von Beeinträchtigungen oder Erkrankungen, die sich auf das Führen eines Fahrzeugs auswirken können, helfen die medizinischen Fachkräfte älteren Menschen, sicher hinter dem Steuer zu sitzen und können sie dabei unterstützen, die Probleme zu bewältigen und das eigene Unfallrisiko zu minimieren."