Auf dem 10. AUTOHAUS-Schadenforum Ende Oktober hatte Dipl.-Ing. Angelika Zentgraf, Leiterin Instandhaltungsmanagement ("TIM") der Deutschen Post DHL Fleet, ausführlich beschrieben, was sie von den Werkstätten erwartet, denen das gelbe Logistik-Unternehmen künftig alle Unfall-Reparaturarbeiten anvertrauen will. Mit rund 75.000 konzerneigenen Fahrzeugen geht es dabei um ein erhebliches Auftragsvolumen, schließlich zählt die Post-Flotte zu den größten in Europa.
DHL-Fahrzeuge: Lukrative Flotte mit hoher Werkstattpräsenz
Und die DHL-Post-Flotte unterliegt einem außergewöhnlichen "Stress": Permanent wird gerade bei den Zustellfahrzeugen ein- und ausgeladen, werden Motoren gestartet, abgestellt und wieder gestartet, Türen zigfach am Tag geöffnet und geschlossen. Durch die vielen Starts und Stops gibts nicht selten Beulen und Schrammen, zuweilen auch mittlere und größere Karosserieschäden. Kurzum: Angelika Zentgraf ist die Instandhaltungs-Chefin über eine Flotte, die aufgrund ihrer intensiven Nutzung einem hohen Verschleiß unterliegt. Gerade deshalb aber ist sie betriebswirtschaftlich für einen Service-/K&L-Betrieb auch lukrativer als eine "herkömmliche" Berater-/Vertreter-Flotte.
9 von 49 PLZ-Regionen sind "durch"
Das von Zentgraf Ende Oktober 2014 in Postdam angekündigte, bundesweite Ausschreibungsverfahren für die Regionen hat sie noch im alten Jahr offiziell gestartet. "Im 8-Wochen-Rhythmus werden die Werkstatt-Partner für jeweils sechs Regionen gesucht. Wir haben Deutschland dabei in insgesamt 49 Regionen aufgeteilt", so Angelika Zentgraf aktuell gegenüber AUTOHAUS. Um den Auftrag in einer Region bewerben können sich sowohl markengebundene Autohäuser, als auch freie K&L Fachbetriebe.
Zielfokus: 70 Werkstattpartner bis Jahresende
"Neun Niederlassungen sind bereits abgeschlossen, bis Jahresende werden auch die noch verbleibenden 40 Regionen neu geordnet sein", konstatierte die "TIM"-Chefin der Deutschen Post. Zum Zuge kamen bisher vier Marken-Autohäuser und fünf freie K&L Fachbetriebe. Das Werkstättennetz soll bis Jahresende rund 70 feste Partner umfassen, die ihrerseits natürlich eine gewisse Betriebsgröße haben müssen, um das Auftragsvolumen "stemmen" zu können. Große Post-Niederlassungsregionen würden nicht zuletzt deshalb zuweilen auch mit zwei Partnern besetzt werden, "damit ein Betrieb nicht über Gebühr lange fahren muss, um ein Fahrzeug abzuholen, was für ihn dann möglicherweise nicht mehr wirtschaftlich darzustellen wäre", so Zentgraf im Gespräch mit unserer Redaktion. Zudem möchte sie es vermeiden, mit ihrem Schadensteuerungs-Konzept in eine "Abhängigkeit von wenigen großen Betrieben" zu geraten.
Das "BASF-BOSCH-BOYA-Konzept" erobert Niedersachsen
Mit zu den bisherigen Gewinnern der laufenden Ausschreibung gehört das BOYA Auto-Zentrum: Es betreut mit seinen bisherigen Betrieben in Hildesheim und Hannover künftig die Postfahrzeuge in der Postleitzahlregion 30/31 (Hannover, Burgdorf, Peine, Hameln, Hildesheim, Wunstorf) und konnte sich in der Endausscheidung gegen ein Autohaus einer deutschen Premiummarke durchsetzen. Insgesamt haben dem Vernehmen nach fast 100 Betriebe an der Ausschreibung in der PLZ-Region 30/31 teilgenommen.
Wie auf dem 10. AUTOHAUS-Schadenforum insbesondere die Verantwortlichen von BOSCH, BASF/Glasurit und Innovation Group deutlich machten, liegt BOYA mit seinem Konzept der freien K&L Fachwerkstatt plus Bosch-Car-Service-Werkstatt – und damit auch der überfabrikatlichen Beherrschung von Elektronikarbeiten – im Markt der "freien" ganz vorne: Bei Bosch und BASF ist BOYA gar der weltweite Referenzbetrieb Nummer Eins.
Die Deutsche Post Fleet war BOYA-Vordenker Murat Cokalp und seinen beiden Geschäftsführungskollegen Ali Albayrak und Günay Eriygit nicht unbekannt: Schon in der Vergangenheit wurden in den zurückliegenden Jahren bereits Fahrzeuge der Post-Firmenwagenflotte (in der Regel Mercedes, BMW, Audi/VW, Ford und Opel-Fahrzeuge) nach Unfallschäden bei BOYA instandgesetzt.
Procurement der Post wacht über die Ausschreibung
Das "klassische Ausschreibungsverfahren mit stets vielen Teilnehmern" dauert laut Angelika Zentgraf "jeweils ca. 8 Wochen, beginnend bei der Abgabe des Angebotes bis zum erteilten Auftragszuschlag". Ergänzend sagte sie: "Bei der Ausschreibung wird die DP DHL Fleet von der Abteilung Procurement von Anfang an aktiv unterstützt. So wird sichergestellt, dass alle eingehenden Angebote neutral und fair bewertet werden. Das wird auch bei allen weiteren Ausschreibungen exakt genauso sein."
Die Firmennamen der bislang ebenfalls erfolgreichen Marken-Autohäuser benannte Zentgraf zwar gegenüber AUTOHAUS, wollte sie aber ohne Rückfrage und Einwilligung zur Veröffentlichung durch die Betriebe nicht publiziert sehen.
"Das Vorurteil in puncto Autohäuser ist falsch"
Unbenommen davon bricht Angelika Zentgraf gleichzeitig für die siegreichen Marken-Autohäuser eine Lanze: "Das häufig gehörte Vorurteil, eine Hersteller-Werkstatt sei generell teurer, kann man nicht pauschalisieren! Dieses gerade auch deshalb nicht, weil diejenigen Unternehmen, die die Zeichen der Zeit richtig deuten, mit Blick auf ihre Werkstattauslastung eben auch ein Stück weit über den Tellerrand ihrer Marke hinausschauen."
Neuer Großauftraggeber im deutschen Schadensteuerungsmarkt
Über Gesamt- und Einzelumsätze pro Betrieb will sie sich derzeit (noch) nicht im Detail erklären. Als gesichert darf aber angesehen werden, dass es angesichts der Flottengröße um ein Umsatzpotential im zweistelligen Millionenbereich gehen dürfte. Deutschland hat damit neben der HUK-Coburg und der Innovation Group bei den Schadensteuerern einen neuen Großauftraggeber – der sich vorab und exklusiv auf dem AUTOHAUS-Schadenforum präsentiert und dort auch sein Konzept bereits öffentlich vorgestellt hatte! (wkp)