Der Unfallverursacher muss die Kosten des vom Geschädigten beauftragten Anwalts – wie auch alle anderen Schadenspositionen – zahlen. Eine Erstattungsfähigkeit von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1995,446) ausnahmsweise und nur dann nicht gegeben, wenn der Unfall so einfach gelagert ist, dass an der Haftung weder dem Grunde, noch der Höhe nach ein Zweifel bestehen kann und auch nicht daran, dass der Schädiger ohne Weiteres seiner Eintrittspflicht nachkommen wird. In dem Verfahren, das vom BGH entschieden wurde, ging es um eine Kollision zwischen einem Fahrzeug und einer Leitplanke.
Zahlungspflicht bei komplexen Fällen
Sind jedoch zwei Fahrzeuge beteiligt, stellt sich automatisch die Frage der jeweiligen Betriebsgefahren der Fahrzeuge, welche gerade nicht einfach gelagert ist (LG Krefeld, Urteil vom 07.04.2011, 3 S 39/10), so dass die Kosten des Anwalts vom Schädiger zu zahlen sind. Denn ob beispielsweise die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs zurücktritt, ist generell eine nicht einfache Problematik (AG Köln, Urteil vom 23.03.2015, 274 C 209/14). Zudem kann unter Berücksichtigung der heutigen Regulierungspraxis vieler Versicherungen kaum noch angenommen werden, dass eine Regulierung der Höhe nach ohne Abzug (z.B. Erstattung von UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten, Kosten der Beilackierung, Wertminderung etc.) erfolgen wird, weshalb Rechtsanwaltskosten grundsätzlich erstattungsfähig sind (AG Mitte, Urteil vom 2. Juni 2015, 102 C 3305/14; LG Kassel, Beschluss vom 28.01.2016, 1 S 309/15 – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das vorerwähnt zitierte Leitplankenurteil des BGH). Darüber hinaus besteht zu den einzelnen Schadenspositionen eine umfangreiche und unterschiedliche Rechtsprechung, die kein Laie überblickt und deshalb die Kosten eines Anwalts zu erstatten sind (AG Köln, Urteil vom 23.03.2015, 274 C 209/14).
Auch juristische Personen, die in wirtschaftlichen Dingen geübt sind, können die Rechtsanwaltskosten als erforderliche Kosten der Durchsetzung des Schadens erstattet verlangen, es sei denn, die juristische Person verfügt über eine mit der Abwicklung von Verkehrsunfallschäden befasste Rechtsabteilung (AG Hechingen, Urteil vom 11. Oktober 2013, 2 C 248/13). Denn die Geschäftserfahrung einer juristischen Person erstreckt sich nicht auf die Regulierung von Unfällen (AG Köln, Urteil vom 23.03.2015, 274 C 209/14).
Weitere wirtschaftliche Vorteile
Auch für den Fall eines Mitverschuldens des Geschädigten sollte ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Denn der Verkehrsanwalt wird nur die berechtigten Ansprüche des Geschädigten durchsetzen, so dass die hierfür anfallenden Anwaltskosten vom Schädiger zu übernehmen sind.
Zudem kann die zutreffende Unfallschilderung mit Angabe der juristischen Abwägungskriterien dazu führen, dass ein gegen den Geschädigten eingeleitetes Bußgeldverfahren eingestellt wird, so dass der Geschädigte keine Geldbuße zahlen muss und auch keine Punkte in das Flensburger Register eingetragen werden.
Darüber hinaus kann der Anwalt für den Fall eines Mitverschuldens und einer etwaig bestehenden Vollkaskoversicherung exakt ausrechnen, welche Vorgehensweise für den Geschädigten die bestmögliche Regulierung darstellt.
Aus alledem folgt, dass ein Anwalt grundsätzlich hinzugezogen werden sollte, um den Anspruch des Geschädigten vollständig und zügig durchzusetzen. RA Jens Dötsch, Andernach
RA Jens Dötsch ist Fachanwalt für Verkehrsrecht sowie Versicherungsrecht und in der Kanzlei Görgen und Dötsch in Andernach ausschließlich auf diesen Gebieten tätig. RA Jens Dötsch, Andernach
Anwalt im Haftpflichtschaden: "Für den Geschädigten immer kostenlos"

Der ein oder andere Geschädigte scheut vielleicht die Beauftragung eines Anwalts zur Durchsetzung des ihm entstandenen Schadens, weil er hohe Anwaltskosten fürchtet. Diese Sorge ist jedoch unbegründet, wie Gastautor RA Jens Dötsch im nachfolgenden Beitrag festhält.
Meike
Meike Oltmann