Ärztliche Meldepflicht versus ärztliche Schweigepflicht war die Kardinalfrage des AK VI. Er befasste sich zudem mit der Frage, "Wo endet die Fahrsicherheit und wo beginnt die Fahreignung?" Weiterer Schwerpunkt war die Arzt-Patienten-Beziehung.
Geleitet wurde der AK von Prof. Dr. Dr. Reinhard Dettmeyer, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, Justus-Liebig-Universität (Gießen). Referenten:innen waren: Dipl.-Verw.-Wirt Volker Kalus, ehem. Leiter einer Fahrerlaubnisbehörde, Dozent für Fahrerlaubnisrecht (Ottersheim), Prof. Dr. Peter Marx, ehem. Direktor der Klinik für Neurologie, Campus Benjamin Franklin, Charité (Berlin), Dipl.-Med. Ingrid Dänschel, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Vorständin Deutscher Hausärzteverband (Lunzenau) und RA Dr. jur. Michael Pießkalla (München).
Zusammengefasst wurden mögliche Vor- und Nachteile einer Meldepflicht von fahrungeeigneten Personen diskutiert. Kernthema: Eine solche Meldepflicht könnte die Arzt-Patienten-Beziehung empfindlich stören. Demgegenüber stand ein möglicher Zugewinn an Sicherheit im Straßenverkehr.
Im Einzelnen erfolgte zunächst ein Überblick über die bislang existierenden Möglichkeiten der Meldung einer fehlenden Fahreignung an die Behörde und dessen Gebrauch. Es sollte ferner das Potenzial einer frühzeitigen Meldung von dauerhaft fahrungeeigneten Personen an die Behörde aufgezeigt werden. Am Beispiel neurologischer Krankheitsbilder wurde im Weiteren dargelegt, wie komplex die Beurteilung einer fehlenden Fahreignung sein kann. Dabei wurde auch auf Probleme von Leistungsfähigkeitsdefiziten und eventuellen Kompensationsmöglichkeiten sowie die Einschätzung der Gefährdung durch einen plötzlichen Kontrollverlust am Steuer eingegangen.
Aus hausärztlicher Sicht folgten praxisrelevante Beispiele komplexerer Fälle und wie deren behördliche Meldungen in der Vergangenheit im Einzelfall abgelaufen sind. Es sollte hier im Besonderen auch auf die enge Arzt-Patienten-Beziehung eingegangen werden. Begründet eine Meldepflicht das Risiko, dass sich ein Patient oder eine Patientin nicht mehr vollumfänglich gegenüber der ärztlichen Seite offenbart? Abschließend erfolgte eine juristische Betrachtung einer etwaigen Meldepflicht v.a. vor dem Hintergrund der ärztlichen Schweigepflicht. Es wurde dabei auch auf mögliche notwendige, von gesetzgeberischer Seite ggf. zu schaffende Rahmenbedingungen eingegangen, sofern eine solche Meldepflicht für sinnvoll erachtet werden sollte.
Zum Ende der VGT-Beratungstage verabschiedete der AK VI folgende Resolution:
Ärztinnen und Ärzte sind verantwortungsvoll eingebunden in die Beratung möglicherweise fahrungeeigneter Patienten. Sie sind regelmäßig die ersten Ansprechpartner bei Fragen zur Fahreignung. Insbesondere ein intaktes Arzt-Patienten-Verhältnis ist notwendig, damit sich Patienten vertrauensvoll mitteilen können.
1. Der Arbeitskreis lehnt eine ärztliche Meldepflicht fahrungeeigneter Personen ab.
2. Bei begründetem Verdacht auf fehlende Fahreignung und nach Ausschöpfung therapeutischer und beratender Optionen soll eine Mitteilung an die Fahrerlaubnisbehörde zulässig sein.
3. Es wird empfohlen, die medizinischen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen behandelnde Ärztinnen und Ärzte Kenntnisse an Behörden weitergeben dürfen, zu präzisieren. Dies dient der Rechtssicherheit.
4. Es wird festgestellt, dass in verkehrsmedizinischer Hinsicht ein erheblicher ärztlicher Aus-, Fort- und Weiterbildungsbedarf besteht.
5. Vorrangig sollen jedoch niederschwellige Angebote zum Erhalt der Fahreignung und zu alternativer Mobilität in größerem Umfang etabliert und beworben werden.