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Vor "Autogipfel": Kritik an möglichen Kaufprämien wächst

04.05.2020 15:27 Uhr
Vor "Autogipfel": Kritik an möglichen Kaufprämien wächst
Die "Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer kritisierte die Forderung nach Kaufprämien für Neuwagen als "puren Lobbyismus".
© Foto: picture alliance/Peter Kneffel/dpa

Die Autoindustrie hat nicht nur mit dem Wandel der Mobilität und Fehlern der Vergangenheit zu kämpfen, sondern auch mit den Folgen der Corona-Pandemie. Doch die geforderten umfassenden neuen Staatshilfen sind umstritten.

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Vor dem sogenannten Autogipfel von Bundesregierung und Herstellern wird die Kritik an uneingeschränkten Kaufprämien lauter. Die "Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer kritisierte die Forderung nach Kaufprämien für Neuwagen als "puren Lobbyismus". Die Autoindustrie habe lange "wichtige Trends wie die E-Mobilität und die Wasserstofftechnologie verschlafen", so die Wirtschaftswissenschaftlerin. Aus Sicht von Verbraucherschützern etwa muss eine Kaufförderung die klimapolitischen Ziele Deutschlands und der EU unterstützen.

Die Bundesregierung und Vertreter der Autoindustrie wollen an diesem Dienstag über die angespannte Lage der Branche beraten. Die Nachfrage ist wegen der Corona-Krise eingebrochen. Die Hersteller hoffen auf Hilfe vom Staat in Form neuer Kaufprämien, um die Nachfrage anzukurbeln. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte aber deutlich gemacht, bei dem Treffen am Dienstag sei noch keine Entscheidung über spezielle Anreize für die Branche zu rechnen.

Am Montag wollten zunächst die Ministerpräsidenten der "Autoländer" Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg über eine Kaufprämie beraten. Die Autoindustrie pocht auf einen schnellen Kaufanreiz. Gefördert sollten aus Sicht der Branche nicht nur umweltfreundliche E-Autos, sondern auch Benziner und Diesel.

Aiwanger für technologieoffene Förderung

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sprach sich für eine Prämie auf Neu- und Gebrauchtwagenkäufe mit Verbrennungsmotoren ab der Abgasnorm Euro 6 aus. "Jeder schadstoffarme Antrieb muss technologieoffen unterstützt werden, nicht nur wie derzeit Elektroautos", sagte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Aiwanger der "Augsburger Allgemeinen".

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet forderte ein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie. "Wir brauchen jetzt Konjunkturimpulse", sagte der CDU-Politiker bei einem Besuch des Autobauers Ford in Köln.

Die VW-Lastwagentochter Traton, zu der die Marken MAN und Scania gehören, plädiert für europaweite Kaufanreize für Lastwagen. Vorstandschef Andreas Renschler forderte "in Europa kurzfristig Investitionsanreize zur umweltfreundlichen Erneuerung der Lkw-Flotten, um die Krise in diesem systemkritischen Sektor zu überwinden".

Die Grünen sehen staatliche Corona-Hilfen für die deutschen Autobauer skeptisch. Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock sagte am Montag in Berlin, bevor Steuergelder fließen, müsse deutlich sein, dass die Branche tatsächlich in einer Notlage sei. Mit Bonuszahlungen an Manager und Dividenden für die Aktionäre sei dies jedoch nicht vereinbar. Zudem sei es wenig sinnvoll, die bestehende Strukturkrise mit falschen Anreizen zu verschärfen. Hilfszahlungen müssten für eine sozial-ökologische Transformation der Branche eingesetzt werden. Am Dienstag trifft sich die Bundesregierung mit Unternehmensvertretern zu einem sogenannten Autogipfel.

Klimaaktivistin Luisa Neubauer lehnt eine Autoprämie als unverantwortlich ab. "Der Autogipfel ist jetzt ein Richtungsgipfel, der offen legt, wie ernst der Kanzlerin eine klimaverträgliche, nachhaltige und gerechte Coronapolitik tatsächlich ist", sagte Neubauer der Deutschen Presse-Agentur.

Verbraucherschützer warnten davor, Autos mit einer schlechten Klimabilanz zu fördern. Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, sagte: "Wir brauchen keine Abwrackprämie 2.0, die Verbrenner fördert und funktionstüchtige Autos zum Wegwerfartikel macht. Bund und Länder müssen zukunftsgewandt handeln und umweltverträgliche Mobilität fördern."

Die Politik dürfe auf Drängen der Autoindustrie nicht in alte Muster verfallen, sagte Müller: "Wenn es neue Subventionen geben soll, dann dürfen nur besonders klimaverträgliche Fahrzeuge wie Elektroautos eine Förderung erhalten." Daneben unterstütze der Verband die Forderung einer Mobilprämie und schlage vor, dass auch Menschen von einer Förderung profitieren sollten, die ihr Auto mit anderen teilten oder ohne Auto leben, dafür aber das Rad, den Öffentlichen Nahverkehr oder Carsharing-Angebote nutzen.

Klima- und Corona-Krise miteinander verknüpfen

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans äußerte Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Kaufprämien. Dem "rbb" sagte er, man sei noch mitten in der Krise. Viele Menschen würden "jetzt alles andere tun als sich entscheiden, ein neues Auto zu kaufen". Sollte es Autoprämien gebe, müssten Klima- und Corona-Krise verknüpft werden. Auch Schnitzer sagte, eine Kombination von Kaufprämien zum Beispiel für Elektro-Autos, verbunden mit Investitionen in Ladeinfrastrukturen könne jedoch sinnvoll sein.

Bei den deutschen Autohändlern gibt es laut einer Rabattstudie des "Center Automotive Research" trotz Absatzflaute nur geringe Preisnachlässe auf Neuwagen. Demnach verharrten Hersteller und Händler im April mit ihren Aktionen auf dem bereits niedrigen Niveau der Vormonate. Das Institut vermutet eine bewusste Zurückhaltung bis zu einer Entscheidung über staatliche Kaufanreize. (dpa)

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KOMMENTARE


hamburg

04.05.2020 - 17:40 Uhr

Evtl. erstmal die eigenen Milliardengewinne für günstigere Produkte (Kaufanreize) verwenden, dazu noch die Dividende und Boni der Unternehmen streichen ... Vor dem Hintergrund des Abgasbetrugs und Nutzen von Steueroasen ist eine Kaufprämie nicht mehr vermittelbar. Zumal dadurch Gebrauchtwagen stehenbleiben/einen Preisverfall erleben, was auch wieder Steuereinnahmen senkt und Kaufanreize nur Käufe vorziehen, aber nicht vermehren. Ich glaube, es gibt im Moment noch bedürftigere als die Automobilhersteller, z.B. Reisebüros, Messebauer, Autovermieter, Gastronomie, Hotel, Arztpraxen, Krankenhäuser, Handel, Taxifahrer, Aushilfen, Studenten, Fitnesstudios, Konzertveranstalter, Eventfirmen, viele mittelständische Unternehmen, wo die Soforthilfe ein Tropfen auf dem heißen Stein ist ... gut, dass es diese gibt ... aber es reicht nicht ... wenn ich jetzt einen vergessen habe, tut es mir leid ...Könnte mir vorstellen, dass Kaufprämien sich negativ auf die Hersteller auswirken, da Menschen in unserem Land nicht dumm sind und sehr gut merken, wer sie ausnutzt. Nach dem Motto: Gewinne privatisieren und Schulden der Gemeinschaft aufdrücken. Frei nach Gebrüder Grimm: Man erkennt den Betrug und ist verstimmt.


Restwert Manager

04.05.2020 - 21:19 Uhr

Konzerne mit Dividenden- und Bonuszahlungen sind nicht subventionsbedürftig. Und Neuwagenprämien entwerten den Bestand der Gebrauchtwagen. Falls sich jemandem das mathematisch nicht erschließt, möge er einfach die Daten aus 2009-11 anschauen.


Dieter

06.05.2020 - 11:43 Uhr

@hamburg: Vielen Dank für Ihren Beitrag. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn damit ist ALLES gesagt. Bleibt jetzt nur zu hoffen, dass der Lobbyismus sich nicht wieder einmal gegen jeden gesunden Menschenverstand durchsetzt ...


Rudi

06.05.2020 - 17:56 Uhr

Grundsätzlich sehe ich das ähnlich wie der User Hamburg. Aber ich gebe zu bedenken, dass solche Prämien - sollten sie denn kommen - für alle gelten und nicht nur für Konzerne, die Gewinne erwirtschaften und Dividenden zahlen. Eine Abgrenzung wird rechtlich nicht durchsetzbar sein. Deswegen: Entweder es kommt eine Prämie für alle oder für gar keinen.


Detlef Rüdel

07.05.2020 - 08:51 Uhr

Warum schreien die Konzerne/Automobilhersteller gleich immer nach dem Staat? Es wäre das Gebot der Stunde, wenn die Verantwortlichen sich einmal darauf besinnen, etwas von ihren Gewinnen dem Handel als Anreiz zur Verfügung zu stellen. Egal, ob VW, MERCEDES BENZ, AUDI, PORSCHE, BMW, usw. Hier wurden in den letzten Jahren enorme Gewinne generiert, daher ist es einfach an der Zeit, dem Handel damit zu unterstützen. Wie soll die Politik dem Wähler erklären, dass der Automobilindustrie Millionen an Kaufanreize zur Verfügung gestellt werden?! Wenn gleichzeitig den Aktionären Dividenden und Boni an die Manager zugesagt werden (seitens der Automobilindustrie)!? Das passt nicht, und ist nicht vermittelbar (schon überhaupt nicht dem Steuerzahler) und wenn dann noch ein Konzern wie VW die Preise um 2,0% für den Endverbraucher erhöht, und im gleichen Atemzug noch um Unterstützung bittet, ist das eine Unverschämtheit sondergleichen. Daher lehne nicht nur ich, sondern auch mit Sicherheit der Großteil der Bevölkerung diese Art einer neuen Abwrackprämie ab.


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