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Von Assistenzsystemen bis NO2-Grenzwert: Das empfiehlt der Deutsche Verkehrsgerichstag

25.01.2019 13:30 Uhr
Von Assistenzsystemen bis NO2-Grenzwert: Das empfiehlt der Deutsche Verkehrsgerichstag
Der Deutsche Verkehrsgerichtstag kann nur Empfehlungen aussprechen - die haben aber Gewicht.
© Foto: picture alliance/Swen Pförtner/dpa

Der Deutsche Verkehrsgerichtstag hat mehrere Empfehlungen ausgesprochen. So sollen Abbiege- und Notbrems-Assistenten in Lkw die Zahl der Unfallopfer reduzieren, der Stickstoffdioxid-Grenzwert wissenschaftlich überprüft werden und Alkohol-Wegfahrsperren die Verkehrssicherheit erhöhen.

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Abbiege- und Notbrems-Assistenten sollen die hohe Zahl der Toten bei Lastwagenunfällen in Deutschland deutlich senken. Der Deutsche Verkehrsgerichtstag (VGT) hat sich für solche Systeme der jüngsten Generation in allen neuen Bussen und Lastern ausgesprochen. Der Expertenkongress rief am Freitag in Goslar die Bundesregierung auf, sich für den verbindlichen Einbau der Technik einzusetzen. Die Systeme sollen vor allem Tote bei Abbiege- und Auffahrunfällen verhindern. Jährlich kommen in Deutschland bei Lkw- und Bus-Unfällen rund 900 Menschen ums Leben, etwa 8.500 werden schwer verletzt. Der VGT sprach sich unter anderem auch für Alkohol-Wegfahrsperren für bestimmte Promillesünder und Änderungen am neuen Punktekatalog aus.

Bus- und Lkw-Unfälle: Abbiege-Assistenten, die akustisch und optisch warnen, können laut VGT verhindern, dass Radfahrer und Fußgänger beim Rechtsabbiegen übersehen werden. Bei Abbiege-Unfällen sind in Deutschland zuletzt mehr als 30 Menschen pro Jahr gestorben. Erst in den vergangenen Tagen waren in den niedersächsischen Städten Lehrte und Oldenburg zwei junge Menschen bei Abbiege-Unfällen ums Leben gekommen. Zudem sollten Ampeln so geschaltet werden, dass abbiegende Autofahrer sowie Radler und Fußgänger eigene Grünphasen haben.

NO2-Grenzwert: Der Deutsche Verkehrsgerichtstag bezweifelt die Berechtigung des derzeit geltenden Emissionsgrenzwerts für die Verhängung von Dieselfahrverboten. Die EU-Kommission solle den Wert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft wissenschaftlich überprüfen lassen. Weil die jenseits dieses Werts verhängten Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in Grundrechte eingriffen, dürften Verbote nur auf der Grundlage eines wissenschaftlich fundierten Grenzwerts als letztes Mittel angeordnet werden, heißt es in der Empfehlung. Bereits erlassene Fahrverbote sollten laufend auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Der Deutsche Verkehrsgerichtstag forderte den Gesetzgeber zudem auf, ein Gesamtkonzept zur Reduzierung aller relevanten Schadstoffe einschließlich Stickstoffdioxid zu entwickeln.

Sichere Autobahnen: Der VGT fordert zudem Notbrems-Assistenten, die Fahrzeuge bis zum Stillstand abbremsen können. Das soll die Zahl der Toten bei Auffahrunfällen vor allem auf Autobahnen senken. Außerdem verlangen die Experten den Bau zusätzlicher Stellplätze auf Autobahnparkplätzen, damit Lkw nicht wie bisher in großer Zahl auf Standstreifen sowie auf Zu- und Abfahrten abgestellt werden, wenn die Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einlegen. Davon gehen nach Ansicht der Fachleute erhebliche Unfallgefahren aus. Damit der Lkw-Verkehr besser überwacht werden kann, sollten die Polizei und des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) mehr Personal bekommen.

Alkolocks: Alkohol-Wegfahrsperren für Promille-Sünder, sogenannte Alkolocks, sollen künftig die Verkehrssicherheit steigern. Für Ersttäter mit Alkoholwerten unter 1,6 Promille könnte ein Alkolock die Alternative zu Fahrverbot oder zur Entziehung der Fahrerlaubnis sein oder die Frist bis zur Wiedererteilung verkürzen, meint der VGT. Alkolocks sind in Kfz eingebaute Atemalkohol-Messgeräte in Kombination mit einer Wegfahrsperre. Betrunkene können dann den Motor nicht starten. Bundesweit wurden im Jahr 2017 mehr als 12.000 Unfälle mit Personenschäden registriert, bei denen Alkohol im Spiel war.

Verkehrssünderkartei: Die vor fünf Jahren in Kraft getretene Reform der Flensburger Verkehrssünder-Datei ist nach Ansicht des VGT in einigen Punkten verbesserungsbedürftig. Künftig sollten nur noch Delikte mit Punkten belegt werden, die verkehrsgefährdend sind, empfehlen die Experten. So solle es für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort keine Punkte mehr geben. Empfohlen wird auch, dass Verkehrssünder durch den Besuch von Seminaren mehr Punkte abbauen können als bisher. Bei acht Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen.

Autonomes Fahren: Zur Frage, wer strafrechtlich verantwortlich ist, wenn autonom fahrende Autos Unfälle mit Personenschäden verursachen, bezog der VGT keine eindeutige Stellung. Allerdings solle ein Fahrmodus-Speicher eingeführt werden, der alle Daten festhalten, die für die Aufklärung von Delikten nötig sind, die durch hoch- oder vollautomatisierte Fahrzeuge verursacht werden.

Abfindungen von Unfallopfern: Der VGT möchte Rechte schwer verletzter Unfallopfer stärken. Wenn es um die Höhe möglicher Einmalzahlungen zur Abfindung aller finanziellen Ansprüche geht, sollten die Versicherungen verpflichtet werden, die Kosten eines unabhängigen Sachverständigen zu bezahlen, empfehlen die Experten. Der Gutachter solle dann den Abfindungsbetrag berechnen. Wenn Betroffene eine Einmalzahlung statt einer Rente erhielten, müsse der Abfindungsbetrag so hoch bemessen sein, dass Geschädigte eine Rente durch die Zinsen und den Abbau des Kapitals bestreiten können. In Deutschland mussten im Jahr 2017 gut 66.000 Menschen nach einem Verkehrsunfall mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.

Hardware-Nachrüstung: Um eine schnellstmögliche Senkung der Stickstoffoxid-Werte zu erreichen, sollte es für ältere Dieselautos eine Hardware-Nachrüstung geben, an deren Kosten die Hersteller zu beteiligen seien. Der VGT forderte ferner einheitliche Standards für Schadstoff-Messungen. Derzeit können die Messstellen direkt am Fahrbahnrand, aber auch bis zu 25 Meter entfernt aufgebaut werden. (dpa)

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