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Verkehrsminister Herrmann: In Sachen E-Mobilität sind noch einige Details zu klären

22.08.2016 10:15 Uhr
Verkehrsminister Herrmann: In Sachen E-Mobilität sind noch einige Details zu klären
Joachim Herrmann, CSU-MdL (l.), Andreas Schalk, CSU-MdL und Ford-Händler in Burgoberbach, sowie Klaus-Dieter Breitschwert, CSU-MdL a.D.
© Foto: Prof. Hannes Brachat

Die Bundesregierung fördert die Elektromobilität mit 1,2 Milliarden Euro. Bayern will sich bei Bedarf mit eigenen Landesmitteln am Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur beteiligen.

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Von Prof. Hannes Brachat

In einem Interview mit dem Bayerischen Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann und dem Präsidenten des Bayerischen Kfz-Gewerbes, Klaus-Dieter Breitschwert, hat AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat Fragen zur aktuellen Verkehrspolitik gestellt. Dabei ging es um die Themenbereiche Elektromobil, Mobilität der Zukunft / autonomes Fahren, CSU / PKW-Maut und Bundesverkehrswegeplan 2030 im Verbund mit dem Güterverkehr. AUTOHAUS.de bringt das Gespräch in mehreren Teilen. Heute: Elektromobil. 

Eine Million E-Fahrzeuge

AUTOHAUS: BMW hat in Leipzig ein separates Werk für E-Autos gebaut. Die Planungen der "Nationale Plattform Elektromobilität" (NPE) unter Führung der Kanzlerin sehen bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge (inkl. Hybridformen) auf deutschen Straßen vor. Nach dem Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität (NEPE) sollen das 2030 sage und schreibe fünf Millionen sein. Ehrgeizige Ziele. Welche Weichenstellungen trifft der Bayerische Verkehrsminister zur Belebung des E-Mobils? 

J. Herrmann: Die Bundesregierung hat mit einem neuerlichen Fördervolumen von 1,2 Milliarden Euro besondere Akzente gesetzt. Auf der einen Seite als Kaufprämie für 400.000 Fahrzeuganschaffungen, auf der anderen Seite 300 Millionen Euro für die Ladeinfrastruktur von 15.000 Schnelllade- und Normalladepunkte. Priorität hat der Ausbau der Infrastruktur entlang der Autobahnen. Die 400 Raststätten der Autobahn Tank & Rast GmbH werden hierzu mit Schnellladesäulen und Elektroauto-Parkplätzen ausgestattet. Damit machen wir die E-Mobilität langstreckentauglich. Bayern wird sich bei Bedarf mit eigenen Landesmitteln am Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur beteiligen. Wir werden in Bayern 2020 einen öffentlichen Bedarf von rund 7.000 öffentlichen Ladepunkten haben. Im Moment wird noch um die Förderrichtlinien gerungen. Da sind noch einige Details zu klären. 

Detail-Aktivitäten

AUTOHAUS: Sie haben zusammen mit Sachsen eine Bundesratsinitiative gestartet. Worum geht es dabei?

J. Herrmann: Da gibt es grundsätzlich einige Mosaiksteine, die wir zusammensetzen. Unsere Bundesratsinitiative erstreckt sich darauf, im Wohnungseigentums- und Mietrecht Möglichkeiten zu schaffen, die den Bau von Ladeinfrastruktur an privaten Kfz-Stellplätzen im Gemeinschaftseigentum oder als Mieter erleichtern. Ein anderes Beispiel. Arbeitnehmer sollen ihr Elektroauto am Arbeitsplatz ohne Versteuerung geldwerter Vorteile aufladen können. Selbiges gilt für die Besucher der Behörden des Freistaats Bayern. Sie können die Ladeinfrastruktur im Rahmen des Besucherverkehrs kostenfrei nutzen. Ebenso die Bediensteten. Darüber hinaus hat Bayern eine staatliche Beschaffungsinitiative beschlossen. Im staatlichen Fuhrpark soll der Anteil der Elektroautos bei Neuzulassungen von geeigneten Fahrzeugen auf 20 Prozent erhöht werden. Außerdem ist im 2015 verabschiedeten Elektromobilitätsgesetz verankert, dass Kommunen diverse Bevorrechtigungen einführen können, von separater Fahrspur für E-Fahrzeuge, speziellen Parkplätzen, Reduzierung von Parkgebühren, Ausnahmen von Zufahrtsbeschränkungen u.a. Ohne Frage, das Ganze braucht Zeit. Die Weichen aber sind politisch gestellt.

Wirkung der E-Kaufprämie

AUTOHAUS: Wie interpretieren sie, Herr Breitschwert, als Präsident des Bayerischen Kfz-Gewerbes die Aussagen von Herrn Minister Herrmann?

K.D. Breitschwert: Wenn man zur Stunde die Abrufquote der E-Kaufprämie ansieht, ist das Ergebnis der politischen Weichenstellung noch überschaubar. Das Ganze wird ein Marathonlauf. Ich meine, es kommt der nun der Markt in Schwung. Volkswagen, BMW, MB haben sich offen zum E-Mobil bekannt. Selbst Porsche ist ab 2020 im Boot. Ein Staat wie Norwegen hat angekündigt, ab 2025 ausschließlich E-Fahrzeuge zuzulassen. China und andere Länder u.a. Österreich werden folgen.

Vermutlich müsste man den Energieversorgern gleiche Zuschüsse zuweisen, wie sie die Automobilindustrie erhält. Eine normale Säule kostet 7.000 bis 10.000 Euro, eine Schnellladestation bis zu 35.000 Euro. Damit wird zur Stunde wirklich noch kein Geld verdient. Aber RWE macht es doch vor. Die haben bereits 3.100 Stationen in Deutschland installiert und haben bereits 6000 Privathaushalten Ladeboxen verkauft. Mit jeder Station wächst der Stromverkauf. Eon, EnWB u.a. sollten eben folgen.

Bezüglich öffentlicher Ladestationen muss man die psychologische Komponente sehen. Jeder Autofahrer will das Gefühl haben, immer und überall Strom anzapfen zu können. Wir wissen aber - nicht nur von Tesla -, dass gut 80 Prozent der Elektrofahrer ihre Autos zu Hause bzw. bei der Arbeitsstelle tanken. Oft ist das E-Auto Zweitwagen und die meisten fahren damit pro Tag nicht mehr als 80 Kilometer. Man achte auf die Kostenvorteile. 100 Kilometer mit dem E-Auto kosten vier Euro, mit dem Durchschnittsbenziner eben rund zehn Euro.

E-Auto und Werkstattauslastung

AUTOHAUS: Unterschwellig lehnen in der Branche einige das E-Auto ab, weil es in der Werkstatt in Sachen Auslastung weniger Freude macht.

K.D. Breitschwert: Es ist immer wieder gut, wenn man rechnet. Der ZDK hat in einer Studie einmal die Auswirkungen der E-Fahrzeuge auf die Wartungsarbeiten ermittelt. Hinter den Wartungsarbeiten steckt das Gros der Auswirkung auf die Werkstattauslastung, nicht im Zahnriehmenersatz. Wir haben zur Stunde gut 44 Millionen Pkw mit klassischen Antrieben auf deutschen Straßen. 2030 sollen fünf Millionen Elektrofahrzeuge auf der Straße sein. Das wären dann rund zehn Prozent. Von den fünf Millionen E-Fahrzeugen sind aber zwei Drittel Hybridantriebe, bei denen der Wartungsaufwand sogar umfassender ausfällt. Bis 2030 braucht man aufgrund der E-Autos keine massiven Rückgänge in der Werkstatt befürchten. Eine rückläufige Werkstattauslastung geht von den kommenden Neuwagen anderer Antriebssysteme aus. Man wird bis 2030 noch sehen, welche Auswirkung der Wasserstoffantrieb haben wird.

ZDK-Studie Elektromobilität

Die Studie kann über den ZDK bezogen werden.

Mir läge aber dringlich an einer Erweiterung der genannten ZDK-Studie. Welche Investitionen muss der einzelne Kfz-Betrieb, ob frei oder markengebunden in seiner Werkstatt für die E-Mobilität erbringen? Da haben einige Hersteller Standards aufgelegt, die es zu hinterfragen gilt. Wie sehen diese aus? Ferner sollten in dieser erweiterten Studie die Ausbildungsvorgaben und deren Aufwendungen einfließen. Derartige Investitionen setzen eine entsprechende Fahrzeugmenge in Folge in der Werkstatt voraus! Der Service sollte auch in Zukunft stützenden Rückgrat der Branche bleiben.

AUTOHAUS: Wir danken für Ihre Ausführungen.

Am Dienstag setzen wir das Interview mit dem Thema Bundesverkehrswegeplan und Lkw-Verkehr fort.

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KOMMENTARE


fred

22.08.2016 - 16:24 Uhr

Das Klima- und Umweltproblem des Verbrennungsmotors liegt am fossilen Kraftstoff. Mit Power to Gas und Power to Liquid aus Grünstrom oder zukünftig mittels solathermischer Elektrolyse erzeugten Kraftstoffen werden Verkehrssysteme mit Verbrennungsmotorantrieb klima- und umweltfreundlich. Und haben als Gesamtystem Vorteile gegenüber der E-Mobilität, da z.B. weder Stromtrassen noch neue Tankstellenverteilnetze benötigt werden.


Jensen

24.08.2016 - 21:45 Uhr

Mit hohem Energieaufwand erzeugte Kraftstoffe, die dann doch wieder in einem Verbrennungsmotor verbrannt werden sollen, dürften nicht ansatzweise die schon heute vorhandenen, gravierenden Vorteile des reinen E-Antriebs erreichen können.Zumal der E-Antrieb ja mit deutlich weniger Verschleißteilen, deutlich geringerem Wartungsaufwand und auch auch ohne Öl auskommt. Stromtrassen werden selbstverständlich benötigt, aber aus ganz anderen Gründen.Der Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur hakt nicht wegen technischer Hindernisse, sondern nur wegen politischer Fehler und dem aktiven Verschleppen einiger Automobilhersteller in Bezug auf die E-Mobilität. Wenn Herr Herrmann von einem Bedarf von 7.000 Ladepunkten (erst) in 2020 in Bayern spricht, zeigt das exemplarisch, dass die Elektromobilität keinesfalls ernst genommen und aktiv voran getrieben werden soll. Um bei der Zahl 7.000 zu bleiben. 7.000 Ladepunkte ist wohl eher die Hausnummer, die sehr kurzfristig alleine in einer Stadt wie München zwingend bereitstehen muss. Günstige Möglichkeiten, kurzfristig Ladepunkte im öffentlichen Raum bereitzustellen, gibt es genug.


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