Die deutsche Autoindustrie und der Mineralölkonzern Shell gehen in der E10-Kontroverse in die Offensive. Während die Hersteller in einer gemeinsamen Erklärung die Verträglichkeit von 99 Prozent ihrer Fahrzeuge garantieren, führt Shell eine kostenlose Versicherung gegen mögliche Schäden durch den umstrittenen Biokraftstoff ein.
Die Autobauer erklärten erneut ihre Angaben in der DAT-Verträglichkeitsliste für verbindlich. "Die Autofahrer können sich darauf verlassen", hieß es in einer am Montag vom Verband der Automobilindustrie (VDA) verbreiteten Mitteilung. Sollte es durch die Betankung mit E10 später wider Erwarten zu Schäden kommen, werden die Hersteller für diese aufkommen. "Selbstverständlich gelten auch bei E10 alle rechtlichen Ansprüche des Verbrauchers", kündigten die Entwicklungsvorstände von Audi, BMW, Ford, Mercedes-Benz, Opel, Porsche und Volkswagen an.
Die kostenlose Shell-Versicherung können laut dem Konzern alle Kunden in Deutschland abschließen, die mindestens 30 Liter E10-Biosprit bei der Marke gekauft haben. Mit der Versicherung wendet sich das Unternehmen nach eigenen Angaben an jene Kunden, "die aus Sorge vor möglichen Folgeschäden" noch kein E10 tanken.
Auf einem "Benzingipfel" vor drei Wochen hatten Bundesregierung, Mineralöl- und Autoindustrie beschlossen, bei den Autofahrern für mehr Vertrauen in den neuen Kraftstoff zu werben (wir berichteten). Bisher halten sich viele Deutsche beim E10-Tanken zurück und weichen – trotz höherer Preise – auf das herkömmliche Super und Super Plus aus.
Der ADAC nannte die Shell-Aktion einen "Marketing-Gag". Denn die kostenlose Versicherung hat viele Haken: Die Kunden müssen ihre Tanks mindestens zu 80 Prozent bei Shell füllen. Falls sie öfter bei der Konkurrenz an die Zapfsäule fahren, erlischt der Versicherungsschutz. Für den Nachweis der Shell-Treue müssen Kunden ihre Tankquittungen aufbewahren – oder gleich zur Stammkundenkarte der Tankstellenkette greifen. Problem Nummer zwei: Die Police gegen E10-Schäden endet schon nach eineinhalb Jahren. Weitere Bedingungen: Die Erstzulassung des Fahrzeugs darf nicht vor 1996 liegen, und der Hersteller muss eine Unbedenklichkeitserklärung gegenüber E10 abgegeben haben.
Dr. Dieter Zimmermann