Bei der geplanten Pkw-Maut sollen 3,19 Milliarden Euro pro Jahr von inländischen Autobesitzern hereinkommen. Davon dürften 1,76 Milliarden Euro auf Benzin-Modelle und 1,43 Milliarden Euro auf Diesel-Fahrzeuge entfallen, wie aus der am Montag veröffentlichten Einnahmeprognose des Bundesverkehrsministeriums hervorgeht. Deutsche Autofahrer sollen die Maut aber über eine geringere Kfz-Steuer voll ausgeglichen bekommen, so dass sie nicht zusätzlich belastet werden.
Von Autofahrern aus dem Ausland erwartet das Ministerium jährlich 733 Millionen Euro. Die Prognose geht davon aus, dass es jährlich rund 130 Millionen Ein- und Durchfahrten von "gebietsfremden" Pkw auf den für sie mautpflichtigen deutschen Autobahnen gibt. Fahrer aus dem Ausland dürften vor allem die nach Schadstoffausstoß und Hubraum gestaffelte Jahresmaut oder eine Zehn-Tages-Maut für 10 Euro kaufen. Die ebenfalls vorgesehene Zwei-Monats-Maut für 22 Euro dürfte kaum genutzt werden. Sie floss gar nicht in die Kalkulation ein.
Ressortchef Alexander Dobrindt (CSU) geht davon davon aus, dass 8,065 Millionen ausländische Fahrer die Jahresmaut mit einem Durchschnittspreis von mehr als 70 Euro entrichten. Weitere 15,8 Millionen sollen der vertraulichen Prognose zufolge jeweils 10 Euro für eine Zehn-Tages-Maut bezahlen. Nach Abzug eines "Sicherheitspuffers" und der Systemkosten sollen 500 Millionen Euro für Investitionen übrig bleiben.
Beim kleinen Grenzverkehr nehmen die Ministeriumsexperten an, dass überwiegend eine Jahresmaut gekauft wird und es zwei Einreisen pro Monat gibt. Prognostiziert werden Einnahmen von 164 Millionen Euro. In grenznahen Regionen gibt es Befürchtungen vor Einbußen für Wirtschaft und Tourismus, weil Besucher aus Nachbarländern von der Maut abgeschreckt werden könnten.
Gesetzesberatungen am Donnerstag
Kurz vor Beginn der Gesetzesberatungen im Bundestag an diesem Donnerstag werden damit weitere Details der Berechnung bekannt, die Minister Dobrindt über Monate geheim gehalten hatte. Die "Bild am Sonntag" berichtete zuerst über die zum Teil schon am Sonntag bekanntgewordenen Berechnungen.
Der Verkehrsminister hatte sich über Monate und auch auf Aufforderung des Bundesrats hin hartnäckig geweigert, die Basis seiner Kalkulation offenzulegen. Mehrfach hatte die SPD ihn aufgefordert, die Berechnungsgrundlagen nicht länger geheim zu halten. "Wir brauchen umgehend Transparenz bei der Berechnung der Einnahmen", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol am Wochenende der Deutschen Presse-Agentur. Bartol drohte, dass die Verabschiedung "kein Selbstläufer" werde. "Wir werden uns vom Datenschutz über die Regelung für die Rückerstattung bis hin zu den Auswirkungen auf die Grenzregionen die Gesetze noch einmal genau anschauen."
Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte die zum Teil schon am Sonntag bekanntgewordenen Berechnungen. "Es muss weiterhin bezweifelt werden, dass nach dem Abzug von Verwaltungskosten unterm Strich überhaupt etwas übrig bleibt", sagte sie den "Ruhr Nachrichten" (Montag). Auch die Linke bezweifelte die Berechnung. Der verkehrspolitische Sprecher der Union, Ulrich Lange (CSU), sprach dagegen von einer soliden Basis. Viele Annahmen seien eher zurückhaltend kalkuliert.
Gutachten stützt Dobrindts Annahmen
Ein Gutachten der Universität Friedrichshafen, das einen Tag zuvor lanciert wurde, bestätigt Dobrindts Annahmen. Den Berechnungen lägen "zuverlässige empirische Daten zugrunde", heißt es darin nach Angaben der "Bild"-Zeitung (Samstag). Nach Einführung der Maut sei mit insgesamt 695,9 Millionen Euro im Jahr zu rechnen. In Zukunft könne "eher mit höheren Einnahmen aus dem Verkauf von Vignetten an Halter von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen gerechnet werden".
Gutachter Wolfgang Schulz sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", die Untersuchung sei lediglich eine Art Plausibilitäts-Check gewesen. "Die Annahmen und Herleitungen der Prognosen sind durchweg nachvollziehbar und schlüssig."
Dobrindt will die im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehene Pkw-Maut 2016 für Autobahnen und Bundesstraßen einführen. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Inländern sollen ihre Maut-Zahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer voll ausgeglichen werden, so dass sie insgesamt nicht zusätzlich belastet werden. (dpa)
Sven Habl