Die Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für eine Pkw-Maut verstoßen nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gegen EU-Recht. Die Juristen kommen in einem 23-seitigen Gutachten zu dem Schluss, dass Dobrindts Konzept gleich mehrfach zu einer "mittelbaren Diskriminierung von Unionsbürgern" führen würde. Über die der Deutschen Presse-Agentur vorliegende Rechtsstudie berichteten zuerst die "Bild am Sonntag" und "Der Spiegel". In Auftrag gegeben hatte sie der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner.
Dobrindt will eine Vignettenpflicht auf allen deutschen Straßen einführen. Unterm Strich sollen die Mehreinnahmen aber nur von den ausländischen Fahrern kommen. Inländische Autobesitzer sollen für die Maut voll über die Kfz-Steuer entlastet werden. Zwar soll die Steuererleichterung formal getrennt beschlossen werden, doch "müssen beide Maßnahmen zusammen betrachtet" werden, wie die Bundestagsjuristen erklären.
Sie sehen aber nicht nur in dieser Koppelung eine Diskriminierung anderer EU-Bürger. Auch die geplante Struktur der Vignettenpreise würde ihrer Untersuchung zufolge gegen EU-Recht verstoßen.
So sollten die Preise für Jahresvignetten für inländische Autos nach Umweltfreundlichkeit, Hubraum und Zulassungsjahr gestaffelt sein, für ausländische aber nicht. Das führe dazu, dass ein ausländischer Fahrer eines Benzinfahrzeugs einheitlich 103,04 Euro zu zahlen habe, der Halter beispielsweise eines in Deutschland zugelassenen VW Polo 1.2 TSI aber nur 24 Euro – um die dann auch noch die Kfz-Steuer sinke. "Das Vorenthalten einer nach bestimmten Kriterien gestaffelten Beitragshöhe führt zu einer ungleichen Behandlung von inländischen und ausländischen Kfz-Haltern und damit zu einer mittelbaren Diskriminierung", heißt es im Gutachten.
Ferner bemängeln die Experten des Bundestags, dass mit Dobrindts Pkw-Maut-Konzept ausländische Verkehrsunternehmen wie zum Beispiel Kurierdienste finanziell stärker belastet würden als inländische. Sie werten das als Verstoß gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der EU und gegen ein entsprechendes Verbot des Europäischen Gerichtshofs.
Zetsche: "Wir brauchen eine europäische Lösung"
Der Vorstandsvorsitzende des Daimler-Konzerns, Dieter Zetsche, lehnte Dobrindts Vorhaben strikt ab. "Die Pkw-Maut halte ich eher für populistisch als für rational nachvollziehbar", sagte er der "Bild am Sonntag". Er verstehe zwar den Ärger über die Maut in Nachbarländern. "Aber hier Gleiches mit Gleichem zu vergelten, ist falsch. Wenn überhaupt, brauchen wir eine europäische Lösung. Von der geplanten selektiven Maut in Deutschland sollten wir lieber die Finger lassen." (dpa)
Michael Kühn
Gunter Weichenhain
Interessiert nicht
Detlef Rüdel