Zur Belebung der immer noch schwachen Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland zeichnen sich zunehmend staatliche Kaufzuschüsse ab, an denen sich die Autoindustrie aber beteiligen soll. Nach SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich CSU-Chef Horst Seehofer als zweiter Parteivorsitzender der großen Koalition für Kaufzuschüsse aus. Ziel sei, eine Schlüsseltechnologie, in der es brutalen Wettbewerb auf der ganzen Welt gebe, in Deutschland zukunftsfähig zu machen, sagte der bayerische Ministerpräsident am Freitag in Berlin. Größenordnung und Selbstbeteiligung der Industrie müsse die Bundesregierung aushandeln.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnt eine Kaufprämie ab. Auch der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfaktion, Eckhardt Rehberg, sprach sich am Freitag dagegen aus: "Die Automobilindustrie hat in den vergangenen Jahren Milliarden verdient und ist wirtschaftlich stark genug, so dass sie nicht vom Steuerzahler unterstützt werden muss."
Seehofer sagte, über das Thema sei beim Spitzentreffen mit Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend kurz gesprochen worden. Mit Blick auf Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der eine Kaufprämie wiederholt abgelehnt hatte, sagte Seehofer, er denke, dass Dobrindt "ein bayerischer Bundesminister ist und dass er auch zu einer Lösung im Bund beiträgt". Dazu, dass der Koalitionsvertrag Kaufprämien ablehnt, sagte Seehofer: "Wenn man sich gemeinschaftlich von einer Vereinbarung verabschiedet, dann ist das in Ordnung."
Zur Beteiligung der Autoindustrie ist nach Informationen des Magazins "Der Spiegel" ein Fonds im Gespräch, um Kaufprämien von 5.000 Euro pro Elektroauto und für Plug-in-Hybride zu finanzieren. Davon sollen demnach 1.500 bis 2.000 Euro von den Autoherstellern kommen. Zudem wolle die Regierung in den Bau von 16.000 Ladestationen investieren. Gabriel hatte die Größenordnung von 5.000 Euro aufgebracht.
Treffen mit Konzernchefs
Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich laut "Spiegel" am kommenden Dienstag mit den Vorstandschefs der Autobauer Volkswagen, Daimler und BMW treffen, um das Thema zu beraten. Dies sind VW-Konzernchef Matthias Müller, der Daimler-Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche und BMW-Chef Harald Krüger. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz wollte am Freitag lediglich bestätigen, dass es am Dienstag einen Termin der Kanzlerin im Zusammenhang mit dem Thema Elektromobilität gibt.
Der VDA forderte massive Impulse zum Ausbau der Elektromobilität. Dabei erklärte der Branchenverband erstmals auch seine Unterstützung für staatliche Kaufzuschüsse für Elektroautos. Der Verbraucher brauche "spürbare Vorteile", um sich für den Kauf eines Elektroautos zu entscheiden, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, auf dpa-Anfrage. "Dafür kommen steuerliche Impulse ebenso in Betracht wie direkte Kaufanreize oder eine Kombination von beiden." Wissmann forderte außerdem ein Sofort-Programm für 10.000 Ladesäulen, das jeweils zur Hälfte von der Wirtschaft und der öffentlichen Hand finanziert werde. "Die derzeit 5.600 öffentlichen Ladepunkte sind viel zu wenig."
Die bayerische Staatsregierung hatte sich bereits am Dienstag in einem gemeinsamen Positionspapier mit der lokalen Autoindustrie für Kaufprämien ausgesprochen. An der Kaufprämie sollten sich Bund sowie Automobilbranche beteiligen, hatte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gesagt.
Schwache Nachfrage
Die Nachfrage nach E-Autos in Deutschland ist immer noch schwach. Im vergangenen Jahr wurden nur 12.363 Elektrofahrzeuge neu zugelassen – verglichen mit insgesamt 3,2 Millionen Personenwagen. Die Bundesregierung will, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf den Straßen rollen. Dieses Ziel aber gilt als gefährdet. Als Hauptprobleme gelten neben dem vergleichsweise hohen Preis für Elektroautos und der geringeren Reichweite der Fahrzeuge die unzureichende Infrastruktur mit Ladestationen. (dpa)
Michael Kühn