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Dieselkonzept der Koalition: Hardware-Nachrüstungen und Kaufprämien

02.10.2018 14:04 Uhr
Dieselkonzept der Koalition: Hardware-Nachrüstungen und Kaufprämien
Für saubere Luft: Die Bundesregierung hat sich am Dienstagmorgen auf neue Angebote für Diesel-Besitzer verständigt.
© Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Ohde

Nach monatelanger Ungewissheit ist eine Einigung im Diesel-Streit da: Die Regierung will eine Palette von Maßnahmen nachlegen, um Autofahrer vor Fahrverboten zu bewahren - die Hersteller spielen da nur teilweise mit.

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Besitzer älterer Diesel in Regionen mit besonders schmutziger Luft sollen neue Angebote zum Kauf sauberer Wagen und für Motor-Nachrüstungen bekommen. Das geht aus dem Beschlusspapier der Koalitionsspitzen hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Vorgesehen sind diese beiden Möglichkeiten zum einen bezogen auf 14 "besonders betroffene Städte" mit hohen Grenzwertüberschreitungen bei der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2): München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Zum anderen geht es um weitere Städte, in denen demnächst Fahrverbote kommen könnten - dies betrifft unter anderem Frankfurt am Main.

Einbezogen werden sollen bei allen diesen Städten jeweils auch Bewohner der angrenzenden Landkreise und "außerhalb dieser Gebiete wohnhafte Fahrzeughalter, die ein Beschäftigungsverhältnis in der Stadt haben". Ebenso Selbstständige, die ihren Firmensitz in der Stadt haben und deswegen aus beruflichen Gründen in die Städte pendeln müssen, sowie Fahrzeughalter mit besonderen Härten.

Damit mehr schmutzige ältere Diesel von den Straßen kommen, sollen neue Kaufanreize kommen. Die deutschen Hersteller haben dem Bund demnach zugesagt, für Besitzer von Wagen der Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 "ein Tauschprogramm mit attraktiven Umstiegsprämien oder Rabatten" anzubieten. Summen werden in dem Papier nicht genannt.

Dabei solle "der besondere Wertverlust, den Diesel-Fahrzeuge durch die Debatte um deren Schadstoffausstoß erlitten haben, ausgeglichen werden". Gekauft werden können Neuwagen und auch Gebrauchte. Von den ausländischen Herstellern würden vergleichbare Angebote erwartet.

Für Euro-5-Diesel in den stark belasteten Regionen soll als zweite Möglichkeit der Einbau zusätzlicher Abgasreinigungstechnik am Motor ermöglicht werden. Wenn Besitzer eine solche Hardware-Nachrüstung wollen und Systeme verfügbar sind, erwartet der Bund "vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt", wie es in dem Koalitionsbeschluss heißt. Die Haftung sollen die Nachrüstfirmen übernehmen. Der Staat fördert wird zudem die Nachrüstung von Kommunalfahrzeugen und Transportern in den Problemstädten. Das Programm soll Anfang 2019 starten. Scheuer bezifferte das Volumen auf 190.000 Fahrzeuge.

Scheuer sagte weiter, dass mit den Autobauern zu finanziellen Fragen aber noch Gespräche zu führen seien. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte, die gesamte Regierung bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich eindeutig gegenüber der Branche positioniert. Sie glaube, dass das Signal angekommen sei.

Opel und BMW beteiligen sich nicht an Nachrüstung 

Die Frage ist nun, wie weit die Autokonzerne da mitmachen. Volkswagen will Dieselbesitzern so schnell wie möglich Umtauschprämien anbieten. Die geplanten Prämien der Volumenmarken des Konzerns sollten im Schnitt bei etwa 4.000 Euro für Diesel der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 liegen - und bei 5.000 Euro für Euro-5-Diesel, teilte Volkswagen am Dienstag in Wolfsburg mit. Die Umtauschprämien seien abhängig vom Modell des Kunden. In den laut Bundesregierung 14 besonders betroffenen Städten mit hohen Grenzwertüberschreitungen bei der Luftbelastung will VW fast eine Million Autobesitzer erreichen. Mit Blick auf mögliche Hardware-Nachrüstung gehe man davon aus, "dass die Bundesregierung sicherstellt, dass sich alle Hersteller an den entsprechenden Maßnahmen beteiligen", teilte zuvor ein Unternehmenssprecher mit. Die Umsetzung hänge von Lösungen von Nachrüstfirmen ab. Diese Lösungen müssten vorliegen, zugelassen und dauerhaft haltbar sein. "Wir weisen darauf hin, dass mit einer Nachrüstlösung Mehrverbrauch und Komforteinbußen verbunden sind", hieß es in dem Statement.

BMW will Dieselfahrern sofort bis zu 6.000 Euro Umtauschprämie zahlen, lehnt Hardware-Nachrüstungen auf Unternehmenskosten jedoch ab. Beim Kauf eines jungen Gebrauchten oder eines Vorführwagens zahle der Konzern 4.500 Euro Umtauschprämie. Der alte Diesel müsse mindestens ein Jahr auf den Halter zugelassen sein, der die Umtauschprämie bekommen will. Eine Umtauschprämie von 2.000 Euro biete BMW weiterhin flächendeckend an - die höheren Prämien beschränkten sich auf die von der Koalition benannten 14 Regionen mit hohen Stickoxid-Werten. 

Daimler will Dieselbesitzern beim Kauf eines neuen Mercedes-Benz-Fahrzeugs bis zu 10.000 Euro Umtauschprämie zahlen. Die Erneuerung des Fahrzeugbestands sei das effektivste Mittel, um die Luftqualität in den Innenstädten schnell weiter zu verbessern und gleichzeitig die individuelle Mobilität der Autofahrer zu sichern, teilte der Konzern am Dienstag mit. Man werde sich aber auch an Hardware-Nachrüstungen beteiligen - wie genau das aussehen wird, stand allerdings noch nicht fest. Die Umtauschprämie, deren genaue Höhe vom Fahrzeugtyp abhängen soll, gibt es in den 14 von der Bundesregierung benannten besonders betroffenen Regionen mit hohen Grenzwertüberschreitungen. Wer einen gebrauchten Mercedes kauft, soll bis zu 5.000 Euro Prämie erhalten. Für ganz Deutschland gelte weiterhin die bereits laufende Umtauschaktion, bei der Besitzer von Dieseln mit der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter 2.000 Euro bekommen. Anders als die neue Prämie gilt diese nicht für Euro-5-Fahrzeuge.

Opel ist gegen Hardware-Nachrüstungen, "da sie ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift sind", teilte der Autobauer in Rüsselsheim mit. Zudem würde es zu lange dauern, die Nachrüstungen durchzuführen. Zugleich erklärte Opel, man habe noch keine Entscheidung über weitere Maßnahmen getroffen. 

Renaultlegt ab sofort bundesweit eine Diesel-Umtauschprämie auf. Wer als Privatkunde seinen alten Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 1, Euro 2, Euro 3, Euro 4 oder Euro 5 beim Kauf eines Renault Neuwagens in Zahlung gibt, erhält bei teilnehmenden Renault-Partnern bis zu 10.000 Euro Umtauschprämie für das Neufahrzeug. Die Umtauschprämie gilt für Kunden in ganz Deutschland. Das Wechselangebot erhalten Altdiesel-Fahrer aller Marken, die bis zum 30. November 2018 einen Neuwagenkaufvertrag für einen Renault, gleich welcher Antriebsart, unterschreiben. Voraussetzung ist, dass der alte Diesel-Pkw mindestens sechs Monate auf den Besitzer zugelassen ist. Die Prämie richtet sich nach dem Wert des Neufahrzeugs.

200.000 Kunden hatten die vorherige Prämie genutzt

Bereits nach dem Dieselgipfel von Bund und Autobranche 2017 hatten die deutschen Hersteller Prämien von bis zu 10.000 Euro aufgelegt. Diese nahmen mehr als 200.000 Kunden in Anspruch, wie es im Juli hieß. Dieser Effekt reichte der Regierung aber nicht. Generell können Kunden beim Autokauf mit Rabatten von einigen Tausend Euro rechnen.

Hintergrund für die neuen Maßnahmen ist zu schmutzige Luft in vielen deutschen Städten. Diesel-Abgase sind ein Hauptverursacher dafür. Daher drohen Fahrverbote für ältere Diesel. In Hamburg sind schon zwei Straßenabschnitte für sie gesperrt. In Stuttgart ist 2019 ein großflächiges Einfahrverbot geplant. Kürzlich hatte ein Gericht auch Fahrverbote für die Innenstadt der Pendlermetropole Frankfurt am Main ab 2019 angeordnet. Die EU-Kommission macht ebenfalls Druck und will Deutschland per Klagebeim Europäischen Gerichtshof zur Einhaltung der Grenzwerte zwingen, die schon seit 2010 verbindlich sind.

Um mögliche Fahrverbotszonen organisieren und kontrollieren zu können, will der Bund für besonders stark betroffene Städte einheitliche Rechtsregeln schaffen. Eine besondere Kennzeichnung etwa mit einer blauen Plakette sei dafür nicht erforderlich. (dpa/ah)


Das Bundesverkehrsministerium hat das "Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten" auf seiner Internetseite veröffentlicht.


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KOMMENTARE


Rudi S.

02.10.2018 - 14:16 Uhr

Wenn das das Ergebins einer 3-jährigen Überlegungsphase unserer Kanzlerin und Hr. Scheuers ist, dann "gute Nacht". Pfusch ist das einzige Wort, das hier zutrifft. Man kann nur hoffen, dass der Wähler das bereits in 2 Wochen entsprechend beantwortet.


Uwe

02.10.2018 - 15:23 Uhr

Jetzt mal wieder Tacheles.Wieso nur in 14 Städten und Ballungsräumen? Werden die Menschen, die nicht in den Ballungsräumen wohnen, einfach mal bestraft und bekommen keine oder weniger Prämien? Das geht garnicht.Aber warum geht man nicht mal gegen die EU vor, die hat die Abgasnormen 1, 2, 3, 4 und 5 beschlossen und festgelegt, warum sollte man Fahrzeuge, die der Abgasnorm der EU entsprechen nachrüsten lassen. Die EU sollte mal über Ihre CO² Grenzen nachdenken, da WLTP ca. einen 25% höheren Ausstoß angibt, somit sollten dann auch die CO² Ziele von der EU mal angepasst werden. In Brüssel sitzen und keine Ahnung von der Realität haben, so sollte das nicht gehen.


Kurbelwellenfan

02.10.2018 - 21:12 Uhr

Zu diesem umfangreichen Themenkomplex gibt es einen fundierten Beitrag in FAZ-Net von Holger Appel. Für alle, die wegen der Nachrüstung jetzt schon die $-Zeichen in den Augen haben, eine etwas desillusionierende Betrachtung. Wenn die Hersteller nicht wollen, dann wollen sie nicht.


Gardner

04.10.2018 - 08:31 Uhr

Ich verstehe es nicht. Wie kann eine Firma etwas mit bestimmten Werten/DIN verkaufen und lügen. Und die/der Bürgerin/Bürger muss dafür die Umrüstung, um diese Werte/DIN wiederherzustellen, bezahlen. Wie geht das?


Fahrvergnüger

04.10.2018 - 13:41 Uhr

@Gardner: Vielleicht kann ich Ihrem Verständniss etwas helfen - leider gehen viele wichtigen Fakten in der derzeitigen Diskussion in den Medien (teilweise sogar von selbsternannten Experten zitiert) unter. Wichtigster Fakt ist: Die Diskussion um die Um-/Nachrüstung von Dieselfahrzeugen hat NICHTS - aber auch gar nichts - mit dem Abgasbetrugsskandal bei VW und anderen Herstellern zu tun. Dieser Skandal hat lediglich Medien, Öffentlichkeit & Politik dazu bewegt, sich dezidierter mit dem Thema Abgasnormen und den Messmethoden auseinanderzusetzen. Um dann festzustellen, dass die bisher gültigen Normen - nach denen sich die Hersteller gerichtet haben - auf dem Papier (so wie es die Norm vorschreibt!!!) erreicht wurden, mit dem realen Schadstoffausstoß jedoch wenig zu tun hatten. Und genau DAS soll jetzt erreicht werden: Der Schadstoffausstoß soll auf die gültigen Grenzwerte reduziert werden - und zwar im normalen Fahrzyklus auf der Straße und nicht nur bei irgendeinem realitätsfernen Messprotokoll auf dem Prüfstand. Schafft man beim Diesel nur mit einer anderen Abgastechnik, die jetzt nachgerüstet werden soll. Das kommt letztendlich einer nachträglichen Veränderung der Abgasnormen gleich (da wurde der Prüf-/Messprozess bis dato ja anders definiert) - was wiederum erklärt, warum keiner der Auto-Hersteller in Jubel verfällt. Stellen Sie sich einfach vor, Sie nutzen bei Ihrer Steuererklärung ganz legal über Jahre Grauzonen/Schlupflöcher. Nach 7 Jahren kommt es durch einen Steuerskandal zur Aufdeckung dieser Schlupflöcher, die dann umgehend "gestopft" werden und der Staat fordert von Ihnen nun rückwirkend eine Nachzahlung - obwohl sie sich immer an die bis dahin geltenden Regeln gehalten haben. Würden Sie ohne Proteste zahlen wollen???


Detlef Rüdel

04.10.2018 - 15:02 Uhr

Da wird seit Jahren betrogen, getrickst, gelogen, usw. und die Konzerne sagen, wir sind gegen eine Hardware Nachrüstung. Die Verantwortlichen haben wohl vergessen, wer hier wen betrogen hat. Wenn nicht klar, durch die Politik bestimmt wird, dass der, der den Schaden verursacht hat, diesen auch zu bezahlen hat, solange werden die Verantwortlichen natürlich alles dafür tun, um ihre Autos den betrogenen zu verkaufen, um hier noch einmal an uns Milliarden € an Gewinn zu generieren. Mit der Hardware Nachrüstung, würden sie ja kein Geld verdienen. Sollte es weiter zur Verweigerung kommen, dann sollte das KBA in Absprache mit dem Bundesverkehrsministerium die Zulassung der besagten Fahrzeuge in Erwägung ziehen. Sie können mir glauben, was das für einen Druck auf die Beteiligten ausübt. Viel zulange hat man der Automobilindustrie frei Hand gelassen. Ich erwarte nunmehr klar eine vernünftige Entscheidung zum Wohl der Endverbraucher. Die Zeit dafür ist mehr als abgelaufen.


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