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Impulse in der Corona-Krise: Neue Staatsmilliarden für die Autobranche?

20.04.2020 13:21 Uhr
VW spricht sich für eine neue Kaufprämie in der Corona-Krise aus.
© Foto: blende11.photo/stock.adobe.com

Autohändler haben seit Montag wieder geöffnet, Hersteller fahren die Produktion schrittweise hoch. Die Nachfrage aber ist wegen der Corona-Pandemie im Keller. Sind neue Kaufprämien die Lösung? In einigen wichtigen Punkten gehen die Ansichten auseinander.

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Von Andreas Hoenig und Jan Petermann, dpa

Um die in der Corona-Krise abgestürzte Nachfrage anzukurbeln, fordert die deutsche Autoindustrie staatliche Prämien für den Neuwagen-Kauf. Damit soll auch der Austausch alter Benziner und Dieselwagen gefördert werden. Volkswagen konkretisierte am Montag seine Vorschläge. "Die Produktion der Automobilindustrie kann nur hochfahren, wenn auch der Absatz der Fahrzeuge gesichert ist", sagte VW-Kernmarkenchef Ralf Brandstätter. Strittig ist jedoch etwa die Frage, ob sich eine mögliche Förderung auf klimafreundliche Antriebe beschränken oder auf alle Arten von Autos erstrecken könnte.

Auch der Autoverband VDA sprach sich für konjunkturelle Impulse aus. Präsidentin Hildegard Müller sagte, wichtig sei es, dass solche Maßnahmen bald beschlossen und die Vielfalt der Fahrzeugsegmente berücksichtigt würde. "Denn nur mit einer solchen Breitenwirkung ergibt sich ein signifikanter Effekt auf die Kaufentscheidungen der Kunden und damit auf die Produktion und die gesamte Wertschöpfungskette." Dies ermögliche es der Automobilindustrie schneller aus der Krise zu kommen

Der coronabedingte "Lockdown" hat die Branche schwer in Bedrängnis gebracht. Einerseits waren Autohäuser wochenlang geschlossen, und viele Kunden zögern mit der Anschaffung von langlebigen Konsumgütern wie Fahrzeugen. Andererseits rissen zahlreiche Lieferketten. Die Firmen mussten zudem den Gesundheitsschutz in den Werken verbessern.

Die Auto-Neuzulassungen brachen im März ein. Bundesregierung und Ökonomen rechnen mit einer tiefen Rezession in Deutschland. Der private Konsum als Stütze der Wirtschaft geht zurück. Zigtausende Beschäftigte sind in Kurzarbeit, viele haben Einkommensverluste.

Bund und Branche treffen sich Anfang Mai

Am 5. Mai sind nach dpa-Informationen Beratungen von Bund und Autobranche zu möglichen Stützungsmaßnahmen geplant. Zuvor hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet. Wie die Zeitung unter Berufung auf Industriekreise meldete, würden auch andere Instrumente diskutiert - etwa eine reduzierte Mehrwertsteuer oder bessere Abschreibungsregeln.

Forderungen nach Kaufprämien sind an sich nicht neu, Hersteller und Politiker hatten diese schon allgemein vorgeschlagen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte gesagt, der Umstieg auf umweltfreundliche Antriebe könne damit wesentlich beschleunigt und die Branche im Strukturwandel zur E-Mobilität unterstützt werden. Niedersachsen ist VW-Anteilseigner, Weil Mitglied im Aufsichtsrat.

Brandstätter sprach sich nun für Maßnahmen aus, die gezielt wie auch in der Breite wirkten und Jobs sicherten. Die Öffnung der Autohäuser sei ein erster wichtiger Schritt. Das allein werde aber nicht reichen. "Um Absatz von Neuwagen anzustoßen, braucht es einen besonderen Impuls." Automobil- ist neben dem Maschinenbau die deutsche Schlüsselbranche, mehr als 800.000 Menschen arbeiten hier.

Eine Absatzförderung könne ein sinnvoller Beitrag zum Klimaschutz sein, sagte der VW-Manager. "Eine Idee wäre beispielsweise, dass sich die Höhe der Förderung an der Höhe des CO2-Ausstoßes des jeweiligen Neufahrzeuges bemisst. Damit ließe sich der Austausch von alten Fahrzeugen mit Abgasnorm Euro-2 bis Euro-5 beschleunigen."  Eine Prämie solle auch moderne Verbrenner einschließen.

Beim Konkurrenten BMW gibt es ähnliche Überlegungen. Vorstandschef Oliver Zipse hatte der dpa in München kürzlich gesagt: "Wir sehen in einer Innovationsprämie eine doppelte Chance: Sie kann als Konjunkturmaßnahme die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Umstieg auf klimaschonende Technologien beschleunigen." Dies sei ein umfassender Ansatz: "So kombinieren wir wirtschaftliche Erholung mit wirksamem Klimaschutz, anstatt beides gegeneinander auszuspielen."

Daimler erklärte: "Grundsätzlich halten wir Maßnahmen, die in diesen Zeiten der starken Unsicherheit bei den Kunden die Nachfrage stärken könnten, durchaus für überlegenswert. Dabei können verschiedene Maßnahmen in Frage kommen, die gerade national wie auf europäischer Ebene diskutiert werden." Brandstätter plädierte für eine anhaltende, separate Förderung für E- und Hybridfahrzeuge über den "Umweltbonus" - unabhängig von möglichen neuen Programmen gegen die Absatzkrise.

Der Bund hatte erst kürzlich eine höhere Förderung von Elektroautos beschlossen. Die Industrie trägt dabei die Hälfte der Kosten. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Montag, in der Corona-Krise habe die Koalition umfassende Hilfen für die Wirtschaft auf den Weg gebracht. Falls es generell erforderlich wäre, würden weitere Maßnahmen beraten, sagte er, ohne näher auf die Debatte um eine Kaufprämie für Autos einzugehen. Allgemein habe die Regierung weiter den "Ehrgeiz", Ökologie und Klimaschutz voranzutreiben.

Beihilfen an ökologische Kriterien knüpfen

Umweltschützer sehen Prämien für Benzin- oder Dieselautos skeptisch. Kaufbeihilfen für Pkw aus öffentlichen Geldern müssten auf jeden Fall an ökologische Kriterien geknüpft sein, sagte BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. Förderungen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor seien maximal für eine kurze Phase zu akzeptieren - wenn gleichzeitig festgelegt werde, dass andere Vergünstigungen schrittweise abgebaut werden, so etwa die steuerliche Besserstellung von Dieselkraftstoff.

Greenpeace warnte vor Verzögerungen beim Hochlauf alternativer Antriebe, sollten neues Geld in alte Konzepte fließen. "Wer heute mit Hilfe von Steuermilliarden mehr Diesel und Benziner verkauft, wird morgen weniger Elektroautos absetzen", so Experte Benjamin Stephan. "Deutschland braucht keine weitere Abwrackprämie, die veraltete Antriebe und Geschäftsmodelle am Leben halten will, sondern eine Aufbauprämie für saubere Mobilitätslösungen."

Die Branche war schon vor Corona in einem schwierigen Umbruch zu alternativen Antrieben, dazu kommt der digitale Wandel. Hersteller müssen strengere Klimavorgaben der EU einhalten, andernfalls drohen Milliardenstrafen. Die E-Mobilität spielt eine wesentliche Rolle auch im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung.

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KOMMENTARE


Dr. Peter Arnold

20.04.2020 - 10:15 Uhr

Das ist nun ein mega-schlechter Witz. Ausgerechnet Volkswagen. Erst den Markt massiv geschädigt durch die massenhaft verkauften Schummel-Diesel. Dafür waren dann 30 Milliarden für Entschädigungen in der Kampfkasse, ohne dass das Unternehmen einen bilanziellen Verlust ausweisen musste. Die Produkte von Volkswagen sind schon lange nicht mehr das viele Geld wert, welches vom Unternehmen aufgerufen wird. Und nun soll letztlich wieder der Steuerzahler für eine Kaufprämie aufkommen und die Ausgaben des Dieselbetruges kompensiert werden. So nicht!!! Nur weil sich der hoch gepriesene Golf 8 zum technisch unbeherrschbaren Flop entwickelt und der erste Elektrowagen es auch nicht auf die Straße zu den Kunden schafft. Es ist kein Grund erkennbar, ausgerechnet dem Volkswagenkonzern die Forderungsführerschaft einer Kaufprämie in eine Diskussion einzubringen.


Rudi S.

20.04.2020 - 14:35 Uhr

Ist nicht nur bei VW ein ganz schlechter Witz, sondern auch bei allen anderen Herstellern. Wo sind denn die Milliardengewinne der letzten Jahre? Und schon 4 Wochen nach Beginn der ersten Einschränkungen, während derer der Staat (also wir Steuerzahler) die Angestellten via Kurzarbeitergeld finanziert, wird jetzt nach Zusatzprämien geschrieen? Vielleicht sollten die Hersteller einfach Ihre Listenpreise mal wieder in den Bereich eines bezahlbaren Rahmens anlegen. Auch das könnte Kaufinteresse wecken.


Alexander Schaeffer

20.04.2020 - 14:38 Uhr

Guten Tag die werten Damen- und Herrschaften! Sollte es eine Abwrackprämie 2.0 geben, die der von vor 11 Jahren gliche, wäre der deutsche Fabrikatshandel wahrscheinlich am Ende. Erst wird dann angekündigt, dann kommt die Zurückhaltung der Verbraucher und es gibt zwar Beratung, aber keinen Verkauf im Autohaus, bis nach weiteren 6 Wochen die Prämienhöhen klar und die Formulare bei dem BAFA entwickelt sind. Dann werden Bestellungen getan, die im Sommer oder Herbst zum Kunden gehen und die Kassen klingeln ganz zuletzt, bis die Kaufprämie-Hersteller und der BAFA-Anteil im Haus ist. Inzwischen sind die wertvollen Gebrauchtwagen auf dem Hof verschimmelt und noch Leasing/Finanzierungsausläufer dazugekommen. Dann lieber nicht, und schon gar nicht so wie es wohl der Industrie vorschwebt, die letztlich neue Produktion verkaufen möchte und keine Bestände im Handel. Ich finde, da sollte sich der ZDK entsprechend positionieren und nicht den Lautsprecher Vizepräsident schon mal Alarmismus machen lassen. Es sollten jetzt endlich Einige in ihren Homeoffices mal kräftig durchlüften, dann klappts auch mit dem Nachdenken wieder ... Beste Grüße von der Saar an alle Kollegen, die voller Kreativität und Tatkraft ihre Unternehmen und Mitarbeiter retten wollen. Und hoffentlich werden.


Annotator

20.04.2020 - 17:40 Uhr

Ich bin selber Neuwagenhändler und strikt dagegen. Es treibt die Zahlen nur künstlich nach oben.


Elke W.

20.04.2020 - 18:12 Uhr

Guten Tag, die Finanzkrise 2008/09 hat die Branche mit Abwrackprämie überstanden und die Kunden mit überteuerten und schummeligen Car's versorgt. Die Mitarbeiter in der Autobranche sind die Topverdiener in Deutschland dank Gewerkschaften und Lobbyarbeit. Selbst das Kurzarbeitergeld würde sich manch Arbeitnehmer als Monatslohn wünschen. Die Mitarbeiter in der Zulieferei sind da schon arg schlechter dran aber vielleicht flexibler und vielleicht brauchen die mehr Hilfen für eine Umstrukturierung. Dieselkunden ohne Ersatzanspruch müssen den Wertverlust verkraften den dieser ganze schmutzige Skandal ausgelöst hat. Bitte nicht noch mehr Geld in eine Entwicklung geben, die die Autoindustrie selbst bezahlen muß. Die wollen doch was verkaufen, dann sollen anständige Produkte her, praxistauglich, anwendungsfreundlich, umweltorientiert. Autos müssen endlich wieder Autos sein und nicht Statusfragen auf der Straße anzeigen. Es ist so viel falsch gelaufen, versäumt und über Lobbyarbeit nicht entsprechend nach vorn gedacht worden, was Deutschland mal ausgezeichnet hat, sondern man reitet den Gaul ohne zu merken, dass er schon lange nicht mehr kann. Wie viele Industriezweige mussten schon einen Wandel hinkriegen und das müssen die Menschen schaffen - wieso sollen alle Steuerzahler hier die hohen Gehälter der Autobauer, Dividenden der Aktionäre und Boni der Manager weiter zahlen - macht mal endlich einen Schnitt. Die Gesundheits- und Pflegebranche braucht eine andere Struktur. Zulieferer müssen wieder in Deutschland/Europa arbeiten und es muss eine Zukunftsausrichtung der Wirtschaft/Landwirtschaft für die Bedürfnisse der Bevölkerung geben, nicht die 72. Lackfarbe für den Touareg oder Silver Seraph. Denkt mal drüber nach Autobauer und Konzerne, was Ihr noch könnt außer teuer sein und fordern.


J. Vosse

20.04.2020 - 18:57 Uhr

Die Automobilindustrie soll den Ball flach halten und selbst sehen, wie sie ihre Kunden überzeugt. An der Dieselrkise sind alle beteiligt. Sie haben uns Dieselfahrer betrogen und unser Betriebsvermögen verkleinert. Jetzt steht der Verkauf für 4 Wochen still und das Geschrei der Dieselbetrüger nach staatlichen Hilfen ist groß. Was sollen andere Gewerbetreibende sagen, die nichts mehr aufholen können. Sie haben weder aus dem nachgewiesenen Dieselbetrug noch von der Pandemie etwas gelernt. Traurig. Das ist unsere Großindustrie! Keinen Euro für die Gauner!


A W Schäfer

21.04.2020 - 21:26 Uhr

@Elke W: Chapeau!


Dieter

26.04.2020 - 19:12 Uhr

Ich arbeite selbst seit über 20 Jahren im Neuwagenvertrieb und kann bzw. "muss ":-(( mich ALLEN bereits geschriebenen Kommentaren leider anschließen!!! Da wurde schon alles gesagt, dem ist nichts mehr hinzuzufügen - das sind einfach die Fakten.


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